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Wernigeröder Verein zeigt sein Logenhaus am Heltauer Platz zum 100. Geburtstag Freimaurer öffnen Tempel für Neugierige

Von Julia Angelov 28.09.2012, 01:13

"In dieser hektischen Welt habe ich einen Rückzugsort gefunden", sagt Freimaurer Jens Dierks. Er und Vereinskollegen der Loge "Zum starken Licht am Brocken" haben hunderten Menschen ihre Symbole und Rituale erläutert.

Wernigerode l Zahllose Menschen tummeln sich im Logenhaus am Heltauer Platz. Zum 100. Geburtstag des Gebäudes zeigt die Freimaurerloge "Zum starken Licht am Brocken" in ihrem frischrenovierten Tempel eine Präsentation. Die Gäste erfahren, dass die Freimaurer in Wernigerode kein eingeschworener Geheimbund sind, sondern sich schon lange auf einer Webseite im Internet zeigen. "Es steht jedem frei, über die Mitgliedschaft zu sprechen", sagt Jens Dierks, der gerne berichtet, wie er zu den Freimaurern kam: "Es war ein verregneter Sonnabend vor vielen Jahren. Ich hatte in der Volksstimme gelesen, dass die Freimaurer einen Tag der offenen Tür anbieten."

Beim Kennenlernen des Vereins wird sein Interesse geweckt. Der Polier erscheint regelmäßig zu Treffen, lernt die Geisteshaltung kennen. Tugenden wie Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, aber auch Glaube, Liebe und Hoffnung stehen im Zentrum ihrer Philosophie. Der Aufbau des Tempels symbolisiert diese angestrebten Ideale. Nach anderthalb Jahren ist Jens Dierks bereit, der Loge beizutreten. Auch seine Frau unterschreibt den Aufnahmeantrag. Die Mitgliedschaft soll nicht zwischen ihnen stehen.

"In dieser hektischen Welt habe ich einen Rückzugsort gefunden", sagt der Baustellenleiter. "Ich habe Menschen kennenlernen dürfen, die ich sonst niemals getroffen hätte." Wichtig sei ihm und seinen Brüdern, dass sie nicht mit Rotariern und den Lions gleichgesetzt werden. "Wir sind kein Service-Club", stellt Dierks klar. Trotzdem haben die Freimaurer den Rollstuhlfahrstuhl im Rathaus finanziert und Geld für Grundschulen gespendet, wie Dierks berichtet. "Doch das ist nicht das Wichtigste", erklärt er. Es wirkt wie etwas Ritterliches, wenn Dierks über die moralischen Ansprüche der Freimaurer spricht. Denn wichtig sei die Vertiefung des Geistes. "Doch im Grunde sind wir ein ganz normaler eingetragener Verein", sagt er.

"Wir helfen beim Aufbau einer Frauenloge."

Bernd-Jürgen Sahland,

Meister vom Stuhl in Wernigerode

Mit einem Unterschied: Bei Freimaurertreffen spielen Symbole und Rituale eine wichtige Rolle. Sie bauen auf dem Jahrhunderte alten Brauchtum auf, das der Orden von den Steinmetzbruderschaften des Mittelalters übernommen hat. "Dazu gehört das Wechselgespräch des Meisters vom Stuhl mit dem sogenannten Ersten und Zweiten Aufseher sowie ein philosophischer oder ethischer Vortrag eines Bruders", sagt Karl Hordenbach. Er war der erste Meister vom Stuhl in Wernigerode nach der Wende - nach mehr als sechs Jahrzehnten Zwangspause.

Mittlerweile hat die Loge in Wernigerode wieder zwölf Mitglieder - ausschließlich Männer, denn in Deutschland gibt es keine gemischten Logen. Bernd-Jürgen Sahland, der jetzige Meister vom Stuhl hat aber ein Angebot: "Wenn es interessierte Frauen für eine eigene Loge in Wernigerode gibt, würden wir uns freuen und ihnen beim Aufbau helfen."