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  7. Schlüssel weg und Stadtchef gefesselt - der Oberharz ist schon entmachtet

Kinder und Karnevalisten stürmen das Rathaus / Unsichere Zukunft der Stadt ist Faschingsthema Schlüssel weg und Stadtchef gefesselt - der Oberharz ist schon entmachtet

Von Burkhard Falkner und Günther Breutel 12.11.2013, 01:13

Mit Tanz, "Hallo!" und "Helau!" haben Elbingerodes Karnevalisten am Montagabend den Schlüssel des Oberharz-Rathauses an sich genommen. Allerdings nur mit der Maßgabe, ihn wiederzubringen. Der Schlüssel für Stadt Oberharz werde noch gebraucht, hieß es.

Elbingerode l "Herr Bürgermeister! Herr Bürgermeister!" haben mehr als hundert Grundschüler am Montag pünktlich um 11 Uhr 11 vor dem Rathaus in Elbingerode gerufen. Das Geschrei war drinnen nicht zu überhören, vielleicht auch nicht lange zu ertragen. So trat Vizebürgermeister Roland Krebs (parteilos) recht zügig vor die zum Teil kostümierten Schüler und Lehrer, um als Spaß-Geisel zu dienen. Geduldig ließ er das seit Jahren übliche Ritual der Fesselung über sich ergehen. Maxima Deutsch, Jasmin Gessing, Dominik Walsleben, Falk Hennig und ihre Freunde waren flink mit dem Seil.

Roland Krebs musste damit einmal mehr für den immer noch suspendierten Stadtchef Frank Damsch einspringen. Auch für den Beauftragten der Kreisverwaltung, Hans-Dieter Sturm, dessen Tätigkeitsbild zur Durchsetzung des Sparkonzeptes so einen Auftritt offenbar nicht vorsieht. Der Vizestadtchef wurde dann mit Bonbons wieder "freigekauft" und so der erste närrische Ansturm friedlich beendet. Jedenfalls für einige Zeit.

Denn am Abend folgte der zweite Streich, der Einmarsch der Narren vom Elbingeröder Carnevalverein "Grün-Weiß" (ECV) samt Funkenmariechen. Sie stürmten ins Rathaus nahmen den herbeigeeilten Politikern um Stadtratspräsident Rudolf Beutner (CDU) den Stadtschlüssel ab. Den Begriff "Noch-Hauptstadt" für Elbingerode wollte Beutner dabei nicht gelten lassen. Er übergab das Schließwerkzeug nur mit der Maßgabe, es nach der Session wiederzubekommen. "Schön, dass es ein so gut funktionierendes Vereinsleben gibt", lobte Beutner: "Aber der Schlüssel für die Stadt Oberharz wird noch gebraucht."

Zur Besänftigung wurden die Karnevalisten bewirtet, wobei das Geld dafür nicht aus dem Stadtsäckel kam, wie betont wurde. ECV-Vereinschef Ronald Fiebelkorn erinnerte an das Motto der Schuldenstadt Berlin, "Arm, aber Sexy", und setzte eins drauf: "Kopf hoch, auch wenn der Hals dreckig ist!" Es werde wohl, hieß es, eine deftige Session werden.