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KlimawandelMit Löschtanks gegen Waldbrände im Harz?

Der Klimawandel ist im Harz angekommen. Das zeigen tausende Hektar toten Fichtenwalds. Feuerwehr und Nationalpark wollen nun reagieren.

Von Holger Manigk 17.10.2019, 01:01

Drübeck l Die gute Nachricht vorweg: Von Waldbränden wie in Kalifornien, Griechenland oder Australien wird der Harz wohl verschont bleiben. Darüber sind sich die Experten bei einem Katastrophenschutz-Forum der Bündnisgrünen im Kloster Drübeck einig. Selbst tote Fichten seien weniger anfällig für Feuersbrünste als die Vegetation in den südlicheren Gefilden oder die großflächigen Kiefernwälder im Nordosten Sachsen-Anhalts.

Grund sei der „geringere Harzanteil“, erläutert Carsten Brett. Dennoch ist sich der Brandschutzbeauftragte des Landkreises sicher: „Noch so ein Dürresommer, dann können wir uns von der Fichte im Harz verabschieden.“

Deshalb soll noch vor dem Frühjahr 2019 gehandelt werden, wenn das Waldbrand-Risiko wieder steigt: „Wir brauchen von März bis Oktober spezielle Löschwasserbehälter – auch im Nationalpark“, sagt Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse. Der Harzer Feuerwehrchef sei in Gesprächen mit dem Umweltministerium darüber, ihm seien bereits „erhebliche Investitionen“ zugesagt worden.

„Wir versperren uns dieser Lösung nicht“, erwidert Nationalpark-Chef Andreas Pusch. Solche Wassertanks seien in Zeiten versiegender Teiche und Tümpel allerdings mindestens genauso wichtig für Waldstücke in Privatbesitz. Zunächst sollten Standorte für die Container bestimmt werden, so Lohse. Die Brandschützer hätten bislang damit zu kämpfen, Löschwasser über weite Strecken durch unwegsames Gelände zu transportieren. „Das erhöht die Zahl der Kameraden, die wir für Einsätze binden müssen“, erläutert der Kreisbrandmeister.

Seine weiteren Forderungen: Ein elektronisches Frühwarnsystem und Zugriff auf Löschhubschrauber. „Niedersachsen hat zwei Flugzeuge zur Überwachung, die über den Westharz kreisen“, sagt der Kreisbrandmeister. Derzeit sei man in Verhandlungen, ob die Flieger dabei nicht eine Schleife über den Ostteil des Mittelgebirges drehen können.

Ähnliche Vorschläge macht Uwe Wegener. Der Vorsitzende des Nationalpark-Beirats will die „Intensität der Brandschutzwachen erhöhen – zum Beispiel mit einem ständigen Beobachtungsposten auf dem Brocken“. Zudem müssten nach Herbststürmen, die vor der Tür stehen, „Wege möglichst schnell befreit werden – wenn nötig auch mit fremder Hilfe“.

Vor „Hauruck-Aktionen“ warnt dagegen Volker Friedrich. Der designierte Chef der Wernigeröder Wasserwehr fordert stattdessen eine „kontinuierliche Zusammenarbeit von Kommunen, Privatwaldbesitzern und Nationalpark“ sowie eine Stärkung der Feuerwehren. „Deren Schlagfertigkeit ist die halbe Miete im Ernstfall“, so der ehemalige Ordnungsdezernent der bunten Stadt am Harz und Chef deren Harzklub-Zweigvereins.

Das habe sich beim Hochwasser im Sommer 2017 gezeigt, der Situation, in der die Region am knappsten an einer Naturkatastrophe vorbeischrammte. „Auch wenn es für viele Betroffene eine Katastrophe war“, sagt Friedrich.

„Das war ein einmaliges Ereignis mit Niederschlägen in noch nie dagewesenem Maße über zwei Tage“, erläutert Pusch. Der Nationalparkchef hält Panik vor Schlammlawinen bei Starkregen im Zusammenhang mit den großflächigen Totholz-Flächen im Wald für übertrieben.

„Es ist im Park noch nirgends Bodenerosion nachgewiesen worden – nicht einmal am Meineberg bei Ilsenburg“, wo der Borkenkäfer am längsten wüte. „Die Wurzeln toter Fichten sind noch jahrelang im Untergrund verankert“, so Pusch. Er setze darauf, dass dort, wo derzeit nur Baumstümpfe stehen, die Vegetationsdecke nach wenigen Jahren wieder geschlossen sei. „Auf den Kahlflächen verbreitet sich schnell Reitgras – das hält die Erde ebenfalls an Ort und Stelle“, ergänzt Wegener.

Die dennoch „waldbaulich extrem schwierige Situation“ zwinge vor allem private Forstbesitzer zum Experimentieren. „Ich denke dabei etwa an Douglasie und Roteiche – Bäume aus südlicheren Breiten, die mit Trockenheit und Hitze klarkommen“, so der Chef des Nationalpark-Beirats.

Sind für die Fichte die Tage also gezählt – und damit der Kampf gegen den Borkenkäfer von gut 65 Soldaten bei Ilsenburg, Wernigerode und Harzgerode umsonst? „Nein, das ist eine Riesenunterstützung für Privatleute und Kommunen“, sagt Carsten Brett. Der Vizechef des Betreuungsforstamtes Harz erläutert: „Für mich ist der Einsatz ein Test. Ich hoffe, dass uns die Bundeswehr im nächsten Frühjahr mit einem noch größeren Kontingent hilft.“

Bis dahin müsse jedoch abgewartet werden, wie der Winter ausfalle. „Teilweise reicht ein Windstoß, um größere Schäden zu verursachen.“ Längere Zeit mit knackigen Frostgraden seien für den Borkenkäfer kein Problem, so der Fachmann. Ein milder, nasser Winter könnte dagegen die Population der Krabbeltierchen eindämmen. „Dann sind die Käfer anfälliger für Pilzinfektionen. Entscheidend ist also die Witterung“, schlussfolgert Brett.