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Coronavirus Orchesterchef in der Warteschleife

Die Corona-Krise trifft Wernigerodes Kulturszene hart. Warum Christian Fitzner die Schlossfestspiele noch nicht ganz abgeschrieben hat:

Von Ivonne Sielaff 03.04.2020, 10:36

Wernigerode l Die Musik ist verstummt. Das Philharmonische Kammerorchester hat seine gemeinsamen Proben schon vor Wochen eingestellt. Die nächsten Auftritte des Wernigeröder Ensembles sind bis auf Weiteres abgesagt.

„Für mich ist das frustrierend“, sagt Orchesterchef Christian Fitzner im Volksstimme-Gespräch. „Es ist schwierig gerade.“ Seine Musiker hätten ihn nach dem neuen Spielplan gefragt. Allerdings seien die Planungen für die nächste Spielzeit völlig zum Erliegen gekommen. „Alles andere wäre Spekulation.“ Dabei sei die Auftragslage für das Orchester in diesem Jahr mit weit über 100 Auftritte „toll“ gewesen. „Wir hätten tolle Solisten, tolle Konzerte gehabt“, so Fitzner. „Dieses Jahr ist es richtig gemein.“

Am 6. März standen die Musiker des Kammerorchesters zuletzt auf der Bühne. „Damals hätte ich nicht gedacht, dass das unser vorerst letztes Konzert ist“, so der Orchesterchef. Wenige Tage später seien die ersten Absagen gekommen, dann das komplette Veranstaltungsverbot. „Ich muss zugeben, ich habe mich zuerst innerlich dagegen gewehrt“, gibt Christian Fitzner unumwunden zu. „Ich hänge eben an meinem Tun.“

So wie seine etwa 30 Mitarbeiter im Orchester und in der Verwaltung. „Ein Musiker lebt davon, dass er übt.“ Zudem brauche er eine Zielsetzung - wie ein Konzert. „Es ist wie im Sport, wenn er nicht trainiert, droht ein Konditionsverlust. Deshalb hoffe ich, dass alle üben.“ Auch wenn ein Zusammenspiel derzeit nicht stattfinde.

Wie in anderen Betrieben auch denkt der Orchesterchef nun über die Einführung von Kurzarbeit nach. „Das ist eine Option“, sagt Fitzner. Aber vor einer Entscheidung wolle er sich mit den anderen geförderten Orchestern im Land abstimmen.

Glücklicherweise sei die Grundfinanzierung des Wernigeröder Ensembles für die nächsten Jahre gesichert. Wie sich die Corona-Krise auf die Orchester-Gesellschaft auswirke, sei noch nicht abzusehen.

Eines ist Christian Fitzner besonders wichtig: Die Wernigeröder Schlossfestspiele, die 2020 zum 25. Mal stattfinden, sind für ihn noch nicht gestorben. Ein Ausfall der beliebten Klassikmusikreihe auf Schloss Wernigerode wäre für ihn „worst case“. Alle Verträge seien unterschrieben. „Wenn, würden wir erst im letzten Moment absagen.“

Ohnehin sei für das Jubiläumsjahr mit „La tragedie de Carmen“ aus finanziellen Gründen nur eine kleinere Produktion vorgesehen gewesen. Durch die späten Sommerferien würden die Festspiele zudem terminlich auch relativ spät im Jahr liegen. „Wir beginnen am 1. August mit der First Night und gehen dann bis in den September rein“, informiert der Orchesterchef. Für die Solisten wäre Mitte Juli Probenbeginn, für das Orchester Ende Juli. „Ich sehe da also durchaus Chancen, dass die Schlossfestspiele stattfinden können.“

Nur eines wolle er nicht. „Wir werden in diesem Jahr definitiv kein Programmheft drucken“, versichert der Orchesterchef. „Ich gebe keine 10.000 Euro aus, um dann im Juni abzusagen. Das wäre unverantwortlich.“

Wie es mit den anderen Konzerten weitergeht, weiß der Orchesterchef nicht zu sagen. „Wir werden versuchen, einige nachzuholen, wenn sich die Lage normalisiert hat“, so Fitzner. „Wir müssen dann sehen, wo wir sie in unseren Spielplan einbauen.“ Auch die Tickets für die Abo-Reihe „Stunde der Klassik“ sollen erst einmal ihre Gültigkeit behalten. Sobald es möglich sei, wolle das Orchester wieder musikalisch loslegen. „Auf den Punkt gebracht: Ich bin in der Warteschleife. Ich fange lieber nächste Woche als nächsten Monat an. Sobald es geht, starten wir sofort los.“