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Verkehr Trautensteiner wollen überall Tempo 30

Viele Trautensteiner hadern mit der Verkehrslage. Eine Bürgerinitiative will auf der Ortsdurchfahrt durchgängig und für alle Tempo 30.

Von Katrin Schröder 20.09.2019, 06:57

Trautenstein l Am Ortsausgang von Trautenstein in Richtung Hasselfelde geben die Autofahrer noch einmal richtig Gas. „Viele sind im Ort zu schnell unterwegs“, sagt Werner Bleßmann. Die Umstehenden nicken. Anne-Dore Meyer, Hans Priesel und Harald van Antwerpen engagieren sich wie Bleßmann dafür, dass auf der Ortsdurchfahrt künftig komplett und für alle Verkehrsteilnehmer Tempo 30 gelten soll – „von Ortsschild zu Ortsschild“, so das Motto. Dafür hat die Bürgerinitiative, der das Quartett angehört, binnen einer Woche 280 Unterschriften gesammelt.

Das Anliegen stößt auf Anklang, berichtet Bleßmann. „Wir hatten im Nu die Unterschriften zusammen.“ Bei den Anwohnern rannten er und seine Mitstreiter offene Türen ein. An der Ortsdurchfahrt wohnen viele ältere Leute. „Die waren begeistert und sagten: Warum haben wir so etwas nicht schon eher angestoßen? Wir kommen kaum mehr über die Straße“, so Bleßmann.

Der Straßenverkehr habe in den vergangenen Jahren stark zugenommen, sagen die Mitglieder der Bürgerinitiative. Der Grund sei an sich erfreulich: Immer mehr Urlauber besuchen die Region. Durch Trautenstein rolle zum Beispiel der Verkehr aus dem Westharz in Richtung Rappbodetalsperre. Hinzu komme, dass immer mehr Gäste die Wanderrouten rund um Trautenstein entdecken. „Der Parkplatz am Gemeinschaftshaus ist an den Wochenenden bis auf den letzten Platz gefüllt“, so Bleßmann.

Unschön sei aber, dass viele mit Auto und Motorrad zu schnell unterwegs seien. Von „Rennstrecken“ vor ihrer Haustür spricht Anne-Dore Meyer vom Café Dammbachtal, ebenso von Motorradfahrern, die mit geschätzt 80 bis 90 Kilometern pro Stunde unterwegs sind. Ebenso seien Busse zu schnell, sagt Harald van Antwerpen, Betreiber des Hotels Druidenstein. Werner Bleßmann wohnt ebenfalls direkt an der Bundesstraße 242, die durch den Ort führt. Neben Lärm und Angst vor Unfällen in den engen, teils weniger als sechs Meter breiten Straßen sei der Schmutz ein Problem. „Ich kann alle zwei Tage die Fensterbänke auswaschen. So viel Feinstaub hatten wir vor zehn Jahren noch nicht.“

Aus dem Trautensteiner Harzklub-Zweigverein kam die Idee, etwas zu unternehmen, berichtet der Vorsitzende Hans Priesel. Gemeinsam haben die Initiatoren ihr Anliegen in dieser Woche in den Ortschaftsrat getragen und die Unterschriften übergeben. Die Mitglieder haben sich im Nachgang verständigt, die Listen an die Oberharzer Stadtverwaltung weiterzugeben. Eine Abstimmung und einen Auftrag an die Verwaltung, ein Tempolimit zu beantragen, gebe es aber nicht, so Ortsbürgermeister Mathias Vogel (parteilos).

Er teilt auf Volksstimme-Nachfrage mit, dass er das Engagement der Initiative begrüße. Doch klar sei, dass der Harzklub kein politisches Gremium sei, und ob alle Unterzeichner aus dem Ort stammen, sei fraglich. In der Sache ist der Ortschef skeptisch. Denn langsamer fahren müsssen in Trautenstein zumindest schon Lkw. Für sie gilt auf 85 Prozent der Strecke im Ort Tempo 30, erklärt Torsten Klopstock vom Ordnungsamt der Stadtverwaltung. Im Ortskern müssen alle Fahrzeuge Tempo 30 einhalten. Dieser Abschnitt umfasse zirka 30 Prozent der Ortsdurchfahrt. Abseits der B 242 sind bereits Tempo-30-Zonen eingerichtet.

Die Bürgerinitiative setzt darauf, dass nach einer Gesetzesänderung 2016 eine Absenkung der Höchstgeschwindigkeit an Bundesstraßen grundsätzlich möglich sei. „Das ist eine Ermessensfrage“, so Werner Bleßmann. Dennoch gebe es Vorgaben, sagt Torsten Klopstock vom Ordnungsamt. Der schlechte Straßenzustand könne ein Tempolimit begründen, ebenso Schulen, Kindertagesstätten, Seniorenheimen und anderen Einrichtungen mit direktem Zugang zur Straße. Solche gibt es in Trautenstein nicht. Die dritte Möglichkeit sei ein Lärmschutzverfahren, bei dem Messungen vor Ort belegen müssten, dass der Geräuschpegel zu hoch sei.

Da sei durchaus etwas dran, sagt Ortschef Vogel. Seiner Einschätzung nach sei der Lärmpegel an der B 242 „seit Jahren und insbesondere bei schönem Wetter stetig gestiegen“. Wegen der gesetzlichen Begrenzungen sieht er aber nur begrenzte Chancen für ein allgemeines Tempolimit und sagt: „Alles in Allem kann kann ich mich der Initiative so nicht anschließen.“

Die Beeinträchtigungen seien für diejenigen, die unmittelbar an der B 242 wohnen, jedoch unbestreitbar da – nicht zuletzt „leider oftmals durch ein sehr rücksichtsloses Verhalten und durch möglichst geräuschintensives Fahrverhalten“ der Gäste, die durch den Ort rasen. Die Frage sei aber, ob dagegen ein Tempolimit helfe. „Ich sehe nicht, dass die Aufstellung von zwei 30er-Schildern dieses komplexe Problem so einfach löst.“ Wer sich bisher nicht an Tempo 50 halte, werde künftig kaum Tempo 30 beachten.

Dass angesichts des Verkehrs keine weitere touristische Entwicklung möglich sei, wie die Bürgerinitiative argumentiert, glaubt er nicht. Gerade der Erfolg bei den Urlaubern habe das Problem verursacht. „Tourismus geht nur mit Touristen.“ Abgesehen davon habe die Bundesstraße auch „eine wirtschaftliche Aufgabe“, und solange nicht der vor Jahren gehegte Plan zum Bau einer Umgehungsstraße wieder aufs Tapet komme, sehe er nur wenig Spielraum für Lösungen, die alle zufrieden stellen.

Eine generelle Tempo-30-Regelung bringe etwas, halten die Initiative-Mitglieder entgegen. Wenn am Ortseingang ein allgemeines Tempolimit ausgeschildert sei, führen die Autofahrer anders in den Ort, sagt Werner Bleßmann. Außerdem müsse man regelmäßig kontrollieren, ergänzt Harald van Antwerpen. Zudem lasse sich die Regelung praktisch ganz einfach umsetzen: Man müsse man lediglich das Zusatzschild für Lkw abmontieren – dann gelte die Beschränkung für alle. „Das kostet die Stadt kein Geld“, so Bleßmann.