9. Stapelburger Burgfest begeistert wieder mehr als 2000 Besucher / Vereinsvorsitzender Ulrich Leßmann: "Die Krieger sind müde geworden"
Mehr als 2000 Gäste zog es am Wochenende auf die Stapelburg. Dort wurde der Platz so knapp, dass beinahe jedem zweiten Bewerber für das Rittercamp vorher abgesagt werden musste. Auf eine Tradition hätte der Burgverein allerdings gern verzichtet. Wie schon 2010 gab es mit dem Sonnabend wieder nur einen regenfreien Tag. Dafür herrschte da aber dichtes Gedränge.
Stapelburg. Für hunderte Mittelalter-Fans gab es am Wochenende nur eine Adresse: die idyllische Stapelburg. Dort wurde mittlerweile schon zum neunten Mal das Burgfest gefeiert. Bereits kurz vor der "Halbzeit" überraschte der Vereinsvorsitzende des weit über 30 Mitglieder zählenden Burgvereins Ulrich Leßmann mit dem Satz: "Die Krieger sind müde geworden." Er konnte damit aber keinesfalls die Ritter gemeint haben. Immerhin gaben die während ihrer ebenso spektakulären, wie unterhaltsamen Vorführungen in ihren kiloschweren Rüstungen ein weiteres Mal alles.
"Einzigartig und familiär. So, wie hier ist es nirgends"
Stattdessen meinte Leßmann offensichtlich das rührige Organisatorenteam. Monatelang hatte es das einzigartige Fest vorbereitet - eine logistische Herausforderung, die offenbar alle ein weiteres Mal bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit brachte. Anzumerken war es dem Programm allerdings zu keinem Zeitpunkt. Bei dem höchst abwechslungsreichen Spektakel fiel es geradezu schwer, sich von der Bühne wegzubewegen, um sich zum Beispiel auf dem Mittelaltermarkt nebenan die Beine zu vertreten. Bei dem dichten Gedränge waren die Sitzplätze zu jedem Zeitpunkt heiß begehrt.
15 Ritterschaften hatten in diesem Jahr das Glück, ihr Zeltlager auf dem Burgberg aufschlagen zu dürfen. Beworben hatten sich so viele, wie noch nie zuvor - beinahe doppelt so viele, wie der Platz auf dem Burgberg überhaupt hergibt. "Wir sind jetzt am Limit angekommen. Noch mehr geht nicht", so Leßmann sichtlich zufrieden.
"Die Atmosphäre auf der Stapelburg ist einzigartig und familiär. So, wie hier ist es nirgends", meinte der aus Haldensleben angereiste "Tempelritter" Detlef Zechelt. Eine Einschätzung, die auf vielfachen Zuspruch stieß.
Geradezu köstlich das Duo "Dreyerley". Die Weimeraner Theo und Rüdiger vom Recknitztal ergänzten sich mit ihren stets passenden Versen hervorragend. Womit auch immer das Publikum auf deren Programm reagierte, prompt gab es einen passenden Reim zurück - und das am Fließband: "Als Ritter hat man es schon schwer, man trägt die Kleidung sekundär!" Oder im Moment als ein sichtlich echauffierter Kämpfer blechklappernd an der Bühne vorbeischlurfte, wurde prompt angemerkt: "Manch Ritter, der blickt nicht so heiter. Hat scheinbar Angst, er wird zum Blitzableiter." Das Repertoire der Beiden schien unerschöpflich. Das Publikum amüsierte sich derweil prächtig.
Das war bei "Laut\'nHals" Bernd Roßmüller und Herold Radolph zu Duringen ganz ähnlich. Deren Programm glich einem Frontalangriff auf jedes Zwerchfell: derb, frech, witzig, und einfach hochprofessionell. Auch diese beiden Gaukler brauchten keine fünf Minuten, um das Publikum mit ihren Gags für sich zu gewinnen. Und nach den Wortakrobaten sorgen immer wieder martialisch anmutende Ritterkämpfe für willkommene Abwechslung. Auf dem Areal fand sich später kaum ein Kind, das nicht selbst hochgerüstet zum stolzen Ritter wurde.
Längst zur Tradition geworden sind auch die beiden Theaterstücke. Bevor am Sonntag Stapelburger Kinder für ihre Altersgruppe auftraten, gab es tags zuvor wieder gespielte Ortsgeschichte. Damit versetzte die Theatergruppe das erwartungsvolle Publikum zurück ins Jahr 1743. Damals brannten neun Bauernhöfe in der Langen Straße bis auf die Grundmauern nieder. Bei einem der zahlreichen dort ansässigen Leinweber hatte sich durch eine Unvorsichtigkeit Flachs entzündet. Das Ganze bot genügend Stoff für Nadine Elstermann und Gemeindepädagogin Dagmar Lehmann, zusammen mit Christiane Könnecke das Stück gekonnt auf die Bühne zu bringen. Eine tragische Story um eine Feuersbrunst, die lediglich durch eine frei erfundene Liebesgeschichte ergänzt wurde. Das Publikum dankte es mit langem Applaus.
Dass sich Detlef Winterfeld in der Rolle des Heinrich Jacob Zante dann ein wieder als unberechenbares Improvisationstalent entpuppte und plötzlich Dinge machte, die sich weder im Drehbuch fanden, noch irgendwann mal geprobt waren, merkte niemand. Außer seine wieder einmal überraschten Schauspielerkollegen um Enrico Mischler, Cathleen Elstermann, Dana Beuger und all die Anderen. Was im nächsten Jahr auf die Bühne gebracht wird, wurde noch nicht verraten. Nur so viel: dann wird gerädert, geteert und gefedert.
"Ich habe mich lange nicht so amüsiert", bekannte Christina Koch aus Braunschweig" und ergänzte: "2012 bin ich auf alle Fälle wieder hier." Dabei dürfte auch sie erahnen: So amüsant und unterhaltsam war das Mittelalter nicht immer. Eher schon brutal und entbehrungsreich. Aber darum ging es nicht.
Während Detlef Winterfeld am Sonntag feierlich zum Ehrenritter geschlagen wurde, war das bei Manfred Maume und Mathias Pryscz bereits 24 Stunden vorher der Fall. Alle drei hatten sich in unterschiedlicher Weise in die Arbeit an der Burg oder des Vereins verdient gemacht.
Auf eine Tradition hätten die Organisatoren dann aber liebend gern verzichtet: Genau wie 2010 hielt das schöne Wetter nur einen Tag.