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Fotoarchiv Stadtgeschichte in Schwarzweiß

In der Wernigeröder Mahn- und Gedenkstätte werden 8000 Bilder aus dem Fotoarchiv der Volksstimme aufbewahrt.

Von Ivonne Sielaff 07.11.2016, 00:01

Wernigerode l Der Skispringer scheint in der Luft zu schweben. Der Oberkörper ist nach vorn gebeugt, die Skier liegen fast parallel zum Horizont. Erst auf den zweiten Blick ist im Hintergrund das Wernigeroder Schloss zu erkennen. Ein einzigartiger Augenblick, festgehalten in einem Schwarzweiß-Foto von 1976.

Das Bild gehört zum Fotoarchiv der Harzer Volksstimme. Gut 8000 Abzüge aus den Jahren 1953 bis 1988 werden in der Mahn- und Gedenkstätte Veckenstedter Weg aufbewahrt. Sortiert und kategorisiert lagern sie in 24 braunen Plastikkästen, die unscheinbar an einer Wand gestapelt stehen.

„Viele Wernigeröder wissen gar nicht, dass die Sammlung hier bei uns ist“, sagt Gedenkstättenleiter Matthias Meißner. „Das war nur Insidern bekannt.“ Die Fotos sollten vor Jahren entsorgt werden, als die Redaktion der Volksstimme Anfang der 1990er Jahre von der Westernstraße zum Oberpfarrkirchhof umgezogen war.

Weil die Bilder viel zu wertvoll zum Wegwerfen waren, übernahm die Gedenkstätte die Sammlung. „Wir haben schon damals begonnen, das Material zu sichten und Foto für Foto auf Karteikarten zu kleben und zu beschriften“, so Meißner. Sortiert nach Kategorien wie Gebäude, Personen, Künstler, Sport, Landwirtschaft und Handel zeigen die Bilder das Leben in Wernigerode und den Gemeinden des Altkreises zu DDR-Zeiten. Darunter aus heutiger Sicht auch Kuriositäten wie parkende Autos vor dem Rathaus. Der Markplatz – das wissen viele nicht mehr – durfte früher befahren werden. Etliche Bilder von Parteiveranstaltungen und den Grenzsoldaten dokumentieren zudem die dunklen Seiten jener Zeit. Die Volksstimme diente damals als Presseorgan der SED-Bezirksleitung.

Den Fotos sind die Spuren ihres Alters deutlich anzusehen. Der hohe Silbergehalt hat die Farben verblassen lassen. Fingerabdrücke zeichnen sich ab. Gerade deshalb ist eine gewissenhafte Aufbewahrung wichtig, damit die Zeitdokumente für spätere Generationen erhalten bleiben.

Weil in der Mahn- und Gedenkstätte zu wenig Platz ist, wurde die Sammlung nun an die Stadt Wernigerode übergeben. „Wir übernehmen die Bilder gern“, sagt Silvia Lisowski vom städtischen Kulturamt. „Sie zeigen ein Stück Stadtgeschichte.“ Die Ansichten von Wernigeröder Gebäuden und die historischen Fotos von Veranstaltungen wie dem Rathausfest finde sie besonders interessant. „Uns ist wichtig, dass die Sammlung zusammenbleibt und für die Öffentlichkeit zugänglich ist“, sagt die Amtschefin.

Nach Abschluss der Bauarbeiten im Stadtarchiv sollen die Bilder an den Klint umziehen. „Wir müssen schauen, wie wir sie dort lagern. Die Ordnung werden wir nicht verändern, damit sie in gewohnter Weise auf den Karteikarten zu finden sind“, so Silvia Lisowski. Darüber hinaus werden sie auch in digitaler Form einsehbar sein. Eine Praktikantin der Mahn- und Gedenkstätte hat alle 8000 Fotos eingescannt.