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Pandemie Impfen und testen: Wernigerodes Corona-Helfer sind sieben Monate im Dauerstress gewesen

Sie waren in den letzten Monaten überall – die Helfer der DLRG-Ortsgruppe Wernigerode. Sie halfen beim Impfen, Testen und in den Schwimmbädern. Nun haben die Ehrenamtler einen großen Wunsch.

Von Ivonne Sielaff Aktualisiert: 11.08.2021, 10:59
DLRG-Helfer Marco Mänz testet Patrick Weber in der Station an der Wernigeröder Schwimmhalle auf das Coronavirus. Im Hintergrund sitzt Ann Marie Fuhlroth.
DLRG-Helfer Marco Mänz testet Patrick Weber in der Station an der Wernigeröder Schwimmhalle auf das Coronavirus. Im Hintergrund sitzt Ann Marie Fuhlroth. Foto: Ivonne Sielaff

Wernigerode - Ralf Schult wusste in den vergangenen Monaten manchmal nicht, wo ihm gerade der Kopf steht. Testen, impfen, Schwimmbäder – alles auf einmal. Seit die allererste Impfung im Harzkreis deutschlandweit für Schlagzeilen gesorgt hat, sind die Helfer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) im Dauerstress. Und Wernigerodes DLRG-Chef Schult ist mittendrin.

„Los ging es für uns am 26. Dezember mit der umstrittenen Erstimpfung von Edith Kwoizalla in Halberstadt“, blickt Schult zurück. „Danach waren wir täglich mit mobilen Impfteams im Harzkreis unterwegs.“ Das zentrale Impfzentrum in Quedlinburg hatte damals noch nicht seinen Betrieb aufgenommen. Die Impfteams der DLRG seien zusammen mit Ärzten in den Pflegeheimen im Einsatz gewesen. „Dort haben wir zu allererst die 90- und 80-Jährigen geimpft.“ Ob Check-in, Versicherungskarte einlesen oder Unterlagen einscannen -„wir haben eigentlich alles gemacht – bis auf die ärztlichen Aufklärungsgespräche.“

Gerade einmal zwei Teams seien am Anfang unterwegs gewesen. Mit jeweils vier bis fünf Mann. „Wir hatten am Anfang Angst, ob wir die Teams überhaupt vollkriegen.“ Die Sorge war unbegründet, wie sich später zeigte. In den Wochen danach rotierten zeitweise bis zum 13 mobile Impfteams. „Wir haben sogar in Quedlinburg ausgeholfen.“

Über 200 Helfer

Die Pflegeheime sollte nicht die einzige Aufgabe für die ehrenamtlichen DLRG-Helfer bleiben. Am 12. März öffnete das Impfzentrum in Wernigerode, das von der DLRG betreut wurde. Nur ein paar Wochen später schossen in Wernigerode die Testzentren wie Pilze aus dem Boden. „Wir hatten zur Hochzeit vier Testzentren – zwei an der Schwimmhalle, eins am Bürgerpark und eins in Schierke“, zählt Ralf Schult auf. „Und in den anderen Stationen haben wir mit ehrenamtlichem medizinischen Personal ausgeholfen.“

Alles in allem eine Mammutaufgabe für die Ehrenamtler der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft. Über 200 Helfer seien eingespannt gewesen, bilanziert Ralf Schult. Nicht nur aus Wernigerode, sondern aus ganz Sachsen-Anhalt seien die Helfer gekommen, sogar aus Hannover und Braunschweig. Darunter Pflegekräfte, Sanitäter, aber auch Helfer aus ganz anderen Berufssparten. „Das war schon Wahnsinn“, sagt Ralf Schult rückblickend. „Das war für mich das erste Mal in 28 Jahren beim DLRG, dass ich nicht Herr aller Abläufe war. Es wäre auch gar nicht gegangen. Ich musste mich einfach auf meine Projektleiter verlassen.“

Nebenbei musste die DLRG-Ortsgruppe ihre eigentlichen Kernaufgaben bewältigen. „Wir betreiben über 20 Freibäder im Harzkreis, mussten die Sommersaison vorbereiten“, sagt Schult, der im Berufsleben für die Wernigeröder Badeanlagen zuständig ist.

Interne Probleme

Auch intern hatte die Ortsgruppe mit Problemen zu kämpfen. Im vergangenen Jahr wurde der Mietvertrag für das DLRG-Domizil in der Georgiistraße gekündigt. „Dort standen sonst unsere Fahrzeuge und unsere Technik. Dort waren unsere Schulungen und Zusammenkünfte.“ Glücklicherweise hat die Ortsgruppe mit Unterstützung von Industriebau Wernigerode inzwischen ein neues Quartier gefunden. „Bis Mitte Dezember hatten wir zu tun, die Vereinsräume herzurichten, zu sanieren und den Umzug zu organisieren.“

Langsam wird es nun wieder ruhiger für Ralf Schult und seine Mitstreiter – wenn man von Ruhe während der laufenden Badesaison überhaupt sprechen kann. Am 22. Juli bewältigten die DLRGler den letzten Zweitimpfungstermin. Danach schloss das Impfzentrum am Kupferhammer seine Pforten.

Dank der Lockerungen und gesunkener Infektionszahlen seien inzwischen auch weniger Corona-Tests notwendig. „Das macht den Aufwand für uns geringer.“ Lediglich die Teststation an der Schwimmhalle will die DLRG über den Sommer weiter offen halten. „Ob es sich rechnet oder nicht“, sagt Schult. „Es kommen schließlich immer noch über 100 Leute am Tag.“

Für Ralf Schult und seine Führungskräfte heißt es nun aufatmen. „Von uns fällt eine große Last ab.“ Ohne die vielen Helfer sei das Ganze nicht zu schaffen gewesen, schätzt er ein. „Das war schon eine enorme Leistung. Das ging nur durch das Zusammenspiel mit der Verwaltung, das Verständnis der Politik und die Unterstützung aus der Wirtschaft. Da haben wirklich alle an einem Strang gezogen.“

Sammeln für Beatmungspuppe

Das Engagement der Helfer spiegele sich auch in den Rückmeldungen aus der Bevölkerung wider. „Es gab nur positive Resonanz – was eigentlich unüblich ist.“

Gleichzeitig sei das Spendenaufkommen in den letzten Monaten gestiegen, was Ralf Schult sehr freut. „Wir hatten im Impfzentrum und in jeder Teststation eine Sammelbüchse in Form eines Rettungsrings stehen.“ Denn die DLRGler sparen, um sich einen großen Wunsch zu erfüllen: eine Beatmungspuppe mit Defibrillator für die Ausbildung der Helfer. „Mit der Puppe können wir realistische Diagnosen und sehr lebensnahe Notfallsituationen nachspielen.“ Sie spreche, habe einen Herzschlag und blute sogar. 17.000 Euro kostet die Anschaffung. Bis die Summe zusammen ist, dauert es aber noch ein wenig.

Eine große Unterstützung sei deshalb die Spende der Abfallwirtschaft Nordharz gewesen, freut sich Ralf Schult. 500 Euro hat Geschäftsführer Dirk Hirschfeld kürzlich übergeben. „Wir bedanken uns damit für schnelle Impftermine und die hervorragende Organisation bei den Schnelltests und Impfungen“, so Hirschfeld in einer Mitteilung an die Presse. Wegen der Corona-Pandemie habe die Abfallwirtschaft wegen krankheitsbedingter Ausfälle mehrfach den Tourenplan für die Entsorgung nicht einhalten können. „Mit Beginn der Impfungen gab es etwas Licht am Ende des Tunnels“, so Hirschfeld. Auch wenn die Impfreihenfolge beachtet werden musste. Zum Impfstart für die Priorisierungsgruppe 3, zu der die Mitarbeiter wegen ihrer Tätigkeit zählen, habe Hirschfeld die DLRG um Unterstützung gebeten. In kurzer Zeit sei ein Impfplan für alle Beschäftigten des Entsorgungsunternehmens erstellt worden. Mit der Spende wolle der Betrieb die DLRG bei der Beschaffung ihrer Schulungspuppe unterstützen. „Wir wünschen dem DLRG-Team für die Zukunft weiterhin viel Erfolg bei seiner anspruchsvollen Arbeit.“

Wernigerodes DLRG-Chef Ralf Schult mit einer der Spendendosen. Das Spendenaufkommen ist zuletzt gestiegen.
Wernigerodes DLRG-Chef Ralf Schult mit einer der Spendendosen. Das Spendenaufkommen ist zuletzt gestiegen.
Foto: Ivonne Sielaff