Entsorgungswirtschaft lässt einstige "Bürgermeisterkippe" bei Westerhausen endgültig abdichten Von der Deponie zum ganz normalen Berg
Die Deponie bei Westerhausen wird derzeit endgültig saniert. Im Sommer sollen die von der Entsorgungswirtschaft des Harzkreises als Eigentümerin in Auftrag gegebenen Arbeiten abgeschlossen sein. Die Gesamtkosten liegen bei knapp 700 000 Euro.
Westerhausen/Halberstadt l Von 1975 bis zu ihrer Stilllegung im Frühjahr 2002 ist auf der Deponie Restmüll entsorgt worden, berichtet Ingo Ziemann. Geschätzt etwa 750 000 Tonnen.
Jetzt, elf Jahre später, konnte mit der endgültigen Sanierung des gut 5,3 Hektar großen Areals durch die in Halberstadt ansässige Entsorgungswirtschaft des Landkreises Harz AöR (enwi) begonnen werden. "Der Winter hat uns etwas aufgehalten", sagt der Abteilungsleiter für Entsorgung und Unternehmenskommunikation. Die dadurch entstandenen vier bis sechs Wochen Verzug spielen letztlich aber keine Rolle. Innerhalb des Vorhabens ist nach der Fertigstellung des Unterbaus ohnehin eine Pause eingeplant. Sie ist nötig, um die in dem als Muster angelegten sogenannten Methanoxidationsfeld enthaltenen Stoffe im Labor zu untersuchen.
Entweichendes Methangas wurde bis 2009 verbrannt
Rückblende: Nach der Schließung war die Deponie übergangsweise mit Mineralien abgedeckt worden. In ihrem Inneren vollzogen sich aber weiter mechanische und chemische Reaktionen. So musste der Klimakiller Methangas aufgefangen werden. Im Fall Westerhausen, erläutert Ziemann, konnte es wegen des hohen Brennwertes energetisch zur Stromerzeugung genutzt werden. Seit 2009 hatte sich die Gasentwicklung aber so weit verringert, dass dies nicht mehr möglich war. Für die Experten ein Zeichen, dass der Abbau biologischer Substanz im Deponiekörper weitestgehend beendet ist und umfangreiche Setzungsprozesse innen und außen nicht mehr zu erwarten sind.
Dank eines glücklichen Umstands wird die somit mögliche endgültige Abdeckung preiswerter als ursprünglich gedacht. Durch nochmalige Recherchen konnten beim Deutschen Wetterdienst Messreihen aus DDR-Zeiten gefunden werden, die von den bis dahin bekannten Werten der Deponie am Turm bei Wernigerode stark abweichen.
Ingo Ziemann: "Mit weniger als 500 Liter pro Quadratmeter ist das hier der trockenste Standort im Harzkreis und darüber hinaus." Und: "Die Kostenersparnis dürfte bei knapp einer Million Euro liegen."
Das daraufhin eingeleitete zweite Verfahren zur Genehmigung dauerte etwa zwölf Monate. Dann erteilte das Landesverwaltungsamt sein Einverständnis. Zur Anwendung gelangt dadurch ein relativ neues Verfahren. Der Vertreter des Vorstandes: "Das gibt es noch keine zehn Jahre."
Von den einst 19 Gasbrunnen werden bereits acht so umgerüstet, dass sie in einigen Jahren stillgelegt werden können. Die restlichen elf Brunnen erhalten einen Anschluss an die zehn Methanoxidationsfelder. Das Prinzip besteht darin, dass das passiv aus dem Deponiekörper ausströmende Gas in der Fläche verteilt und durch komplizierte mehrstufige Prozesse in Kohlendioxid umgewandelt wird.
Laut Ziemann folgt auf den unterschiedlich großen fertigen Feldern eine Rasenaussaat. Im Spätherbst dieses Jahres soll die gesamte Oberfläche mit Sträuchern und vereinzelten kleinen Bäumen bepflanzt werden. Der enwi-Abteilungsleiter: "Der Bewuchs hat auch die Funktion, das Niederschlagswasser zu verbrauchen, damit es nicht unnötig in die Deponie eindringt." Maximal zehn Prozent dürfen für die Zersetzung der organischen Abfälle einsickern. Mit dieser Methode wird gewährleistet, dass etwa 80 Prozent der bereits bestehenden Abdeckung erhalten bleiben. Das schützt die Halde vor möglichen Erosionen.
Wie Ingo Ziemann weiter erläutert, wird im Rahmen der Arbeiten ein Teil der Umzäumung erneuert. Zudem setzen die Spezialisten für die künftige Überwachung elf Messpegel in unmittelbarer Nähe, damit ungewollte Gasaustritte sofort registriert werden können. Danach wird die vorhandene Wetterstation einschließlich der mit Bodensonden ausgestatteten Messstellen gewartet und zum Teil modernisiert. Die Sensoren registrieren die Bodenfeuchte, sodass zusammen mit der Station der Wasserhaushalt der Deponie überwacht werden kann.
Gesamtkosten liegen bei rund 700 000 Euro
Finanziert wird das Vorhaben zum größten Teil über eine zwischen der enwi und dem Halberstädter Landratsamt abgeschlossene Vereinbarung. Nach Angaben des Vorstands-Vizes handelt es sich dabei um Rückstellungen. Die Quedlinburger Kreisverwaltung als Ex-Eigentümerin hatte zu Zeiten, als die Anlage noch genutzt wurde, eingezahlte Abfallgebühren für eine Rekultivierung angespart. Dazu ergänzend gibt es einen Zuschuss von rund 200 000 Euro aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung. Die Gesamtkosten für Bau und Bepflanzung liegen bei knapp 700 000 Euro.
Die einstige "Bürgermeisterkippe" steht noch für mindestens 30 Jahre unter Beobachtung. Ingo Ziemann: "Dann kann sie als ganz normaler Berg der Natur zurückgegeben werden."