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  7. Kräftige Scherenschnitte für schöne Füße

Der Hüttenröder Klaus Rosenberg pflegt mit Kollegen die Klauen tausender Rinder in der Region Kräftige Scherenschnitte für schöne Füße

Von Jens Müller 21.09.2013, 03:11

Klaus Rosenberg hat Tausende zufriedene Kundinnen im Harzkreis und bis nach Niedersachsen. Mit Messer und Schere sorgt er bei ihnen für gepflegte Füße - genauer gesagt Klauen. Der Hüttenröder ist Klauenpfleger und sorgt in den Rinderställen der Region dafür, dass die Tiere gesund bleiben.

Hüttenrode l "Komm, komm, komm!", befiehlt Klaus Rosenberg der Milchkuh mit der Nummer 300 und gibt ihr einen Klapps auf die Flanke. Ohne Zögern trottet sie durch den Stall in ein schmales Metallgatter. Ein Riegel rastet ein. Und schon legt Rosenberg ein Rinderbein vor sich in eine Halterung. Dann setzt er seine Klauenschere, die einer Astschere ähnelt, an eine der beiden Hufteile an und schneidet ein Stück Horn ab.

"Man muss die Klauen rund schneiden", erläutert der erfahrene Landwirtschaftsmeister, Jahrgang 1953. Dann ein zweiter Schnitt und ein prüfender Blick: Denn beide Klauen müssen nach der Prozedur eine ebene Fläche ergeben. Rosenberg greift zu einem Klauenmesser und zieht es mehrfach durch die Hohlkehlung zwischen den beiden Klauen. Das Säubern dieses Fußteils ist besonders wichtig, um Krankheiten der Tiere zu vermeiden.

"Viele Lahmheiten entstehen durch Fütterung"

Denn im Gegensatz zu den Weidekühen sind die Milchkühe in ihren Ställen ganz anderen Bedingungen ausgesetzt. "Viele Lahmheiten entstehen durch die Fütterung", weiß Rosenberg. So sind Kühe mit einer Milchleistung von 8000 Litern weniger anfällig, als Kühe, die 12 000-Liter Milch geben. Problematisch ist auch der geringe Abrieb auf den mit Stroh ausgelegten Ställen. Um "Wohlstandskrankheiten" wie Mortellaro, Rusterholze oder andere Geschwüre und Fäulen zu vermeiden, vertrauen die Landwirte auf Männer wie Klaus Rosenberg. Mit seinem mobilen Klauenpflegestand ist er seit mittlerweile 20 Jahren in der Region unterwegs. Meist im Altkreis Wernigerode, aber auch auf großen und kleinen Höfen in Niedersachsen.

Dabei ist Klaus Rosenberg eher durch Zufall zu diesem Beruf gekommen. Bis zur Wende war er Produktionsleiter der Hüttenröder Rinderanlage mit rund 4200 Tieren. Doch den Betrieb von der staatlich gelenkten Tierproduktion in die Marktwirtschaft zu führen, dazu fehlte ihm damals der Mut. So blieb nur, den Betrieb im Auftrag der Treuhandanstalt zu liquidieren. Vermutlich wäre er bei der Treuhand geblieben, wenn nicht Tierarzt Dr. Hans-Gerhard Jahn - ebenfalls Hüttenröder - bei ihm angerufen hätte, ob er nicht einen Klauenpfleger wüsste. "Dadurch kam der Kontakt nach Westerhausen zustande, wo ich mit einem Kollegen angefangen habe, wieder zu schneiden", erinnert sich Klaus Rosenberg. Seine Prüfung als Klauenpfleger hatte er ja schon 1980 abgelegt. Und noch heute schwört er auf die DDR-typische Technik mit der Schere. Nur bei Tieren, die anders nicht behandelt werden können, greift auch er zum Winkelschleifer.

"Wir müssen jedes Bein genau anschauen."

1993 machte sich Rosenberg selbstständig. "Und bin bis heute dabei geblieben", sagt er nicht ohne stolz. Denn der Job ist körperlich nicht einfach. 60 bis 80 Tiere werden pro Tag von ihm geschnitten. An drei Tagen in der Woche jeweils zwischen fünf und sechs Stunden. An zwei Tagen werden Verbände angelegt. "Wir müssen jedes Bein genau anschauen, keine Kuh ist gleich", erklärt Rosenberg. Und nicht nur das. Nicht alle Rinder sind so zahm, wie Nummer 300 in der Milchviehanlage in Mulmke.