1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Harzer Chefarzt verbietet Schutzmasken

Coronavirus Harzer Chefarzt verbietet Schutzmasken

Eine Entscheidung in der Psychiatrischen Klinik in Blankenburg sorgt für Unverständnis bei Mitarbeiterin.

Von Jens Müller 24.03.2020, 11:21

Blankenburg l Während Mediziner, wie ganz aktuell der Chef der Magdeburger Uniklinik und der Leiter des Robert-Koch-Instituts, das Tragen von Schutzmasken sogar für die gesamte Bevölkerung empfehlen, wird das in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Harzklinikum in Blankenburg noch anders gesehen. Am vergangenen Freitag sollen der Chefarzt Dr. Christian Algermissen und Oberarzt Jens Gregor Stations-Mitarbeitern und Patienten untersagt haben, Atemschutzmasken zu tragen, die ihnen zuvor zur Verfügung gestellt worden waren. Wie eine Klinikmitarbeiterin der Volksstimme berichtete, habe dies zu einer großen Verunsicherung auf ihrer Station geführt. „Auf der einen Seite heißt es, dass wir uns so gut wie es geht schützen sollen. Und wenn wir dies tun, wird es uns untersagt. Und das von Medizinern“, zeigte sich die Mitarbeiterin fassungslos.

Laut ihrer Schilderung soll ein Kollege die Atemschutzmasken privat beschafft und aus der eigenen Tasche bezahlt haben. Aus ihrer Sicht eine humanitäre Aktion in einer Zeit, in der überall ein großer Engpass an solchen Mund-Nasen-Schutzmasken herrsche. Vom Effekt ist sie hundertprozentig überzeugt: „Das trägt doch dazu bei, dass wir alle länger gesund bleiben. Eigentlich müssten doch gerade in einem Krankenhaus alle Möglichkeiten genutzt werden, damit niemand Schaden nimmt. Wenn alle solche Masken haben, kann niemand mehr angehustet werden“, so die Frau, die namentlich nicht genannt werden möchte.

Aus ihrer Sicht seien die Entscheidungen, die in Tschechien, Südkorea und Taiwan zum Tragen von Schutzmasken getroffen wurden, absolut richtig. „Und auch die Forderung aus der Uniklinik Magdeburg ist vorbildlich“, schätzte sie ein. „Jetzt geht es darum, Leben zu schützen“, so die Mitarbeiterin, die die Entscheidung ihrer Klinikleitung nicht nachvollziehen könne. „Dies steht dem entgegen, wofür wir hier tagtäglich antreten“, sagte sie. Zumal des Trageverbot ausgesprochen worden sei, obwohl sich eine Kollegin aus dem Haus als Corona-Verdachtsfall vorsorglich krank gemeldet habe. Betriebsrat Dirk Strobl verwies in diesem Zusammenhang auf das Selbstbestimmungsrecht der Mitarbeiter. So sei es jedem selbst überlassen, wie er sich schützen möchte. Ein Arbeitgeber könne ihm dies nicht verbieten.

Chefarzt Dr. Christian Algermissen selbst äußerte sich bis Redaktionsschluss nicht zu seiner Entscheidung. Tom Koch, Sprecher des Harzklinikums, erklärte auf Volksstimme-Anfrage, dass es im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie derzeit keine Vorgabe des Robert-Koch-Instituts (RKI) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt, die ein Tragen von Mund-Nasen-Schutz in Krankenhäusern verpflichtend vorsieht. „Im Harzklinikum tragen - unabhängig von der aktuellen Virus-Situation - die Mitarbeiter in den Notaufnahmen, in den Operations-Sälen und den Intensivstationen solche Masken.“ In allen übrigen Klinik-Bereichen werde das jeweils im Einzelfall und nach konkretem Bedarf geregelt. Zudem verwies der Kliniksprecher darauf, dass es im Interesse der Mitarbeiter und Patienten wichtig sei, dass alle Schutzmittel auch für die Verwendung in Krankenhäusern zertifiziert und damit für den Einsatz in medizinischen Bereichen zugelassen sind. Ausdrücklich lobte Koch das Engagement des Klinikmitarbeiters. „Es ist wirklich anzuerkennen, wenn unsere Mitarbeiter in der jetzigen Situation solche Initiative zeigen. Es ist aber genauso wichtig, in einem so komplexen System wie einem Krankenhaus, solche Aktionen abzustimmen“, sagte er.

Darüber hinaus versicherte Koch, dass derzeit an jedem Tag die aktuelle Lage im gesamten Harzklinikum neu bewertet werde, um die Sicherheit von Mitarbeitern und Patienten sicherzustellen: „Es wird ständig überlegt: Wie stellt sich die derzeitige Situation dar? Reichen unsere Schutzvorkehrungen? Was müssen wir auf den Prüfstand stellen und der Situation anpassen?“

Derzeit gilt im gesamten Harzklinikum ein grundsätzliches Besuchsverbot, um die Übertragungsraten des Corona-Virus verringern zu können. „Wir werben für regelmäßiges Händewaschen, Nieß-Etikette und unterstützen die Kampagne ,Bleiben Sie Zuhause‘. Der Kampf gegen das Corona-Virus - das ist unsere gemeinsame Verantwortung“, so Koch.