Serie zu Blankenburger Persönlichkeiten: Dr. Walther von Hollander Ein Pfarrerssohn entwickelt sich zum "Lebensberater der Nation"
Blankenburg l Ein aus Blankenburg stammender, im Harz jedoch weniger bekannter Mann ist Dr. Walther von Hollander. Die Vorfahren des Pfarrersohns, der am 29. Januar 1892 in Blankenburg das Licht der Welt erblickte, entstammen wie die der sechs Geschwister einer alten baltischen Familie mit Wohnort Riga.
Hollander studierte ab 1910 nach Abschluss des Gymnasiums an den Universitäten Berlin, Heidelberg, Jena und München Literatur, Ökonomie und Philosophie. In letzterem Bereich promovierte er zum Doktor.
Neben seinem Studium betätigte sich Walther von Hollander als Schauspieler und Journalist. Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete er in München als Schauspieler, Verlagslektor und Theaterkritiker. Ein Versuch als Verleger von Handdrucken in Worpswede scheiterte - es entstand nur ein einziges Buch mit 200 Exemplaren.
Eines seiner ersten Werke war die Novelle "Grenze der Erfüllung" (1920). 1922 siedelte er als freier Schriftsteller nach Berlin über, wo er nebenbei für ein Antiquariat und dem Pen-Club, dem deutschen Teil der internationalen Schriftstellervereinigung, sowie später auch für Film und Rundfunk tätig wurde. Seine Sachbücher, wie "Schicksale gebündelt" (1929), und ein Erziehungsbuch sorgten schon in Berlin dafür, dass seine Wohnung derart belagert wurde, dass Hollander eine Sprechstunde zur Partnerschaftsberatung einrichten musste. Einer seiner Lehren zum Thema Scheidung: "Jahre, neben einem Menschen verbracht, kann man nicht wegwerfen. Das muss man wissen." Weitere Werke, wie "Der Mensch über Vierzig" (1938) und "Psychologie der Ehefrau" (1962) festigten später seinen Ruf als "Eheberater der Nation".
Ab 1939 lebte er auf einem kleinen Gutshof in Niendorf (Schleswig-Holstein), östlich von Hamburg. Obwohl kein Mitglied der NSDAP, konnte er nach eigenen Angaben im Dritten Reich weiter veröffentlichen, weil die Nazi-Propaganda "den kultivierten Unterhaltungsroman brauchte". In Werken, wie "Das fiebernde Haus" (1926), "Es wächst schon Gras darüber" (1947) und "Als wäre nichts geschehen" (1951) beschrieb er immer wieder Ehe- und Familienthemen. Eine Ausnahme bildete das Kinderbuch "Es brennt der Stern". Insgesamt schrieb Hollander über zwanzig Romane.
In der Hörfunksendung "Was wollen Sie wissen", ab 1952 zur Top-Sendezeit am Freitagabend im Programm des Norddeutschen Rundfunks, beantwortete Hollander Fragen zu Partnerschaft und Erziehung. "Sensible Kinder und bedeutende Männer ertragen Tadel nur in Lob eingewickelt", empfahl er unter anderem.
Seit 1949 schrieb von Hollander unter dem Titel "Fragen Sie Frau Irene" auch eine regelmäßige Ratgeber-Kolumne in der Zeitschrift "Hörzu". Selbst mit Wirtschaftsthemen beschäftigte er sich. Die "Fibel für Manager" (1958) sollte noch heute mancher Unternehmer einmal zur Hand nehmen.
In der Berliner Zeit begann Hollander Drehbücher für bekannte Filme zu schreiben, wie "Der Favorit der Kaiserin" (1936), "Gauner im Frack" (1937) und "Komödianten" (1941), oder später "Glücksritter" (1956) und "Liebe kann Gift sein" (1958). Beteiligt war Hollander auch an Drehbüchern der Fernsehserie "Familie Schölermann". Für seine Leistungen erhielt von Hollander 1967 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.
Der Vater dreier Töchter, der sich erst 1971 vom Hörfunk verabschiedete, starb am 30. September 1973 in Niendorf.