1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Handwerker fordern: Gewerbesteuer 2013 wieder runter

Vor zwei Wochen sind die Bescheide eingegangen / Viele Betriebe sind stark belastet durch die Erhöhung Handwerker fordern: Gewerbesteuer 2013 wieder runter

Von Julia Angelov 19.04.2012, 03:18

Wernigerode l Vor knapp vier Wochen hat der Bescheid mit dem gestiegenen Gewerbesteuersatz im Briefkasten von Margret Hellmund gesteckt. Gut zehn Prozent mehr muss die Bäckerin an Gewerbesteuer zahlen. Der Betrieb läuft, die Stammkunden schätzen ihren Service und ihre Waren. "Trotzdem bin ich am Hin- und Herrechnen", sagt die Unternehmerin. "Die Kraftsstoffpreise sind gestiegen, und die Rohstoffe zum Backen sind auch teurer geworden", erklärt sie. Das alles belaste einen kleinen Betrieb wie ihre Bäckerei sehr. Margret Hellmund: "Das Geld, mit dem ich jetzt die Gewerbesteuer bezahle, müsste ich in Investitionen für die Backstube stecken." Die Wernigeröderin fordert: "Ich erwarte von der Stadtverwaltung, dass sie sich hinter die kleinen Gewerbetreibenden stellt."

Nicht nur Margret Hellmund, auch Malermeister Jens Englich, der Automechaniker Karl-Heinz Erlebach und Fleischermeister Heinz Sallier werden durch die Abgabe so stark belastet, dass sie die Mehrkosten theoretisch auf die Preise ihrer Waren und Dienstleistungen umlegen müssten - "doch dann bleiben die Kunden fern", fürchten sie. Deshalb sehen sie von Preiserhöhungen ab und sparen sich lieber die ein oder andere Investition in ihrem Geschäft.

"Die Resignation unter den Handwerkern nimmt zu."

Karl-Heinz Erlebach

"Die Resignation unter den Handwerkern nimmt zu", sagt Karl- Heinz Erlebach. "Viele nehmen die Erhöhung einfach so hin, weil sie keine Kraft mehr haben, dagegen anzugehen." Jens Englich betont, dass es nicht darum gehe, ob man die Mehrkosten stemmen könne oder nicht. "Die Belastung ist eindeutig zu hoch, auch wenn man sie sich leisten kann." Einem Angestellten würde man keine höheren Steuern zumuten. Einem Selbstständigen hingegen schon.

Der Vorsitzende des Finanzausschusses, Thomas Schatz (Linke), ist Mitglied einer Arbeitsgruppe im Stadtrat, die nach Einsparpotenzialen suchen soll, um die Gewerbesteuer im kommenden Jahr wieder senken zu können. Die Arbeitsgruppe hat kürzlich zum ersten Mal getagt.

"Es ist ein schmerzhafter und schwerer Prozess, Geld an bestimmten Stellen zu streichen", so Schatz. "Deshalb fragen sich viele Stadträte, ob es überhaupt von den Gewerbetreibenden gewünscht wird, dass die Gewerbesteuer wieder sinkt." Denn im Rathaus seien bisher kaum Reaktionen auf die Bescheide eingegangen. Deshalb haben sich Thomas Schatz und Helmut Porsche (FDP/Haus Grund) mit Ulrich Reinhardt getroffen, um nachzuhaken, wie die Erhöhung aufgenommen wurde.

"Investitionen ja, aber nicht auf dem Rücken der Handwerker."

Ulrich Reinhardt

Der Vorsitzender der Kreishandwerkerschaft, in der etwa 300 Betriebe organisiert sind, sagt, er sehe in der Erhöhung nach wie vor eine "wirtschaftsfeindliche" Methode. Reinhardt weiter: "Die Kreishandwerkerschaft in Wernigerode verlangt, dass die Gewerbesteuer nach einem Jahr wieder gesenkt wird, wie es von Oberbürgermeister Peter Gaffert versprochen wurde."

Er sei selbstverständlich für Investitionen in Wernigerode und den fünf Ortsteilen, da sie Aufträge bringen. "Investitionen ja, aber nicht auf dem Rücken der Handwerker", so Reinhardt. Auch in der Stadtverwaltung müsse an einigen Stellen gespart werden, merkte er an.