Walpurgis fällt aus Kein Hexentanz in Benzingerode

Benzingerode
Es duftet nach frischen Waffeln und warmer Bratwurst. Der helle Schein des Feuers begeistert die Besucher. So müsste es eigentlich sein. Dort, wo sich normalerweise jedes Jahr am 30. April die großen und kleinen Hexen und Teufel unter die Einwohner Benzingerodes mischen und freudig um das lodernde Feuer tanzen, herrscht auch in diesem Jahr wieder gähnende Leere. Die zweite Walpurgisnacht in Folge wird kein Feuer den dunklen Platz gegenüber der Mehrzweckhalle erleuchten. Der Benzingeröder Carneval Club (BCC) muss eine weitere Walpurgisparty aussetzen.
„Schön ist das Ganze nicht“, sagt Heidi Bahr traurig. Sie und ihr Mann Ulli Bahr sind seit vielen Jahren Mitglieder des Vereins. Ulli Bahr ist seit einigen Jahren Präsident der Benzingeröder Narren. Der BCC organisiert nicht nur die Feierlichkeiten zur Narrenzeit, sondern auch die Walpurgis-party des Dorfes.
Hoffnung im Sommer
Nachdem der Karneval vergangenes Jahr noch wie gewohnt stattfinden konnte, brach die Pandemie in Deutschland aus. So habe man nach langer Vorbereitung die Walpurgisfeierlichkeiten absagen müssen, blickt Heidi Bahr zurück.
Als im Spätsommer 2020 wieder Hoffnung auf Veranstaltungen aufkeimte, konnte ein Hygienekonzept erarbeitet und Desinfektionsmöglichkeiten organisiert werden. Doch dann schob der Lockdown wieder alle Möglichkeiten vom Tisch. Die Narren mussten 2021 nun ebenfalls ruhen. Auch auf eine Walpurgisfeier müssen die Benzingeröder wieder verzichten.
Verein muss laufende Kosten bezahlen
„Walpurgis hätten wir auch spontan organisieren können, da wir ein wirklich tolles Team sind“, lobt Heidi Bahr den Zusammenhalt des Vereines. Doch an eine Planung des Festes war in diesem Jahr nicht zu denken. Gerade 2021 sei das schade: „Der Verein feiert dieses Jahr sein vierzigjähriges Bestehen“. Die Feierlichkeiten zum Anlass wolle man aber nachholen.
Besonders für die Kinder des Vereines sei die Situation schlimm, sagt Heidi Bahr. Sonst sei das Engagement im Verein eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung für die Kleinsten gewesen. Nun falle dieses seit einem Jahr schon weg. Noch seien keine Austritte zu verzeichnen gewesen, meint Ulli Bahr. Doch auch im Lockdown werden die Kinder älter, entwickeln andere Interessen. „Hoffentlich haben sie noch nicht die Lust daran verloren, wenn es weiter gehen kann“, befürchtet Heidi Bahr. Dieses Jahr hätte auch Enkeltochter Ella das erste Mal bei den „Minis“, der Tanzgruppe der kleinsten Vereinsmitglieder, mitmischen können, erzählen die Bahrs stolz.
Kostenproblem
Trotz der zweiten ausfallenden Walpurgisfeier müssten laufende Kosten, etwa für den Lagerraum oder das Vereinsregister weiterhin bestritten werden, erinnert Heidi Bahr. Glücklicherweise könne der BCC derzeit noch auf Sponsoren und die Beiträge der Mitglieder zählen. „Dafür sind wir sehr dankbar. So können wir wenigstens unsere Unkosten decken“, ergänzt sie.
Ulli Bahr bedauert die geringe Planungssicherheit in dieser Zeit. Der geringe Kontakt zu anderen mache es schwierig, Neues zu erfahren: „Man weiß nicht, ob man auf dieselben Partner zurückgreifen kann wie vor der Pandemie“, erklärt er. Seine Frau stimmt ihm zu: „Das Persönliche, Zwischenmenschliche fehlt sehr“. Klar könne man sich noch virtuell über das Handy austauschen, doch das sei nun mal nicht dasselbe. Private Worte und gegenseitiger Beistand seien kaum möglich, sagt sie. Selbst, wenn Bekannte am Grundstück vorbeigehen und man sich über den Zaun unterhalte, gebe es kaum ein anderes Thema als Corona. „Es passiert ja auch kaum etwas anderes“.
Gute Zusammenarbeit
Das Vereinsleben steht still: Weder die regelmäßigen Sitzungen der Mitglieder noch die Vorstandswahlen konnten stattfinden. Letztere wären im April fällig gewesen. Nicht nur die Kontakte untereinander, sondern auch das Miteinander mit den anderen Vereinen des Dorfes fehle den Mitgliedern des BCC, sagt Heidi Bahr.
Im Dorf gebe es eine gute Zusammenarbeit. „Zur Walpurgisfeier unterstützt uns der Schützenverein an der Kasse und die Freiwillige Feuerwehr grillt für alle“, beschreibt sie das bunte Treiben der früheren Jahre.
Anstatt mit einer Waffel in der Hand das Programm des Vereines und das der Kindertagesstätte Kinderhaus „Am Schäferteich“ zu genießen, müssen die Benzingeröder die Walpurgisnacht allein verbringen. Auch Jeannine Hartmann, Leiterin der Kindertagesstätte des Ortes, bedauert, dass das Fest ein weiteres Jahr ausfallen muss
Alternative für die Kinder
Auch wenn sie die Tradition nicht fortsetzen und ein Programm für die Besucher aufführen können, gehen die Kinder nicht leer aus: „Wir haben gute Alternativen gefunden, um intern ein bisschen Stimmung aufkommen zu lassen“, berichtet Jeannine Hartmann.
So habe man mit den Kindern schon fleißig Stöcke im nahe gelegenen Wald gesammelt. „Daraus basteln wir Hexen- und Teufelsbesen“, erklärt sie. Außerdem werden derzeit passende Lieder und ein Hexentanz geübt, um am morgigen Freitag mit den Kindern Walpurgis zu feiern. Dann werde man außerdem Wackelpudding kochen und die Kinder-CD der kleinen Hexe hören, so Jeannine Hartmann.
Abwarten und Hoffnung auf Impfaktionen
Neben dem Unterhaltungsprogramm des Vereins und des Kindergartens konnten sich die Besucher in den vergangenen Jahren auf das Walpurgisfeuer, eine Feuershow, leckere Getränke und Snacks sowie eine musikalische Gestaltung des Abends mit einem DJ freuen. Die kleinen Hexen und Teufel konnten Stockbrot und Marshmallows backen und es herrschte reger Betrieb.
Heidi und Ulli Bahr schauen hoffnungsvoll in Richtung des Sommers. Vielleicht könne man sich dann wieder in kleinen Gruppen draußen treffen und auf weitere Lockerungen im Herbst hoffen. „Das ist allerdings ein Blick in die Glaskugel“, meint der Vereinspräsident.
Auch wenn man nicht vorausschauen könne: Der Verein sei offen für alle Möglichkeiten. Allerdings würde sich eine Veranstaltung mit vorher erfolgenden negativen Schnelltests zum aktuellen Preis nicht rechnen. Doch im Moment könne man nur abwarten. Heidi und Ulli Bahr setzen außerdem ihre Hoffnung in die Impfungen. „Es ist wichtig, dass es vorangeht“.