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Gin-Manufaktur Ausgezeichnete Schnapsidee aus Timmenrode

Ein Timmenröder hat im eigenen Haus eine kleine Brennerei aufgebaut. Nun darf sich die Edelbrand-Manufaktur „Typisch Harz“ nennen.

Von Holger Manigk 23.07.2020, 01:01

Timmenrode l Angefangen hat alles mit einer Schnapsidee: Dem Männertraum von der eigenen kleinen Brennerei. Verwirklicht hat ihn sich Marco Fiedler Anfang 2019. „Mit dem Erfolg, der sich seitdem verselbstständigt, hätte ich niemals gerechnet“, sagt der Timmenröder. Nun dürfen fünf der Spezialitäten aus seiner Harzer Edelbrand-Manufaktur das Label „Typisch Harz“ tragen.

Die aus einheimischen Rohstoffen handgemachten Gins, Geister und Brände seien „eine tolle Ergänzung des bisherigen Produktportfolios“ der Regionalmarke, würdigt Andreas Lehmberg, Vize-Chef des Harzer Tourismusverbandes, bei der Übergabe der Urkunde. Die Auszeichnung muss nach drei Jahren neu beantragt werden. Die Zertifizierung hatte Hobby-Brenner Fiedler schon Anfang 2020 beantragt, musste wegen der Corona-Pandemie aber bis Mittwoch, 22. Juli, auf die Auszeichnung warten.

Die Krise hat dem Timmenröder jedoch ungeahnte Absätze beschert: „Wir haben im Januar einen eigenen Online-Shop eröffnet, seit Mitte März brummt das Geschäft“, berichtet der 46-jährige Familienvater. Inzwischen schickt er seine Schnäpse bis nach Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg.

Dennoch steht für ihn fest: „Der Internet-Handel ist kein Ersatz für das Erlebnis, mit den Kunden im direkten Gespräch zu fachsimpeln und ihre Meinung zu hören.“ Geöffnet ist seine Destille in der Dr.-Jasper-Straße dafür immer freitags und sonnabends.

Trotz des Erfolgs soll die Brennerei nicht zu seinem Hauptberuf werden, ergänzt der Vertriebsingenieur für Heizungen. „Ich bin meinem Arbeitgeber unheimlich dankbar, dass ich mir mit meinem Hobby ein zweites Standbein aufbauen darf – und das soll es auch bleiben.“ So plane er nicht, die Produktionsmenge seiner Spirituosen von Schlehen-Gin über Likör mit Holunderblüten und dem Wacholderschnaps bis hin zu Himbeerbrand und Bierschnaps auszuweiten: „Das würde auf Kosten von Qualität und Exklusivität gehen – ich konzentriere mich auf kleine Auflagen, meist um die 100 Flaschen“, sagt Fiedler.

Zudem seien nicht immer alle seiner Spezialitäten auf Lager – „sind die Chargen verkauft, werden sie erst wieder in der nächsten Saison hergestellt, wenn die Früchte erneut verfügbar sind“, erläutert der Brenner aus Leidenschaft, der auch schon Erfahrung im Brotbacken und Schinkenräuchern gesammelt hat.

Die fruchtigen Zutaten für seine Obstschnäpse und Komponenten für seinen Gin erntet er im eigenen Garten, sammelt sie in der Natur oder bezieht sie aus der Harz-Region. In der macht Fiedler inzwischen eine Art kleines Netzwerk unter unabhängigen Spirituosen-Herstellern aus. „Ich habe sehr guten Kontakt zu einem Bierbrauer in Strassberg und zum Weingut Kirmann in Westerhausen.“ Von letzterem bezog Marco Fiedler kürzlich ein Fass zur Lagerung einer seiner Spezialitäten. So erhalten die Spirituosen ein besonderes Aroma, informiert der Timmenröder.

Das sei ihm das Wichtigste – „ein einzigartiges Produkt mit viel Natur“. Deshalb experimentiert er ständig, um neue Sorten und Geschmacksrichtungen zu finden, wie neulich die Espresso-Orangen-Spirituose. All die verschiedenen Leckereien mit Umdrehungen stammen aus der 100 Liter fassenden Brennblase, die seit Anfang 2019 in einem umgebauten Nebengelass von Fiedlers Haus steht.

„Das war das Ziel eines drei Jahre langen Weges, auf dem ich Genehmigungen von allen zuständigen Behörden eingeholt habe.“ Mit zwei „sehr kompetenten Zollbeamten“ sei die erste Destillation erfolgt – und der Harzer Gin war geboren.