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Schierke-Projekt Gaffert immer stärker unter Druck

Aus Sicht der Kommunalaufsicht hat die Stadt Wernigerode bei der Nutzung von Planungen für das Seilbahn-Projekt gegen geltendes Recht verstoßen.

Von Ivonne Sielaff 02.10.2019, 01:54

Wernigerode l Zwischen der Kommunalaufsicht und der Stadt Wernigerode brodelt es seit Wochen. Grund sind Planungen für das Seilbahn-Projekt am Schierker Winterberg und deren Finanzierung.

Seit Jahren nutzt die Stadt Planungsunterlagen der Winterberg Schierke GmbH (WSG) für die Vorbereitung des Seilbahn-Projektes, das mit dem privaten Investor realisiert werden soll. Und zwar ohne vertragliche Vereinbarung. Eine Forderung der WSG über 310.000 Euro für Nachplanungen lief Ende 2018 ins Leere, weil Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) die Vorlage überraschend zurückzog, als sich keine politische Mehrheit für den notwendigen Stadtratsbeschluss abzeichnete. Die WSG plante weiter – auch ohne Freigabe der Summe durch den Stadtrat. Und die Stadt nutzte die Unterlagen. Die Forderungen der Investorengruppe haben sich seit Projektbeginn summiert. Sie liegen laut Investor mittlerweile bei über einer Million Euro und stehen nach wie vor im Raum.

Deshalb wurde die Kommunalaufsicht hellhörig und forderte von Oberbürgermeister Peter Gaffert, den Sachverhalt aufzuklären sowie zum weiteren Vorgehen zu berichten, heißt es auf Nachfrage von der Behörde.

Die Kommunalaufsicht sieht drei Probleme: Vor Nutzung der Planungen hätte eine rechtliche Vereinbarung über die gegenseitigen Verpflichtungen abgeschlossen werden müssen, der Stadtrat hätte über das Verpflichtungsgeschäft beschließen, die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Aufwendungen hätten geschaffen werden müssen, führt die Aufsichtsbehörde gegenüber der Volksstimme aus. In einem Schreiben an den OB, das auch der Volksstimme vorliegt, schlägt die Kommunalaufsicht nun einen deutlicheren Ton an. Sie wertet die Geschäftsgebaren der Stadt als „kommunal- beziehungsweise haushaltsrechtliche Verstöße“.

Im Wernigeröder Rathaus hat man dazu eine andere Sichtweise. Die Stadt habe in jedem Jahr Haushaltsmittel für die Planungen am Winterberg eingestellt, heißt es von Rathaussprecher Tobias Kascha. Und der Haushalt sei vom Stadtrat genehmigt worden. „Diese Mittel standen auch für mögliche Ansprüche der WSG zur Verfügung.“ Mit der WSG werde seit mehreren Jahren wegen der Verträge verhandelt, bisher allerdings ohne eine Einigung. „Auch der Stadtrat war seit Anbeginn in diesen Prozess eingebunden.“

Zudem sei es „rechtlich fraglich“, ob der Investor seine Forderungen durchsetzen kann, so Kascha weiter. Die Stadt habe ihrerseits auch Planungen beauftragt und bezahlt, die von der WSG genutzt werden. Dazu komme, dass die Planungen der WSG im noch nicht abgeschlossenen Raumordnungsverfahren bisher nicht genehmigungsfähig und daher nicht für die Stadt nutzbar waren. Deshalb sieht man im Rathaus „bereicherungsrechtlich keinen Vorteil bei der Stadt“.

Die Stadt bezweifelt also, dass der Investor seine Forderungen rechtlich durchsetzen könnte. Dabei stellt sich die Frage, warum zuletzt dennoch Rückstellungen für etwaige Forderungen im Haushalt gebildet wurden. Kascha dazu: Aus kaufmännischer Sicht könne „bei Anwendung äußerster Vorsicht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit“ nicht ausgeschlossen werden, dass die WSG versucht, Ansprüche durchzusetzen.

Die Kommunalaufsicht gibt sich damit nicht zufrieden und erwartet eine Aufarbeitung der Angelegenheit im Stadtrat. Das hat die Behörde sowohl dem Oberbürgermeister als auch Stadtratspräsident Uwe-Friedrich Albrecht (CDU) schriftlich mitgeteilt.

Er könne im Moment noch nicht einschätzen, ob und inwieweit der Stadtrat eingreifen müsse, sagt Albrecht auf Volksstimme-Nachfrage. „Zu dem, was von der Kommunalaufsicht bemängelt wird, muss ich mich erst sachkundig machen.“ Auf Bitte der Behörde habe er den anderen Stadträten den Sachstand zur Kenntnis gegeben – und damit den Stein ins Rollen gebracht.

Am Montag forderte Thomas Schatz (Linke) Akteneinsicht in die Korrespondenz zwischen Stadtverwaltung und Kommunalaufsicht sowie in ein von der Stadt beauftragtes Rechtsgutachten zu der Sache. Wie Tobias Kascha informiert, werde der Termin für die Akteneinsicht gerade koordiniert. Zudem sei beabsichtigt, das Thema in der nächsten Sitzung des Hauptausschusses zu besprechen. „Die Stadt hat ein hohes Interesse an einer Lösung der offenen Fragestellungen und nimmt die Hinweise der Kommunalaufsicht ernst“, versichert der Sprecher.

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