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Tourismus Banges Warten auf Bauantrag in Wernigerode

Gerlinde Heim aus Wernigerode möchte drei Hexenhäuschen im Garten bauen. Nur gehört der teilweise zu einem Landschaftsschutzgebiet.

Von Sandra Reulecke 24.05.2018, 01:01

Wernigerode l Die Geduld von Gerlinde Heim wird stark strapaziert. Seit Oktober 2016 steht sie in den Startlöchern, sie will ihre Pension erweitern. Drei Holz-Häuschen in ihrem Garten sollen ihren Gästen künftig als Unterkunft dienen. Doch statt die Ferienhäuser endlich einrichten zu können, stapeln sich die Anträge und Gutachten bei ihr. Was die Betreiberin der „Villa Uhlenhorst“ erst nach dem Antrag erfahren hat: Ein Teil des Geländes ist Landschaftsschutzgebiet.

„Das wusste ich nicht, als ich das Grundstück gekauft habe“, berichtet sie. 2014 eröffnete sie nach vier Jahren Bauzeit die Pension in Hasserode. Sechs individuelle Themenzimmer hat sie in dem Haus mit der bewegten Geschichte eingerichtet, alle im Stil des 19. Jahrhunderts. Sie möchte ihre Gäste auf eine Zeitreise einladen, sagt die Besitzerin. Dazu gehört auch das Wandeln und Pausieren im parkähnlichen Garten, den sie bewusst natürlich lässt.

Wer englischen Rasen sucht, ist hier fehl am Platz. Wildblumen wachsen im hohen Gras, alte Bäume bieten Schatten. „Wegen dieser großen Bäume habe ich das Grundstück erst gekauft“, berichtet Gerlinde Heim. Die 47-Jährige mag die Natur und wolle keinesfalls einen Baum auf ihrem Grundstück fällen.

Das ist für ihre Pläne gar nicht nötig, erläutert sie. Auf dem mehr als 5000 Quadratmeter großen Areal hinter der alten Papierfabrik (heute Hochschule Harz), sollen drei Gebäude aus Holz entstehen, die – typisch für den Harz – an Hexenhäuschen erinnern. Jeweils 3,78 mal 5,40 Meter groß, mit Betten in den Spitzböden.

Dass diese Bauten – mehr Gartenhütte als Haus – zu einem Problem werden könnten, habe sie nicht erwartet. Immerhin ist der großzügige Garten von der Straße aus kaum einzusehen, mit den Häuschen würde keinem Nachbarn die Sicht genommen werden. Doch der im Oktober 2016 gestellte Bauantrag wurde in der Weihnachtszeit des Jahres abgelehnt. Grund: Hinter der Terrasse der Villa beginnt Landschaftsschutzgebiet, quasi eine unsichtbare Grenze auf dem Grundstück.

„Im Januar 2017 hatten wir daraufhin einen Termin beim Bauamt und haben erklärt, dass für das Projekt keine Bäume gefällt werden müssen und wir die Häuser, falls nötig, auch auf Stelzen bauen lassen würden, um keine Tiere zu stören.“

Doch damit ist es nicht getan. Um auf dem Gelände bauen zu können, darf es keinen Schutzstatus mehr haben. Die Stadt Wernigerode hat am 10. April „einen Antrag auf Herauslösung einer Teilfläche aus dem Landschaftsschutzgebiet ‚Harz und Nördliches Harzvorland‘ gestellt“, informiert Manuel Slawig, Sprecher des Landkreises. Erster Schritt dafür: Ein Büro für Umweltplanung hat die Flora und Fauna des Grundstücks dafür genau unter die Lupe genommen.

„Das Ergebnis ist, dass von den Fachleuten keine seltenen oder schützenswerten Pflanzen und Tiere gefunden wurden“, berichtet Gerlinde Heim. In der Beurteilung (liegt der Volksstimme vor) steht jedoch, dass zum Beispiel das Vorkommen von Feuersalamandern zumindest am Bach, der an das Grundstück grenzt, denkbar sei. Die Lurche sind in Deutschland „besonders geschützt“.

Entsprechend hoch sind die Auflagen, selbst wenn der Antrag auf Entlassung aus dem Landschaftsschutzgebiet und die Genehmigung des Baulandes von Erfolg gekrönt sind. Acht Meter Mindestabstand müssen zur neuen Grenze des Schutzgebietes eingehalten werden, fünf Meter zum Bach.

Auf wackligen Beinen stehen damit auch die Pläne von Gerlinde Heim für ihre eigenen, privat genutzten vier Wände. „Derzeit habe ich nur ein Schlafzimmer und ein Bad in der Villa“, berichtet sie. Ihr Wunsch sei es, sich ein kleines Haus in den Garten zu bauen, in das sie mit ihrem Lebensgefährten Thorsten Hampe einziehen kann.

Um nicht neu bauen zu müssen und damit Tiere, die auf dem Grundstück leben, zu stören, würde sich das Paar auch auf einen Kompromiss einlassen. „Es gibt einen Schuppen auf dem Grundstück, der wurde früher schon als Wohnhaus genutzt. Wir hätten ihn vergrößert und wären dann dort eingezogen“, so Hampe. Aber: Der Schuppen darf nicht mehr als Wohnraum deklariert werden.

Ob sich auch die anderen Wünsche von Gerlinde Heim in Luft auflösen, bleibt abzuwarten. Zwar wurde das Projekt bereits im Bauausschuss und einer Stadtratsitzung in Wernigerode vorgestellt. Doch obwohl sich die meisten Mitglieder dafür aussprachen, muss sich Heim noch gedulden: Nachdem das Projekt offen auslag, haben sich einige Ämter gemeldet, denen nicht klar genug aus dem Antrag hervorgeht, dass das größte der vier geplanten Häuschen privat genutzt werden soll. „Jetzt muss ich erst einmal schauen, wie es weitergeht. Und mich beraten lassen. Wenn es schlecht läuft, muss das Projekt noch einmal öffentlich ausgelegt werden“, so die Pensionsbesitzerin.

Manuel Slawig vom Landkreis erläutert das weitere Prozedere: „Im Anschluss an das Beteiligungsverfahren erfolgt durch die Untere Naturschutzbehörde eine Abwägung der Argumente aller Beteiligten.“ Erst dann kann der Bauantrag gestellt werden. Das Warten geht also weiter.