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Landtagswahl Sachsen-Anhalt 2021 Osterwiecker Alexander Räuscher (CDU) sieht Nachhaltigkeit als konservatives Konzept

Bei der Landtagswahl kämpfen am 6. Juni im Wahlkreis 15 (Blankenburg) sieben Direktkandidaten um die Gunst der Wähler. Die Volksstimme stellt Kandidaten und ihre Ziele vor – heute: Alexander Räuscher (CDU).

Von Vera Heinrich 27.05.2021, 00:15
Alexander Räuscher liebt es, alten Möbeln ein neues Leben einzuhauchen. So hat er für den Buffettschrank aus der Gründerzeit eine Eichensäule nachgefertigt.
Alexander Räuscher liebt es, alten Möbeln ein neues Leben einzuhauchen. So hat er für den Buffettschrank aus der Gründerzeit eine Eichensäule nachgefertigt. Foto: Vera Heinrich

Osterwieck - Alexander Räuscher wäre das Element Holz, müsste ihm ein Äquivalent in der traditionell chinesischen Lehre der fünf Elemente zugeordnet werden. Dementsprechend steht Holz symbolisch für Aufbruch. Und in Aufbruchsstimmung ist der 50-Jährige ohne Zweifel. Räuscher, der seit 2019 im Stadtrat der Einheitsgemeinde Osterwieck sitzt, möchte jetzt in den Landtag einziehen.

Dabei spielt Holz in seinem politischen Programm wie in seinem Privatleben eine maßgebliche Rolle. Der Inhaber eines Holzgroßhandels pflegt eine besondere Beziehung zu dem Naturrohstoff. Zu seinem erklärten politischen Ziel der Nachhaltigkeit gehöre es, „Holz als wertvollen Rohstoff zu nutzen und so Kohlendioxid zu speichern“.

Konsequenterweise setzt er das auch in seinen eigenen vier Wänden um. In seinem Zuhause, einer sanierten Scheune aus den 1880er Jahren, dominiert Holz innen wie außen. Viele Möbelstücke, die teils aus der Renaissance bis zur Gründerzeit stammen, hat er mit Liebe zum Detail wieder aufgearbeitet.

Fachwerkhaus mit nachwachsenden Rohstoffen saniert

Das Fachwerkgebäude selbst habe er mit nachwachsenden Ressourcen saniert, erklärt Räuscher. „Das ist für mich Nachhaltigkeit: ein Haus mit nachwachsenden Rohstoffen zu sanieren, das noch viele Generationen überdauert.“

In der DDR habe er gelernt, mit Ressourcen nachhaltig umzugehen. „Der Begriff Nachhaltigkeit zieht sich schon durch mein ganzes Leben.“ Dieser sei für ihn alles andere als neu und ein durch und durch konservatives Thema: „Nachhaltigkeit ist etwas Urkonservatives.“

Er verweist auf die Entstehung des Begriffes in der Forstwirtschaft des frühen 18. Jahrhunderts und fasst zusammen, was darunter zu verstehen sei: „Ich lebe von meinem Land und übergebe es in einem noch besseren Zustand an die nächste Generation.“

Windkraft und Elektroautos? - nein, danke!

Von Windkraftstrom und Elektroautos halte er nichts, gibt er offen kund: „Windkraftanlagen bestehen aus Verbundwerkstoffen, die nicht recycelt werden können. Damit hinterlassen wir unseren Nachfahren Sondermüll, den sie nicht entsorgen können.“

Für die Herstellung eines Elektroautos werde durch den dafür notwendigen Rohstoffabbau die Umwelt in den armen Ländern geschändet, kritisiert er und weiß, dass er mit solchen Aussagen polarisiert.

„Mir ist bewusst, dass ich mit meiner Meinung oft anecke. Aber ich stehe zu dem, was ich denke“, erzählt er und ergänzt: „Eine Diskussion ist nie feindlich, sondern vielmehr ein Lernprozess durch den Austausch mit Andersdenkenden.“ Er habe den Eindruck, dass viele heutzutage das offene Diskutieren verlernt hätten. Er betont, wie wichtig es sei, den Grundrespekt voreinander zu behalten, auch wenn man anderer Auffassung ist.

Christenlehre bei der Thomanerkirche in Leipzig

Zu diskutieren habe er schon als Kind in der Christenlehre der Thomanerkirche in Leipzig gelernt, erinnert er sich. 1970 in Leipzig geboren, ist Räuscher in der Gegend um die sächsische Großstadt aufgewachsen. Doch schon früh wurde auch der Harz zu seiner Heimat.

Die Ferien habe er regelmäßig bei seinem Großvater in Wernigerode verbracht und auf Schusters Rappen schon im Grundschulalter viele Wege im Harz kennengelernt. Auch heute gehe er gern im Harz, aber auch in der Hohen Tatra wandern. Retrospektiv empfindet Räuscher die Kindheit zwischen städtischem Trubel mit viel Kultur und Landleben in freier Natur als sehr wertvoll: „Für mich war das die ideale Mischung.“

Tiefgreifend geprägt hat ihn seine Zeit in der Christenlehre der Thomanerkirche: „Da habe ich meine Liebe zur klassischen Musik entdeckt.“ Der bekennende Bach-Fan sucht sich seinen Ausgleich mit Vorliebe in Klassikkonzerten. So ist er Mitglied im Halberstädter Kammermusikverein.

Räuscher fordert Wiederaufforstung im Nationalpark Harz

Die Erinnerung an die Kindheitstage in den Harzer Wäldern sei es auch, die Räuscher motiviert, sich für ein politisches Thema besonders stark einzusetzen, so der Osterwiecker. „Ich fordere, den Nationalpark aktiv wieder aufzuforsten.“

Geht es um die Waldpolitik, findet Räuscher deutliche Worte: „Die Politik des Nationalparks ärgert mich sehr. Was dort passiert, ist rechtswidrig.“ Räuscher stützt seine Argumentation auf das Gesetz über den Nationalpark Harz. Den Umgang mit Paragraphen scheut der Forstbesitzer nicht, der von 1993 bis 1997 an der Universität Leipzig Jura studierte, jedoch nicht abschloss. „Es ist gesetzlich vorgeschrieben, Maßnahmen zu treffen, die das großflächige Waldsterben verhindern.“

Er sehe hier starke Versäumnisse, die Ausbreitung des Borkenkäfers nicht verhindert zu haben. Er halte es für „untragbar, auf der einen Seite zu behaupten, den Klimawandel zu bekämpfen und auf der anderen Seite, den Wald sterben zu lassen“.

Der Unternehmer erklärt, dass im Holz das Kohlendioxid gebunden sei. „Verwenden wir das Holz als Baustoff, so bleibt es darin gebunden und gelangt nicht als Emission in die Atmosphäre.“ Gleichzeitig betont er, dass im Nutzwald höchstens so viel zu ernten sei, wie nachgewachsen ist.

Patchwork-Familie mit vier Kindern

Die Bewahrung des Geschaffenen für die nachfolgenden Generationen treibe ihn auch persönlich an. Räuscher lebt in einer Patchworkfamilie mit seiner Partnerin, seinem Sohn, zwei Stieftöchtern und einem Pflegekind. Für ihn sei es wichtig, sagt er, den Nationalpark als solchen für die Zukunft zu erhalten. Jedoch müsse dort mit weniger Idealismus, sondern mehr Vernunft und Sachlichkeit gehandelt werden, um das Waldsterben zu verhindern.

Er meint: „Man kann nicht die Natur sich selbst überlassen, damit erst in 200 Jahren wieder ein richtiger Wald steht.“ Er verweist auf den hohen Fichtenbestand im Harz und erläutert: „Dort, wo Fichten standen, wachsen auch wieder welche nach. Diese sind nur die ersten 25 Jahre vor dem Befall des Borkenkäfers geschützt. Dann geht das Ganze wieder von vorn los und die sterbenden Bäume geben Kohlendioxid in die Atmosphäre ab. So heizen wir den Klimawandel nur noch weiter an.“ Räuschers Forderung: Gezieltes Umforsten auf klimastabile, artenreiche Wälder.

„Was derzeit in den Wäldern passiert, richtet viel Schaden an: in der Forstwirtschaft, im Tourismus und im Heimatgefühl bei den Harzern“, findet der Christdemokrat. „Es ist nicht die Trockenheit, die den Bäumen schadet, sondern der Borkenkäfer, der systematisch gezüchtet wurde.“ Schließlich habe es schon zu DDR-Zeiten trockene Jahre gegeben, in denen der drohende Borkenkäferbefall mit Hormonfallen bekämpft wurde, mahnt er.

Als 18-Jähriger in die BRD geflüchtet

Die DDR hat Räuscher im August 1989 verlassen. Er ist als 18-Jähriger über Ungarn in die BRD geflüchtet. In Hamburg machte er sein Abitur und absolvierte bei einem großen Kaffeehändler eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann. In der DDR hatte er bereits die Facharbeiterausbildung in der Feinkeramiktechnologie abgeschlossen. „Ich bin stolz auf die Mischung aus einer technischen und einer kaufmännischen Ausbildung“, sagt er.

Nach dem Jurastudium in Leipzig startete er 1997 ins Berufsleben. Seitdem ist er im Außenhandel mit Schwerpunkt Osteuropa tätig.

Seit 2004 wohnt Räuscher in der Einheitsgemeinde Osterwieck. Er engagiert sich im Vereinsleben wie den Fördervereinen der Ortsfeuerwehren in Berßel und Osterode, der Grundschule Sonnenklee und dem Fallstein-Gymnasium Osterwieck.

Schule ist für den Vater eines 14-jährigen Sohns ein Thema, das ihn viel beschäftige. „Wir müssen schnell umsetzen, was wir aus der Pandemie gelernt haben und die Schulen pandemiefest machen“, fordert er.

Investition in Ausbildung als Ziel

Er möchte sich dafür einsetzen, die krisenbedingten Folgen in der Wirtschaft zu überwinden. Konkret bedeute das für den Harz, Tourismus und Gastronomie wieder auf die Beine zu bringen und die Industriebetriebe zu erhalten.

Als zentralen Punkt sieht Räuscher auch die Investition in gute Ausbildungsmöglichkeiten. „Wir brauchen dafür wirtschaftliche Kompetenz und unternehmerische Expertise“, meint er.

Veränderungsbedarf sieht der Unternehmer auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR). Er fordert eine Reformierung der Gehalts- und Rentenstruktur der dort Beschäftigten. „Die Entlohnung und die Renten im ÖRR sollten sich an den Tarifen des öffentlichen Dienstes orientieren. Es braucht ein faires Maßes.“

Kritik an gendergerechter Sprache bei ARD und ZDF

Kritisch sieht er auch die Art der Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Sendern und verlangt: „Im Rundfunkstaatsvertrag sollte konkretisiert werden, dass es Aufgabe des ÖRR ist, öffentliche Entwicklungen abzubilden.“ Er lehne es ab, dass der ÖRR durch seine Berichterstattung gesellschaftliche Entwicklungsprozesse selbst anstoße und erläutert das an einem Beispiel: „Der ÖRR soll mich nicht dazu erziehen, gendergerechte Sprache zu verwenden.“ Vielmehr solle er lediglich darüber berichten.

„Ich finde es furchtbar anstrengend, wenn Sprache verkrüppelt wird. Schließlich gehören in unserem Land Sprache und Wissen zu den wichtigsten Ressourcen, die wir haben“, erläutert Räuscher. Und wenn er sich eines auf die Fahnen geschrieben hat, dann ist es, vernünftig mit wichtigen Ressourcen umzugehen.