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Corona Das Ende des Impfzentrums Harz ist in Sicht

Leiter des Kreis-Impfzentrums Harz: Wie kommt man an diesen Job, den es vor Corona nicht gab? Karsten Fischer kennt die Antwort.

Von Sandra Reulecke 31.07.2021, 09:45
Karsten Fischer vor seinem Arbeitsplatz der vergangenen Monate: Er leitete das Kreis-Impfzentrum in Quedlinburg. Nun kommen neuen Aufgaben auf ihn zu.
Karsten Fischer vor seinem Arbeitsplatz der vergangenen Monate: Er leitete das Kreis-Impfzentrum in Quedlinburg. Nun kommen neuen Aufgaben auf ihn zu. Foto: Sandra Reulecke

Quedlinburg / Reddeber - Am 31. Juli geht ein kurzer, aber intensiver Lebensabschnitt für Karsten Fischer zu Ende. Seit Januar war er in einem Job tätig, den es vor Corona nicht gegeben hatte. Fischer war in den vergangenen Monaten der Impfzentrumsleiter des Landkreises Harz. Leicht falle ihm der Abschied nicht. „Das Team wird mir fehlen. Das, was wir erlebt haben, schweißt zusammen.“ Auch wenn nicht immer alles rund lief, sei er stolz auf das Erreichte. „Wer kann schon von sich behaupten, Kreis-Impfzentrumsleiter zu sein? Viele gibt es nicht, und hoffentlich sind keine weiteren nötig“, sagt der 42-Jährige.

Genaugenommen gibt es im Landkreis Harz exakt drei Personen, die diesen Titel trugen oder tragen: Karsten Fischer, sein Vorgänger Immo Kramer, der als Dezernent in die Stadtverwaltung Wernigerode wechselte, und nun Uwe Hoffmann, der zugleich Vize-Chef im Ordnungsamt des Kreises ist.

Unberechenbare Entwicklung

Lange wird auch er diesen Job nicht ausüben. Die ersten dezentralen Impfzentren im Harz-Kreis sind geschlossen, andere folgen in den kommenden Tagen und für das zentrale Impfzentrum in Quedlinburg sind die Tage ebenfalls gezählt, ab Herbst ist es geschlossen. „Ich hoffe, dass das vielleicht noch einmal überdacht wird“, sagt Karsten Fischer. Viel zu unberechenbar seien die Entwicklungen während der Pandemie bislang gewesen. Dass weiterhin die Notwendigkeit für ein Kreis-Impfzentrum bestehe, sei aus seiner Sicht nicht ausgeschlossen – obwohl die Nachfrage nach dem Impfstoff deutlich nachgelassen habe.

Das war zum Beginn seiner Arbeit als Impfzentrumsleiter noch ganz anders. Da wurden die Ampullen gehandelt wie Goldstaub, die Nachfrage war kaum zu bedienen, die Lieferungen knapp. Und manchmal fielen sie dann auch noch viel kleiner aus, als angekündigt, sodass schon mal 600 Impftermine verschoben werden mussten. Nicht nur das war ein logistischer Kraftakt. „Die Rahmenbedingungen ändern sich ständig, es ist ein ständiger Lernprozess“, fasst Karsten Fischer zusammen.

Treckerfahrer als Ausgleich zum Job

Lange Arbeitstage und Dienste am Wochenende gehören zu einem solchen Prozess dazu. „Die Zeit für die Familie leidet natürlich“, räumt der Zweifach-Vater ein. „Aber meine Frau hat viel Verständnis und unterstützt mich.“ Nicht zuletzt bei den vielen Aufgaben, die zu Hause bei den Fischers in Reddeber anfallen. Die Familie betreibt Landwirtschaft, die 14-jährige Tochter und der neunjährige Sohn helfen dabei tatkräftig, berichtet Fischer und verrät, dass er auch Traktor fahren kann. Hobby-Bauer zu sein sei anstrengend, aber ein guter Ausgleich zum stressigen Job.

Dass er mal auf Kreisebene eine so groß angelegte Immunisierungsaktion managen, eng mit Medizinern und Ministerien zusammenarbeiten und im Licht der Öffentlichkeit stehen wird, habe er am Anfang seiner beruflichen Laufbahn nicht erwartet. Der gebürtige Wernigeröder absolvierte eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann, hat viele Jahre in dem Beruf gearbeitet. Im November 2018 wechselte er zum Landkreis Harz, als Sachbearbeiter für Versicherungen.

Der Wurf ins kalte Wasser

Nebenher habe er sich freiwillig für den Katastrophenstab des Kreises gemeldet. „Darüber bin ich dann in den Pandemiestab gekommen, als es mit Corona losging“, berichtet Fischer. In dieser Position war er zunächst für die Beschaffung von Schutzausrüstung verantwortlich – auch die zeitweilig Mangelware wie später der Impfstoff.

Seine Aufgaben während der Pandemie seien einem Wurf ins kalte Wasser gleichgekommen. Neuland auf jeder Ebene. Hatte er die Befürchtung, all dem nicht gewachsen zu sein? „Ja, den Moment gab es. Aber das habe ich schnell abgelegt“, sagt Karsten Fischer. Herausforderungen seien ohnehin nach seinem Geschmack. „Routine ist furchtbar, sie lässt einen schludern und nachlässig werden“, erläutert er. Deshalb freue er sich auf das neue Aufgabenfeld, das ab 1. August vor ihm liegt.

Digitalisierungschef, aber kein Technik-Genie

Und was macht ein Kreis-Impfzentrums-Chef, wenn er den Job wechselt? Im Fall von Karsten Fischer nimmt er erneut einen Job an, den es noch nie zuvor gegeben hat. Er geht zurück in die Kreisverwaltung, um dort die neu geschaffene Stabsstelle Digitalisierung zu übernehmen. In dieser Funktion sei er direkt Landrat Thomas Balcerowski (CDU) unterstellt.

Mit einem Team an seiner Seite ist es nun Fischers Aufgabe, die Verwaltung zu digitalisieren. „Es geht unter anderem darum, Vorgänge für den Bürger zu vereinfachen und so bürgernäher zu werden“, erläutert der 42-Jährige. Ein Technik-Genie sei er deshalb nicht, wie er gesteht. „Das ist auch gar nicht meine Aufgabe, so wie es im Impfzentrum nicht meine Aufgabe war, zu impfen“, erläutert er. „Ich bin dafür zuständig, dass die Spezialisten an die Stellen kommen, wo sie gebraucht werden.“