"Argenta"-Gelände in Wernigerode verfällt / Stadtverwaltung sind die Hände gebunden Einstige Schokoladenseite verkommt mehr und mehr zur illegalen Mülldeponie
Wernigerode l Kaum zu glauben, dass bis vor zehn Jahren noch Süßwaren auf dem "Argenta"-Gelände in Wernigerode produziert wurden. Heute gleicht die Industriebrache einer Müllhalde. Der Ordnungsamtsleiter will prüfen, ob er eingreifen muss.
Berge an gelben Säcken, meterhohe Schutthaufen, alte Matratzen und ausrangiertes Geschirr - das "Argenta"-Gelände in Wernigerode verkommt mehr und mehr zur illegalen Mülldeponie. "Es sieht richtig schäbig aus", sagt Kurt Reichel, der ganz in der Nähe der einstigen Schokoladenfabrik im Stadtteil Hasserode wohnt. "Der Zustand des ¿Argenta\'-Geländes passt ganz und gar nicht zur Euphorie, mit der das Schokoladenfestival ¿ChocolArt\' noch vor wenigen Tagen in Wernigerode gefeiert wurde", sagt er.
Er sieht die Stadtverwaltung in der Pflicht, die Berge an Unrat zu beseitigen. Sie müsse ihrer Sicherungspflicht nachkommen. Doch im Rathaus verweist man auf den Eigentümer, einen Wernigeröder Geschäftsmann. Er war in der Vergangenheit bereits in mehrere Immobilieninvestitionen verwickelt, die gescheitert sind. Informationen der Volksstimme zufolge soll er mittlerweile zahlungsunfähig sein.
"Uns sind die Hände gebunden", sagt Pressesprecher Andreas Meling. "Wir können zwar Vermüllungen, die für die Allgemeinheit eine akute Gefahr darstellen, beseitigen lassen. Das müssen wir aber zuvor mit dem Grundstückseigentümer abstimmen. Er müsste in diesem Fall auch für die Rechnung aufkommen." Da es sich um ein Privatgelände handele, könne es auch nicht einfach abgesperrt werden, so Meling. Ordnungsamtsleiter Gerald Fröhlich erklärt, er wolle die Lage bei einer Begehung prüfen und bei einer Gefährdung der Bürger einschreiten.
Der Investor hatte ursprünglich vor, in dem Hauptgebäude seniorengerechte Wohnungen zu etablieren und Einfamilienhäuser auf dem restlichen Areal zu vermarkten. Heute stehen lediglich eine Handvoll Wohnhäuser rund um das "Argenta"-Gelände.
Die Geschichte des Grundstücks reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück: Damals stand dort eine alte Burgmühle. Im Jahr 1916 kaufte Ferdinand Karnatzki das Gelände und ließ die alte Mühle abreißen. Er gründete die Schokoladenwerke Ferdinand Karnatzki AG und errichtete das Hauptgebäude. Im Laufe der Jahre erweiterte Karnatzki, nach dem heute eine Straße in dem Quartier benannt ist, seine Fabrik um ein Nebengebäude. 1927 meldete er Insolvenz an.
Die Rudolph Karstadt AG erwarb das Objekt 1928 und gründete die Burgmühlen Schokoladenfabrik GmbH. Daran beteiligt war auch die Westdeutsche Kaufhof AG. Der Name "Argenta" taucht erstmals auf, als die "Argenta Schokoladenfabrik AG" am 3.Juli1935 aus der Burgmühlen Schokoladenfabrik hervorging.
Nach der Wende suchte man für den einstigen volkseigenen Betrieb einen Investor aus den alten Bundesländern. 1990 übernahm die Friedel Süßwaren GmbH schließlich die Schokoladenfabrik. Der Markenname "Argenta" verschwand, bis 2002 Insolvenz angemeldet wurde.
Daraufhin übernahm Monika Cersovsky das Werk mit damals noch 40 Mitarbeitern und nannte die neue Firma "Wergona". Auf dem Gelände in Hasserode wurde noch ein weiteres Jahr produziert, bis 2003 das neuerrichtete Werk am Neustadter Ring bezogen wurde.