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Pandemie Trotz Corona geben Busse im Harz Vollgas

Corona hat Folgen für die Harzer Verkehrsbetriebe. Die Verluste werden auf 1,5 Millionen Euro hochgerechnet.

Von Ivonne Sielaff 04.08.2020, 01:01

Wernigerode l Corona hat die Busse im Harz nicht aus dem Verkehr gezogen - auch wenn die Harzer Verkehrsbetriebe (HVB) durch die Auswirkungen der Pandemie wie viele andere Unternehmen Verluste einfahren.

Die Einbußen könnten bisher nur hochgerechnet werden, sagt HVB-Chef Christian Fischer im Volksstimme-Gespräch. „Aber mit etwa 1,5 Millionen Euro Pandemieschaden müssen wir rechnen.“ So seien die Einnahmen allein im April auf 20 Prozent gesunken. Die Einkünfte über das Hatix-System, das Harzer Urlauberticket, seien in dem Monat fast komplett zusammengebrochen. „Im Vergleich zum April 2019 waren es gerade einmal 0,4 Prozent der Beförderungen.“

Für die Verluste im Öffentlichen Personennahverkehr hätten Bund und Land einen Rettungsschirm aufgespannt. „Wir müssen jetzt abwarten, ob unser finanzieller Schaden vollumfänglich oder nur teilweise ausgeglichen wird.“ Das finanzielle Risiko liege beim Aufgabenträger, dem Landkreis. Die HVB erbringen die Beförderungsleistungen im Harzkreis über einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag.

Die Harzer Verkehrsbetriebe seien laut Fischer das Busunternehmen in Sachsen-Anhalt gewesen, das mit am schnellsten in den Lockdown gegangen sei. „Am 23. März haben wir den Schalter umgelegt und auf Pandemiefahrplan gewechselt.“ Dieser habe dem Ferienfahrplan entsprochen, „damit sich unsere Fahrgäste während der schweren Zeit an etwas Bekanntem orientieren konnten“.

Pandemiefahrplan - das bedeutete einen Kilometerverlust von 12,5 Prozent. „Aber auch, dass wir fast 88 Prozent unseres Leistungsspektrums gehalten haben“, so Fischer. Auch auf die Gefahr hin, in den Wochen des Lockdowns weniger Fahrgäste zu haben. So lag die Nachfrage in der Hochphase der Pandemie bei nur 25 Prozent. „Dennoch: Es ist nun mal unsere Aufgabe, auch eine einzelne Seniorin nach Fahrplan aus Hasserode abzuholen, damit sie ihre Besorgungen erledigen kann“, so der HVB-Chef. „Unsere Aufgabe ist es, auch in schwierigen Zeiten die Daseinsfürsorge zu gewährleisten - in den Städten sowie in dünn besiedelten Regionen.“

Nicht nur der Fahrplan sei während der Pandemie angepasst worden. Die Busse seien zusätzlich gereinigt und öfter als gewöhnlich gelüftet worden. „Wir haben zudem konsequent die vorderen Einstiege zugemacht.“ Die Konsequenz: Es war nicht mehr möglich, vorn beim Fahrer das Ticket zu bezahlen. Weil auch die HVB-Service-Büros dicht waren, wurde ein Großteil der Fahrgäste mehrere Wochen lang mehr oder weniger kostenlos befördert. Die Fahrgäste mit Abo-Karten ausgenommen.

„Das war eine Zeit, für die es keine Gebrauchsanweisung gab“, blickt Christian Fischer zurück. Ziel sei es gewesen, die Mitarbeiter zu schützen und gleichzeitig die Busse fahren zu lassen. Dafür habe die Bezahlpflicht fallen gelassen werden müssen. Was Fischer besonders freut: „Wir hatten einen sensationell niedrigen Krankenstand im Pandemiequartal. Für ihn ein Beweis dafür, wie sehr die Mitarbeiter zum Unternehmen stehen würden. Dass die HVB diese Wochen so gut gemeistert haben, sei unter anderem dem Landkreis zu verdanken, der „fair und unternehmensorientiert“ operiert habe. Fischers Dank geht zudem an den Betriebsrat - „für die wohlwollende Zusammenarbeit“.

So schnell wie die HVB in den Lockdown ging, ebenso schnell war er am 23. April wieder beendet - und der Busbetrieb lief wieder mit Vollgas. „Branchenuntypisch“ habe das Unternehmen die allgemeinen Beförderungsbedingungen geändert. „Ab 23. April war bei uns Mund- und Nasenschutz verpflichtend“, sagt Fischer. Noch vor dem Pandemieerlass des Landes. „Wer keine Maske hatte, dem wurde die Weiterfahrt verweigert.“ Die HVB beauftragten sogar ein Sicherheitsunternehmen, dessen Mitarbeiter in den Fahrzeugen sowie an Busbahnhöfen und neuralgischen Umsteigepunkten „mit Nachdruck“ auf die Regel hinwiesen. Positiver Nebeneffekt: Durch die Kontrollen seien auch die Schwarzfahrer aufgeschreckt worden.

Maskenpflicht gilt nach wie vor in den Bussen der HVB. „Unsere Fahrgäste haben da einen überdurchschnittlichen Grad an Disziplin“, hat der HVB-Chef beobachtet. Auch wenn die „Abnutzungserscheinungen der Pandemie“ langsam im Harz ankommen würden. „Aber kein Vergleich zu dem, was ich in Magdeburg oder Berlin erlebt habe.“

Was die Zukunft angehe, „versuchen wir unsere Schlüsse aus der Krise zu ziehen. Wir schauen nach vorn“, sagt Fischer. Trotz der Pandemie investieren die Harzer Verkehrsbetriebe in neue Busse. Anfang 2021 werden neun neue Dieselhybrid-Busse erwartet. „Es geht uns dabei einerseits um Nachhaltigkeit und auf der anderen Seite um mehr Sicherheit für die Fahrer“, so der HVB-Chef. Sicherheit deshalb, weil die neuen Fahrzeuge serienmäßig mit einem vollverglasten Fahrerbereich ausgestattet sind. „Es ist leider so, dass einige Fahrgäste Probleme bereiten.“ Anderswo war die Maskenpflicht der Auslöser für Gewalt. Im Harz habe es dagegen schon Passagiere gegeben, die versucht hätten, dem Fahrer die Ungültigkeit ihres Fahrausweises mit Gewalt auszureden. Zum Schutz der Busfahrer sollen deshalb auch die neueren Busse der HVB-Flotte mit vollverglasten Türen nachgerüstet werden.