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Samstagspilgern Zwischen Harz und Santiago de Compostela

Blankenburg ist 2020 Startort des Samstagspilgerns in Sachsen-Anhalt. Welche Faszination steckt hinter den Reisen auf dem Jakobsweg?

Von Holger Manigk 13.03.2020, 00:01

Blankenburg l Wenn am 21. März das Samstagspilgern auf dem Jakobsweg durch Sachsen-Anhalt in Blankenburg startet, ist er als Begleiter dabei: Christian Vornewald, Pfarrer der katholischen Gemeinde St. Josef in der Blütenstadt. Die Leidenschaft für das Pilgern zu Fuß oder auf dem Fahrrad hat ihn schon vor Jahrzehnten gepackt: „2004 bin ich mit einer Gruppe von drei Leuten mit dem Fahrrad von Magdeburg nach Santiago de Compostela aufgebrochen“, berichtet der 61-Jährige.

Jeden Sommer radelten sie eine Woche lang weiter die Etappen in Richtung des bekannten Wallfahrtsortes in Nordwestspanien ab, die Gruppe wuchs auf über 20 Pilger – bis sie 2011 schließlich am Grab des biblischen Apostels Jakobus ankamen. „Dieser Moment, wenn man das Ziel vor Augen hat, bringt eine große Freude“, schildert er die Faszination. Es sei eine „starke Erfahrung, die man nicht durch Nachdenken oder Nachahmen ersetzen kann. Viele meiner Gefährten haben diese Reisen verändert“. Er selbst habe gelernt, sein Leben mehr so anzunehmen, wie es ist.

Ein Antrieb für Vornewald, sich immer wieder auf den Weg zu machen, seien Sehnsuchtsorte: So haben Gruppen, mit denen der gebürtige Westfale unterwegs war, der seit elf Jahren in Blankenburg lebt, inzwischen auch den berühmten Mont-Saint-Michel vor der französischen Küste und Trondheim, das „Jerusalem des Nordens“, mit dem Fahrrad erobert. Im Sommer 2020 macht sich eine neue Gruppe auf den Weg zum Berg der Kreuze in Litauen.

„Auf den Pilgerfahrten sind wir durch eine Reihe von Ländern gekommen – jedes ist anders, aber überall haben wir beeindruckende Gastfreundschaft erfahren“, sagt Vornewald. Das sei ein Unterschied zu einem gewöhnlichen Urlaub: „Dafür bezahlt man viel Geld, steckt hohe Erwartungen.“ Beim Pilgern lernt man, „mit dem zufrieden zu sein, was man bekommt. Irgendwie wird der ganze Weg zum Geschenk.“

Dies spreche die unterschiedlichsten Menschen an, so der Seelsorger: „Manche machen sich wegen einer psychischen Krise auf den Weg, andere wollen etwas für ihren Glauben tun.“ So sei auch ein Polizist dabei, der Ausgleich zu bedrückenden Erfahrungen seines Berufsalltages sucht.

Das Samstagspilgern, bei dem man einmal im Monat zu Fuß auf dem Jakobsweg durch Sachsen-Anhalt unterwegs ist, erfreue sich wachsender Beliebtheit. „2019 waren wir streckenweise mit 50 Teilnehmern unterwegs“, berichtet Vornewald. Die Etappen seien mit 10 bis 20 Kilometern Länge so gewählt, dass sie alle, die wollen, meistern können. „Jeder ist gern gesehen. Man muss nichts vorweisen, es geht nicht um die sportliche Leistungen,“ ergänzt der Pfarrer. Eine Anmeldung sei für das kostenlose Angebot nicht nötig.

„Nach etwa zwei Dritteln der Wegstrecke teilen wir eine Mahlzeit.“ erklärt Christian Vornewald. Für ihn sei das wichtigste am Ende eines Pilgerweges, „diese Erfahrung in das weitere Leben zu integrieren“. Dazu gibt es im Herbst ein Nachtreffen in Blankenburg.