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Corona-Krise Die Künstler und das Virus

Wegen Corona sind sämtliche Konzerte abgesagt. Für Musiker wie Karo Blasek und Kai-Uwe Scheffler kommt das einem Auftrittsverbot gleich.

Von Ivonne Sielaff 29.03.2020, 01:10

Wernigerode l Das Handy ist in der Zimmerecke postiert. Die Aufnahme läuft. Karo Blasek steht hinter dem Mikro, neben ihr Kai-Uwe Scheffler mit der Gitarre. Zusammen spielen sie den Leonard-Cohen-Klassiker „Halleluja“. Für die beiden Musiker von AniLorak eine ungewöhnliche Situation. Denn es gibt keinen Applaus, nachdem die letzten Töne verklungen sind.

Eigentlich sind es Blasek und Scheffler gewöhnt, vor Publikum zu spielen. In Zeiten von Corona ist alles anders. Per „Watchparty“ übertragen sie ihr etwa einstündiges Konzert auf der Internetplattform Facebook. Ihre Fans können den Auftritt vor dem Computer oder vor dem Handy miterleben. Und wenn sie wollen, können sie über die Bezahlplattform kleine Geldspenden in einen virtuellen Hut überweisen.

Für Karo Blasek, Kai-Uwe Scheffler und die meisten anderen Profis derzeit die einzige Möglichkeit, sich ihrem Publikum zu zeigen. Das letzte Mal auf der Bühne standen die Musiker am 13. März. „Das war die letzte freigegebene Veranstaltung“, so die Harzerin. „Und wir hatten Angst, dass sie auch ausfällt.“ Schon davor habe es Absagen gehagelt.

Zwischen Februar und April würden sonst die Aufträge für die Saison reinkommen. „Wir sind von 100 gegen 0 gefahren“, sagt der gebürtige Wernigeröder. „Es ist wirklich so.“ Normalerweise sind die beiden mit ihren Bands Quotime, Black/Rosie und Anilorak gut beschäftigt, bestreiten ihren Lebensunterhalt größtenteils mit ihren Auftritten, haben bis zu 85 Konzerte im Jahr. „Aber jetzt haben wir Null Einnahmen“, sagt Karo Blasek.

Die Musiker stoßen dadurch wie viele andere Künstler in Deutschland an ihre finanziellen Grenzen. „Wir haben bereits die Künstlersozialkasse angeschrieben, um mitzuteilen, dass wir weniger Einnahmen erzielen“, so die Sängerin. In der Hoffnung, dass die Beiträge für Krankenkasse und ähnliches vorübergehend gesenkt werden. Auch wollen Blasek und Scheffler die für betroffene Künstler zugesicherte Unterstützung vom Land beantragen. „Ansonsten wird uns nur Hartz IV übrig bleiben“, sagt Karo Blasek.

Ganz untätig sind die Musiker im Moment aber nicht. „Ich beschäftige mich jetzt etwas mehr als sonst mit Facebook und mit Instagram“, sagt Blasek. Sie versuche, ihre Profile „warmzuhalten“ und in Kontakt mit den Fans zu treten. „Ich muss auch erst einmal lernen, wie das alles funktioniert.“

Außerdem bereiten die Musiker ihre nächste Watchparty vor. Der erste Versuch am Sonnabend sei „eine lustige Veranstaltung gewesen“, so Kai-Uwe Scheffler. Etwa 250 Musikfans hätten das Konzert auf Facebook verfolgt. „Wir haben live auf die Kommentare der Zuschauer geantwortet.“

Die Watchpartys soll es nun jeden Sonnabend ab 18 Uhr geben, „bis wir wieder auf der Bühne stehen dürfen“, sagt Karo Blasek. Den beiden geht es dabei nicht ums Geldverdienen, sondern vor allem um das gemeinsame Musikerleben. „Außerdem muss man sich irgendwie beschäftigen, damit man nicht verrückt wird.“

Die Watchpartys sind hier zu sehen.