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Übungswochenende Wernigerodes Jugendwehr im Nonstop-Einsatz

Personensuche, Fehlalarme, Großbrände: Für Wernigerodes Feuerwehrleute ein normales Einsatzwochenende, für die Jugend einen Vorgeschmack.

Von Regina Urbat 23.10.2018, 11:24

Wernigerode l Nachtruhe ade. Um 22 Uhr wird am Freitag die Feuerwehr alarmiert. In Minsleben wird eine Person vermisst. Laut Zeugen könnte sich der Diskobesucher im Gutspark aufhalten. „Vielleicht schläft er dort seinen Rausch aus“, sagt der Einsatzleiter und mahnt: „Das kann wegen Unterkühlung gefährlich werden.“ Also ist Eile geboten, schnell ist eine Beleuchtungkette aufgebaut, der Mann wird wohlbehalten nach 30 Minuten gefunden.

Am Sonnabend reißt die Alarmierung den ganzen Tag über nicht ab. Immer wieder müssen Einsatzgruppen ausrücken, um umgeknickte Bäume von einer Straße zu räumen, eine Ölspur nach einem Verkehrsunfall zu beseitigen, einen Wanderer vom Austbergturm in Benzingerode zu retten und auch, um unverrichteter Dinge wieder abzuziehen, weil es sich um einen Fehlalarm handelt.

Am Nachmittag dann sind alle verfügbaren Brandschützer der Feuerwehren in Wernigerode, Schierke, Silstedt, Benzingerode und Minsleben gefragt. Im Sportlerheim in Silstedt ist während einer Party ein Feuer ausgebrochen. Beim Eintreffen auf dem Sportplatz steigt dicker Rauch auf. Schnell wird klar, neben den Verletzten, die sich ins Freie retten konnten, befinden sich noch Personen im Haus. Einsatzleiter Mike Schlegel weist mit Unterstützung von Matthias Hänsch-Koch die Gruppenführer Tinko Manske und Leon Koch ein. Von der benachbarten Holtemme aus soll eine Wasserversorgung aufgebaut werden. Eine andere Gruppe ist zum Hydranten auf der Zufahrt zum Klärwerk unterwegs.

Die Schreie der Verletzten um Hilfe wirken beängstigend. Sie werden zu einem Platz transportiert, den mittlerweile Notfallsanitäter der DLRG Wernigerode für die schnelle Erstversorgung eingerichtet haben. Sarah Adler und Ronny Leseberg haben alle Hände voll zu tun, zumal nun auch die Opfer im verqualmten Haus gefunden sind.

In der Leitstelle vor Ort koordiniert Geraldine Soedel die Abläufe. Langsam entspannt sich die Lage, rechtzeitig steht die Löschwasserversorgung, von allen Seiten spritzt das Nass auf das Sportlerheim. Der Rettungssanitäter telefoniert mit der Leitstelle, um die sieben Verletzten auf die umliegenden Krankenhäuser in Wernigerode, Quedlinburg und Halberstadt zur weiteren Versorgung zu verteilen.

Zaungäste haben sich eingefunden und staunen, während David Hellmund zufrieden das Geschehen beobachtet. Der Stadtjugendwart hat maßgeblich den Großalarm und all die anderen Einsätze zu verantworten. „Ziel ist es, ein Übungswochenende unter möglichst realistischen Bedingungen mit unseren jungen Brandschützern zu absolvieren.“ Der Plan sei „dank der Unterstützung so vieler aktiver Kameraden, der Stadt, Sponsoren und Eltern“ erfolgreich umgesetzt worden. Im Grunde, so der 25-Jährige weiter, handelt sich um ein fast normales Einsatzwochenende der aktiven Wehren, von dem die Kinder und Jugendlichen bei diesem Übungscamp einen Vorgeschmack bekommen haben. Hellmund und auch die anderen Experten bescheinigen dem Nachwuchs gute Einsatzleistungen.

Nach dem Aufräumen ziehen die 45 Zehn- bis 17-Jährigen samt ihrer 25 Betreuer ab, das Abendbrot ist um 18 Uhr im Quartier in Silstedt angesagt. Pünktlich liefert der Bote die 70 Pizzen, die noch nicht ganz verdaut sind, als schon wieder der Pieper zum Einsatz ruft. Mit den Fahrzeugen geht es zu einem Kellerbrand nach Wernigerode, später wird Unterstützung bei einem Verkehrsunfall am Petersberg in Minsleben verlangt. Es folgt wieder ein Fehlalarm, bei dem sich das Ausrücken aber dennoch als nützlich erweist. Bei der Rückfahrt nach Silstedt ist ein Feuerschein nicht zu übersehen. Auf dem Osterfeuerplatz steht ein aus Paletten gebasteltes Haus im Flammen.

Gegen 0 Uhr fallen die jungen Brandschützer todmüde ins Bett und schlafen – bis sie Sonntagfrüh noch einmal ausrücken müssen. Gegen 6.30 Uhr beseitigt eine Gruppe eine Ölspur, eine andere kann schnell wieder umkehren: Fehlalarm. Nach dem gemeinsamen Frühstück werden die Kinder gegen 10 Uhr entlassen, mit dem Versprechen, dass solch ein Übungswochenende auch 2019 stattfinden wird.

Mehrfach haben die Mädchen und Jungen ihre Begeisterung darüber geäußert. „Wenn sie nun noch bis ins Erwachsenenalter bei der Stange bleiben, lohnt sich der große Aufwand wahrlich“, stellt Vize-Stadtwehrleiter Marco Söchtig fest. Er selbst habe als Kind angefangen, mit mehr als 45 anderen. „Übrig geblieben aus dieser Gruppe bin nur ich“, so der Familienvater, dessen Sohn Felix Marco im Camp dabei war.