Erinnerung an den Historiker Wolfgang Reimann Geschichte als Berufung

21.07.2011, 04:27

Von Wolfgang Schilling

Blankenburg. Mit Wolfgang Reimann, geboren 1935 in Berlin, hat Blankenburg einen Menschen verloren, der viele Jahre lang Stadtgeschichte für heutige Generationen erlebbar machte. Dass er auch die Phasen der Stadt und seiner Menschen in totalitären Regimen Deutschlands nicht aussparte, ist sein besonderes Verdienst.

Obwohl ich mit ihm vor über 30 Jahren nur ein Jahr lang an einer Schule zusammenarbeitete, wurde meine Meinung und Hochachtung in dieser Zeit geprägt. Seine Toleranz gegenüber Schülern, die sich weniger der sozialistischen Bevormundung unterwarfen, konnte ich selbst als Lehrer spüren, als ich Ziel einer Ausgrenzung wurde.

Ich teile die Erinnerung vieler Blankenburger an den Lehrer Wolfgang Reimann, der in fast 40 Berufsjahren - 1999 als dienstältester Blankenburger Lehrer verabschiedet - freundlicher Begleiter ins Leben war, ein Pädagoge, der sich nicht auf Kosten Schwächerer profilierte. Ideologischen Vorgaben nahm er unaufgeregt die unmenschlichen Spitzen, trotz SED-Mitgliedschaft. Seine Bedeutung für Blankenburg ist nicht die eines Geschichtslehrers, sondern die Aufbereitung von Geschichte als sein wichtigstes Hobby.

Er spürte historischen Ereignissen des 20. Jahrhunderts auf regionaler Ebene nach, ohne sich auch zu DDR-Zeiten weder von der Agitation vereinnahmen noch diesen Abschnitt der Stadtgeschichte ruhen zu lassen. Das macht seine Beiträge zeitlos. Neben denen von Hans Bauerfeind (gest. 2008) und Günter Pape zeichnen sich seine Veröffentlichungen besonders durch Sachlichkeit und Faktensicherheit aus.

Er hinterlässt viele kurzweilige Geschichten zur Stadt, prägnanten Gebäuden und Persönlichkeiten, aber auch zur Kurortentwicklung. In Erinnerung bleiben seine Führungen durchs Blankenburger Museum, wo er Lichtbildervorträge nach Recherchen im Stadtarchiv hielt. Dort war er nicht nur regelmäßig Gast, sondern fand in Ingrid Glogowski eine von ihm hoch geschätzte Partnerin zur Forschung.

Der Zeit der Nazidiktatur galt stets sein großes Interesse.Er engagierte sich für die Kriegsgräberfürsorge und im im Verein "Rettung Schloss Blankenburg".

Zur Entwicklung von Rüstungsmaterial und der Verlagerung kriegswichtiger Industrieanlagen in Stollen forschte er ebenso zu KZ-Lagern in der Stadt. Ein Ergebnis davon war seine mehrteilige Serie "Geheime Orte Blankenburgs".

Ich bin froh, dass sich meine Wege mit denen Wolfgang Reimanns bei der Arbeit an diesen Themen wieder gekreuzt haben. Wenn ich in diesen Wochen nach Gründen für mein Geschichtsinteresse suche, ist es immer mit Persönlichkeiten wie ihm verbunden. Er hinterlässt nicht nur für Blankenburg, sondern auch bei mir eine empfindliche Lücke.