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Abstand zwischen Bus und Bordstein oft zu groß, Haltestellen oft nicht behindertengerecht Kleiner Schritt wird zur riesigen Hürde

Von Martha Hilscher 05.09.2013, 01:09

Eine kleine Lücke kann schnell zu einer großen Hürde werden. Was tun, wenn der Bus so weit vom Bordstein entfernt hält, dass Gehbehinderte nicht ohne Hilfe ein- und aussteigen können? Eine Wernigeröderin kritisiert, wie schwer es körperlich eingeschränkte Personen im Straßenverkehr haben.

Wernigerode l Edelgard Sander ist aufgebracht. Die 55-jährige Wernigeröderin kann sich nach schwerer Krankheit nur mit Hilfe eines Rollators fortbewegen. Um mehrmals pro Woche zur Behandlung zu gelangen, nimmt sie den Bus. Doch dieser hält häufig so weit vom Gehweg entfernt, dass es für sie fast unmöglich ist, ohne fremde Hilfe ein- und auszusteigen. Vor allem an den Haltestellen "Breite Straße" und "Burgbreite Schule" habe sie Schwierigkeiten.

"Das ist ein Problem, das sich in Einzelfällen zeigt", sagt Silvia Illas, Behindertenbeauftragte in der Kreisverwaltung. Der Beirat des Öffentlichen Personennahverkehrs tage zweimal im Jahr und befasse sich auch mit diesem Thema. So sei bereits angeregt worden, dass Busfahrer für die Beförderung von Behinderten extra geschult werden. So könnten sie lernen, aufmerksam darauf zu reagieren, wenn eine Person mit Handikap einsteigt, und im Voraus besonders nah an den Bordstein heranfahren.

Die Behindertenbeauftragte: "Im Beirat wird dringend empfohlen, dass der Abstand zwischen Bordsteinkante und Bus nicht größer als fünf Zentimeter ist." Der kleine Abstand zum Bus ermögliche, dass auch Fahrgäste mit Rollator oder Gehhilfen allein einsteigen können, denn "körperlich beeinträchtigte Menschen haben den Rechtsanspruch, jederzeit ohne fremde Hilfe zurecht zu kommen", erklärt Silvia Illas.

Wenn der Bus aber doch zu weit entfernt hält? Es ist jedem Busfahrers selbst überlassen, ob er vorschriftsgemäß bis an den Randstein fährt. Silvia Illas rät, sich in diesem Fall an sie oder an den Verkehrsbetrieb zu wenden, damit das Problem behoben werden kann.

An einigen Haltestellen ist es aus baulichen Gründen nicht möglich, ganz nah an den Bordstein heranzufahren. "Wenn uns das bekannt ist, regen wir an, dass die betroffene Haltestelle umgebaut wird", bietet Bjoern Smith an, Geschäftsführer der Harzer Verkehrsbetriebe. Das könne allerdings nicht von heute auf morgen umgesetzt werden. "In der Zwischenzeit sind die Busfahrer dazu angehalten, behinderten Personen zu helfen", sagt er. Und auch andere Fahrgäste tragen Mitverantwortung, wenn sie sehen, dass jemand Hilfe benötigt.

Ein weiteres Problem für ältere und eingeschränkte Menschen ist, dass viele Bushaltestellen nicht barrierefrei angelegt sind. Edelgard Sander bemängelt vor allem, dass die Sitzbänke zu niedrig seien, sodass es ihr schwerfällt, ohne Hilfe aufzustehen.

"Wir haben gemeinsam mit dem Beirat einen Musterhaltestellenplan erarbeitet, nach dem Busstationen behindertengerecht gebaut werden können", so Silvia Illas. Jedoch sei die Umsetzung dieses Planes Sache der Kommunen. Diese sind für den Bau und die Finanzierung der Haltestellen selbst zuständig, können aber einen Antrag auf Fördergeld stellen. "Wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind, und dazu gehört auch die Barrierefreiheit, dann ist eine Förderung von bis zu 90 Prozent möglich", informiert sie.

"Der Musterplan ist uns bekannt", erklärt Bianca Cöster vom Wernigeröder Verkehrsplanungsamt. "Alle neuen und umgestalteten Bushaltestellen wurden nach diesem Vorbild barrierefrei gebaut. Darauf wird auch künftig geachtet", so die Stadtplanerin.

Ansprechpartnerin Silvia Illas, Telefon (03941) 59704188