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Toter Hirsch im Stadtwald: Staatsanwaltschaft ahndet Verstoß gegen Hygienevorschrift Stadtförster muss Geldstrafe zahlen

Von Tom Koch 13.12.2013, 01:04

Der verbotene Verkauf eines im Stadtwald verendeten Hirschs an einen Wildhändler ist jetzt juristisch aufgearbeitet. Der Verantwortliche aus dem Wernigeröder Stadtforstamt hat eine Geldstrafe gezahlt, die Staatsanwaltschaft daraufhin das Verfahren eingestellt.

Wernigerode l Wildkadaver darf nicht zu Hirschgulasch, Rehrücken oder Wildschweinbraten verarbeitet werden. Nur, wenn der Jäger zweifelsfrei weiß - am einfachsten nach seinem Abschuss - woher sein Wildbret stammt, darf er das einem Händler verkaufen und dieser dann weiter zum Verzehr durch seine Kunden.

So regelt es - mit einfachen Worten aus der Juristensprache übersetzt - die "Tierische Lebensmittel-Hygieneordnung". Und genau mit dieser Vorschrift ist Michael Selmikat als Chef des Wernigeröder Stadtforstamts in Konflikt geraten. Bereits im September2012, doch es hat 13 Monate gedauert, bis die Staatsanwaltschaft das Ende ihrer Ermittlungen erklären konnte.

"Der verantwortliche Mitarbeiter aus dem Stadtforstamt hat eine Geldbuße in Höhe von 1200Euro an die Landeskasse gezahlt", informierte Halberstadts Oberstaatsanwalt Hauke Roggenbuck. Daraufhin sei das weitere Ermittlungsverfahren mit Zustimmung der Beteiligten eingestellt worden.

Rückblende: Im September 2012 entdeckt ein Wanderer im Wernigeröder Stadtforst einen 14-Ender, der kapitale Hirsch ist tot. Getötet im Kampf mit einem Rivalen? Das ist Spekulation, und dennoch bietet Stadtforstamtschef Michael Selmikat das Tier dem Westerhäuser Wildhändler Holger Krykalla an. Für 118Kilogramm Hirschfleisch gibt es 320Euro für die Stadtkasse.

Allerdings, Krykalla erfährt nicht, dass der Hirsch nicht geschossen, sondern als verendetes Tier gefunden wurde. Also verkauft er dieses Wildbret weiter an Fleischereien in Seesen und Aschersleben. In den Papieren des Wernigeröder Hirsches steht als Todesursache "Sonstiges", aber auch, dass dieser "vor dem Erlegen keine Verhaltensauffälligkeiten gezeigt habe". Dass Krykalla einen Hirsch-Kadaver gekauft hat, das erfährt er erst später.

Oberstaatsanwalt Roggenbuck erklärte, der Wildverkäufer habe fahrlässig gehandelt, als er den sogenannten Wildursprungsschein so ausgefüllt habe, "dass der Eindruck erweckt wurde, das Tier wurde erlegt". Einen Vorsatz habe man nicht nachweisen können, sagte Roggenbuck im Volksstimme-Gespräch.

Für den Chef des Stadtforstes habe zudem gesprochen, dass ein Tierarzt keine Auffälligkeiten feststellen konnte, als er den Hirsch beim Wildhändler untersucht hatte. "Das war also kein Fleisch minderer Qualität, und uns sind auch keine Beschwerden nach dem späteren Verzehr bekannt", informierte der Chef der Halberstädter Staatsanwaltschaft.

Eine anonyme Anzeige beim Kreis-Veterinäramt hatte seinerzeit den Stein ins Rollen gebracht. Laut Roggenbuck sei diese Behörde auch einverstanden gewesen, die 170-seitige Ermittlungsakte zu schließen, das Verfahren gegen die Zahlung einer Geldbuße einzustellen.

"Wir haben auf das Fehlverhalten dienstrechtlich reagiert."

Rüdiger Dorff, Stadtverwaltung

Der Chef des Wernigeröder Stadtforstes, Michael Selmikat, möchte sich zum Ausgang der Ermittlungen gegenüber der Volksstimme nicht äußern. Aus der Stadtverwaltung hieß es, ein Fehlverhalten des Rathausmitarbeiters sei festgestellt worden. Laut Haupt- und Rechtsamtschef Rüdiger Dorff habe die Stadtverwaltung darauf "mit einer dienstrechtlichen Ahndung reagiert".

Und was sagt der betrogene Wildhändler? Holger Krykalla: "Das war doch von Anfang an eine ganz kuriose Geschichte." An die Adresse des Forstamtschefs erklärte der Westerhäuser: "Ich hoffe, er hat daraus gelernt." Übrigens, seither hat der Wildhändler keinen Hirsch, kein Wildschwein oder Reh aus dem Wernigeröder Stadtforst mehr angeboten bekommen.