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Nachkriegszeit Rezepte aus Uromas Küche

Für eine Veröffentlichung suchen die Mitarbeiter des Zentrums HarzKultur in Wernigerode Rezepte aus der Nachkriegszeit.

Von Ivonne Sielaff 30.08.2017, 01:01

Wernigerode l Kartoffelgulasch, Eierbeißer, falscher Wiegebraten - diese drei Gerichte haben eines gemeinsam: Sie entstanden aus der Not heraus, aus Mangel an Lebensmitteln. Und sie sind in einem Manuskript niedergeschrieben, welches jahrzehntelang in den Archiven des Zentrums HarzKultur in Wernigerode lagerte.

Dass dieser Text wieder ins Interesse der Öffentlichkeit gerückt ist, ist Brigitte Böttcher zu verdanken, die ehrenamtlich und im Auftrag des Landesheimatbundes in dem Harzarchiv arbeitet. Die Rentnerin erfasst derzeit sämtliche Dokumente des Zentrums, in dem seit 40 Jahren Zeugnisse der Harzer Kultur gesammelt werden. Ziel ihrer Arbeit ist die Präsentation der Inhalte in digitaler Form. Dabei sind ihr jede Menge Schätze in die Finger geraten: Fotos auf Glasplatten, die das Leben im 19. Jahrhundert zeigen, Nachlässe von Musikern und Historikern – und eben ein vollständiges Manuskript mit dem Titel „Notrezepte“.

„Dieser Fund hat mich sofort fasziniert“, sagt Brigitte Böttcher. Teilweise unleserlich seien die Schreibmaschinen-Seiten gewesen, die Inhalte sachkundig und flott geschrieben – jedoch ohne Angaben zur Entstehungszeit des Textes. Als Verfasserin sei eine Dr. Irene Ziehe benannt. Etliche Harzer Rezepte aus der Zeit nach den beiden Weltkriegen habe sie zusammengetragen, viele für Kartoffeln und auch für Zutaten, die heute nicht mehr geläufig sind, darüber hinaus Informationen und Zeitungsartikel zur schwierigen Ernährungslage in der Nachkriegszeit.

All dies seien Zeitzeugnisse, die historisch gesehen viel zu wertvoll sind, um weiter in Aktenordnern vor sich hinzuschlummern, dachte sich Brigitte Böttcher und machte sich auf die Suche nach der Verfasserin.

„Wie ich herausfand, arbeitet Irene Ziehe als Wissenschaftlerin in Berlin.“ Der Text sei während eines kurzen Aufenthaltes im Zentrum Harzkultur entstanden und war nie veröffentlicht worden. Die Wissenschaftlerin habe ihn über die Jahre schlichtweg vergessen.

Das soll sich ändern. „Wir wollen das Manuskript gern publizieren“, sagt Brigitte Böttcher. Und nicht nur das: Die Rezeptsammlung soll sogar erweitert werden. Brigitte Böttcher und die Mitarbeiter des Zentrums HarzKultur hoffen dabei auf die Mithilfe der Harzer.

Gesucht werden alte Familienrezepte mit regionalem Bezug zum Harz, außerdem Dokumente wie Lebensmittelmarken, Haushaltsbücher, Rezepte und Haushaltstipps aus regionalen Zeitungen von den Nachkriegsjahren bis in die 1960er Jahre, die die Umstände der Versorgung und den Einfallsreichtum, Engpässe zu umgehen, zeigen.

„Sehr großes Interesse haben wir an Fotos, die das Leben bei Tische und beim Kochen in diesen Jahren zeigen“, so die Rentnerin. Geplant ist zudem, die Rezepte in der Praxis auszuprobieren. „Ich bin dazu im Gespräch mit der Thomas-Müntzer-Schule.“ Die Sekundarschüler könnten die Rezepte in ihrer Schulküche nachkochen. Dabei sollen die Nachkriegsspeisen für die Publikation fotografiert werden.

Erscheinen soll das Heft Anfang 2018 – dann jährt sich das Ende des Ersten Weltkrieges zum 100. Mal.