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Personennahverkehr Tauziehen um Citybus-Kosten in Wernigerode

Die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs in Wernigerode sorgt für Differenzen zwischen Stadt und Harzer Kreisverwaltung.

Von Dennis Lotzmann 23.01.2019, 00:01

Wernigerode/Halberstadt l Wie stemmen die Stadt Wernigerode und die Kreisverwaltung fortan die Finanzierung des Citybus-Verkehrs im Raum Wernigerode? Eine Frage, die im Raum steht und die Mitglieder des Kreisausschusses beschäftigt. Zunächst sie – und am Mittwoch, 30. Januar, die Mitglieder des Kreistages – sollen über eine Vorlage befinden, die ein Ziel hat: Mit der Stadt Wernigerode eine „partnerschaftliche Finanzierung“ der Verkehrsleistungen im Raum Wernigerode finden.

Der Verwaltungsvorstoß kommt nicht von ungefähr. Die bislang bestehenden und hinsichtlich der Laufzeit befristeten Vereinbarungen sind Ende 2017 ausgelaufen. Seither wird hinter den Kulissen verhandelt – ergebnislos. Auch nach langen und intensiven Verhandlungen sei kein Konsens gefunden worden, heißt es in der Begründung der von Landrat Martin Skiebe (CDU) unterzeichneten Vorlage.

Dreh- und Angelpunkt des Konflikts sind letztlich die über das gesetzlich definierte Normalangebot hinausgehenden Offerten im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). ­Bjoern Smith, Geschäftsführer der Harzer Verkehrsbetriebe (HVB), mag sich zu den aktuellen Verhandlungen nicht äußern – das sei allein Sache der beiden Beteiligten, Kreisverwaltung und Stadtverwaltung Wernigerode. Smith kann aber die fachlichen Hintergründe erläutern.

Der Nahverkehrsplan, so der Geschäftsführer, definiere hinsichtlich Linienführung und Fahrplantaktung gewissermaßen die Norm für das ÖPNV-Angebot. Hier entstehende Kosten-Deckungslücken würden über Zuschüsse vom Land und in der Regie der Kreisverwaltung als Aufgabenträger des Nahverkehrs ausgeglichen. Wolle nun eine Kommune in ihrem regionalen Bereich ÖPNV-Angebote, die über jene als Daseinsvorsorge definierte Norm hinausgehen, müsse der zusätzliche finanzielle Aufwand entsprechend aufgebracht werden.

In der Vergangenheit hatten der Kreis und die Stadt Wernigerode dafür paritätische, partnerschaftlich finanzierte Lösungen gefunden, ist der Verwaltungsvorlage zu entnehmen. Der finanzielle Anteil der Stadt lag von 2012 bis 2014 bei rund 252.000 Euro jährlich. Von 2015 bis 2017 butterte die Kommune jährlich rund 297.000 Euro zu. Besagte Anschlussvereinbarung steht aus, sodass der Wernigeröder Citybus schon 2018 auf rechtlich loser Basis rollte.

Weil die Kommune, wie Oberbürgermeister Peter Gaffert am Dienstag der Volksstimme sagte, sich finanziell über Gebühr in die Pflicht genommen sieht, sollen neue Kostensätze verhandelt werden. „Wir sind uns über die Höhe unseres Anteils nicht einig, da gehen unsere Auffassungen ein Stück weit auseinander.“

Nach Gafferts Worten geht es aber auch um grundsätzliche Fragen. „Wir haben bereits unterschiedliche Vorstellungen von der ÖPNV-Grundversorgung.“ Ein Problempunkt, der nun in der vom Kreistag angeschobenen Fortschreibung des Nahverkehrsplans konkret Niederschlag finden könnte.

Peter Gaffert sieht aber auch Bedarf, über die finanziellen Zuschüsse Wernigerodes insgesamt zu reden: „Unsere Citybusse sind sehr gut genutzt, wir generieren im Vergleich zu anderen Kommunen relativ hohe Einnahmen. Die Zahl der Fahrgäste hat wiederum einen direkten Bezug auf Mittel vom Land.“ Hinzu kämen Zuschüsse für die Schülerbeförderung und auch Mittel, die Wernigerode ins System des Harzer-Urlaubs-Tickets (Hatix) einspeise. „Wir generieren in Wernigerode überdurchschnittlich hohe Übernachtungszahlen, finanzieren also Hatix zu einem beachtlichen Teil mit.“

Gafferts Schlussfolgerung: „Wir haben eine Mehrfachfinanzierung des ÖPNV, Wernigerode speist auf vielfältige Weise Geld ins System. Daher möchte ich, dass wir neu rechnen.“ Das sei Gegenstand der aktuellen Verhandlungen. „Aber da ist so ein Delta, wo wir uns nicht einig sind.“ Noch nicht, wie er betont.

Wohin die Reise aus seiner Sicht gehen soll, welche Zuschüsse er aus Wernigeröder Sicht für angemessen hält, lässt Gaffert offen, konkrete Zahlen nennt er nicht. „Wir gehen aber davon aus, dass wir deutlich weniger zahlen müssen.“ Zahlen finden sich im Haushaltsentwurf, der jetzt beschlossen werden soll: Dort ist von jährlich rund 170.000 Euro die Rede.

Wie die Kreisverwaltung den Dissens sieht, blieb am Dienstag offen. Landrat Martin Skiebe (CDU), der den ÖPNV zu Chefsache gemacht hat, war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Mit dem Beschluss, der den Ausschuss für Wirtschaft, Umwelt und Kreisentwicklung mit einer Enthaltung einstimmig passiert hat, soll Skiebe beauftragt werden, analog der mit Halberstadt bestehenden Vereinbarung auch mit Wernigerode eine Lösung zu finden. Eine zeitlich befristete, dynamisierte Pauschalregelung bis Ende 2021 wird angestrebt. Und es gibt eine klare Perspektive, sollten die Verhandlungen in diesem Jahr ergebnislos bleiben: Dann wird Skiebe ermächtigt, im Raum Wernigerode Änderungen am ÖPNV-Angebot vorzunehmen.

Quasi als allerletzten Schritt. „Ich denke, das Problem ist lösbar und hoffe, dass wir sehr bald zusammenkommen“, so Gaffert. Einfach Verkehrsleistungen zu kürzen – „das ist weder mein Ziel noch das von Herrn Skiebe.“ Wernigerode müsse 2019 rund 13 Millionen Euro Kreisumlage zahlen und sperre sich nicht. „Hier geht es vielleicht um 100.000 Euro. Das können wir lösen.“