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Tourismus Kampfsportler setzt aufs Rodeln

René Petsch-Grunwald hat die Allwetter-Rodelbahn in Schierke übernommen.

Von Sandra Reulecke 30.04.2018, 01:01

Wernigerode/Schierke l Die Tochter freut sich wohl am meisten, dass sich René Petsch-Grunwald für einen beruflichen Neustart entschieden hat. Wenn die Siebenjährige ihren Vater am Arbeitsplatz besucht, saust sie Runde um Runde die rund 500 Meter lange Bahn hinab. Auf dem Brocken-Coaster. Seit Januar betreibt Petsch-Grunwald die Freizeit-Attraktion in Schierke.

Der 48-Jährige ist in Wernigeroder kein Unbekannter. Als Kampfsport- und Fitnesstrainer sowie als Security-Mann im Wernigeröder Nachtleben hat er sich einen Namen gemacht. Wie kommt er an eine Rodelbahn? „Wie das so ist. Die besten Ideen entstehen am Tresen“, sagt Petsch lachend.

Der Inhaber des Coasters, Thomas Maske, ist Kunde im Fitnessstudio. Nach dem Training kamen die beiden Männer ins Gespräch. Maske berichtete, dass er den Coaster nicht mehr selbst betreiben möchte. „Aus gesundheitlichen Gründen“, erläutert Maske gegenüber der Volksstimme. Vor gut zwölf Jahren ist er aus Berlin in den Harz gezogen, um das Unternehmen aufzubauen. Nun habe er unter anderem mit Knieproblemen zu kämpfen und wolle kürzer treten. „Aber ich bleibe Eigentümer.“ Er habe Petsch-Grunwald die Pacht angeboten, weil er „anständig und geradlinig“ ist. „Und er kann gut mit Menschen umgehen.“

Eine Kurzschlussentscheidung war der Betreiberwechsel nicht. „Ich hatte von Anfang an Interesse, überzeugt war ich nicht gleich“, sagt Petsch-Grunwald. Er fuhr nicht nur in der Bahn Probe – mit Spitzengeschwindigkeiten bis zu 58 Kilometern in der Stunde. Er arbeitete zudem einige Tage mit, unterhielt sich mit den Angestellten, holte sich Rat beim Steuerberater. Nach rund einem Jahr Vorbereitungszeit wagte er den Schritt. „Manchmal muss man gegen den Verstand arbeiten. Es war Zeit für etwas Neues, einen neuen Schritt im Leben.“

Unterstützung bekommt er von seinem Team: zwei Festangestellt und zwei Pauschalkräfte, die er mit übernommen hat. „Das ist perfekt, sie wissen und könne alles. Ich kann mich zu 100 Prozent auf sie verlassen“, sagt René Petsch-Grundwald. Die Sympathie besteht auf beiden Seiten. „Er ist ein guter Chef, packt mit an und ist sehr motiviert“, lobt Susi Ortel, seit drei Jahren auf der Rodelbahn beschäftigt.

Es ist nicht die erste berufliche Veränderung, die der Vierfach-Vater wagt. Der gelernte Landwirt war im Außen- und Einzelhandel beschäftigt. Unabhängig davon sei der Sport immer ein wichtiger Bestandteil seines Lebens gewesen, erst als Hobby, später beruflich. „Und er wird es auch bleiben“, betont der Geschäftsmann. Neben dem Kampfsport – zwei Trainingstage hat er pro Woche – ist Laufen seine Leidenschaft. „Das baut Stress ab. Beim Laufen habe ich die besten Ideen.“

Diese will er nutzen, um den Coaster bekannter machen. Werben, Kooperationen mit anderen Tourismusbetrieben eingehen, nicht nur in Schierke, auch in der Region und vor allem in Wernigerode. „Es kommen mehr Touristen als Wernigeröder. Viele kennen uns nicht einmal, weil sie nur selten nach Schierke fahren“, so Petsch-Grunwald. „Das ist schade. Schierke hat mehr zu bieten als Negativ-Schlagzeilen.“

Er würde sich wünschen, dass die Einwohner beider Orte an einem Strang ziehen und die Wernigeröder mehr Interesse an dem Ortsteil zeigen würden.

Besucher von außerhalb zeigen jedenfalls viel Interesse an der Heimat des Schierker Feuersteins. Der Brocken-Coaster, am Ortseingang gelegen, ist häufig ihre erste Anlaufstelle. „Manchmal habe ich das Gefühl, wir seien die Touristinfo“, sagt Rene Petsch-Grunwald. Er lacht. „Wir müssen alles wissen: Wann die Bahn fährt, wie viel es kostet, wo die nächsten Toiletten sind.“

Immerhin lohne sich das Auskunftgeben. Vor oder nach dem Gipfelsturm nutzen einige Besucher die Gelegenheit für eine Fahrt in den Schlitten. Möglich ist das bei jedem Wetter – auch bei Schnee und Regen. „Das ist wie beim Sport, es kommt auf die richtige Kleidung an“, sagt der Betreiber.

Dennoch sind die Umsätze witterungsabhängig, die Hauptsaison beginnt im Mai. „An den Wochenenden und in den Ferien ist am meisten los.“ Voll wird es auch, wenn Schüler, die ihre Klassenfahrt in den Harz führt, die Bahn stürmen.

Gelegenheit, die Rodelbahn auszuprobieren, bietet sich am Dienstag, 1. Mai. Ab 10 Uhr wird am Parkplatz Thälchen ein Tanz in den Mai veranstaltet.