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Abwasser Gärtnerfrust über gekappte Leitung

Bei einer Kontrolle der Abwasserleitungen ist der Wolmirstedter Wasser- und Abwasserzweckverband auf einen Schwarzanschluss gestoßen.

Von Gudrun Billowie 08.07.2020, 01:01

Wolmirstedt l In der Gartensparte „Bergkristall“ wäre es für einige Gartenpächter beinahe übel ausgegangen. Eines Tages hätten sie munter die Toilettenspülung betätigt, und das, was eigentlich weggespült werden sollte, wäre ihnen wieder entgegengekommen. Der Grund: Das Abwasserrohr wurde gekappt. Was für die Pächter plötzlich kam, war das Ende einer Kette aus Ahnungslosigkeit und Missverständnissen. Doch von vorn.

Regelmäßig schicken die Mitarbeiter des Wolmirstedter Wasser- und Abwasserzweckverbandes (WWAZ) Kameras durch ihre Leitungen. An einem Knotenpunkt der Abwasserleitung am Lindhorster Weg entdeckten sie einen Schwarzanschluss. Dort, wo mehrere Leitungen planmäßig zusammentrafen, gab es eine weitere, von der niemand wusste. Die „Schwarz“-leitung führte direkt in die Kleingartensparte „Bergkristall“.

Neun Gärten waren daran angeschlossen. Sie haben über diese Leitung unter anderem das Toilettenwasser ins Abwassernetz gespült. Allerdings nicht so, wie es den Vorstellungen des WWAZ entspricht. „Der Sammler war im wahrsten Sinne des Wortes aufgehackt worden“, berichtet WWAZ-Chef Frank Wichmann. Der Anschluss war nicht richtig abgedichtet, sodass Schmutzwasser versickern konnte. Der WWAZ erforschte daraufhin, was es mit dieser Leitung auf sich hat.

Dietrich Henze, dem Vorsitzenden der Sparte „Bergkristall“, war diese Leitung nicht bekannt. Auch die Stadt als Bodeneigentümer wusste von diesem Abwasseranschluss nichts. Aus Kleingärtnerkreisen der „Bergkristaller“ heißt es, diese Leitung sei bereits zu DDR-Zeiten gelegt worden.

Damals wurde der Lindhorster Weg erschlossen und offenbar haben einige Parzellenpächter die Gelegenheit genutzt, selbst eine Leitung an das offizielle Netz anzuschließen. Erzählt wird, die SED-Kreisleitung habe zugestimmt, die Gartenpächter haben selbst Hand angelegt und auch dafür bezahlt. Seither diente sie neun Kleingärten im „Bergkristall“.

Der WWAZ hat grundsätzlich nichts gegen diese Leitung einzuwenden, forderte allerdings, dass sie fachgerecht angeschlossen wird und die Anschlusskosten bezahlt werden. Das teilte er dem Kreisverband der Kleingärtner mit.

Kleingarten-Kreisverbandsvorsitzender ist Armin Bartz. Er gab das Schreiben an den Bergkristall-Vorsitzenden weiter, mit der Bitte, die entsprechenden Gartenpächter zu informieren, damit sie den Anschluss legalisieren können. Da Bergkristall-Vorsitzender Dietrich Henze nicht wusste, um welche Gärten es sich handelt, sollten Aushänge in der Gartensparte die Betreffenden erreichen. Aber aus Krankheitsgründen habe er das nicht rechtzeitig geschafft.

Die Folge: Die Kleingärtner erfuhren nichts von den WWAZ-Plänen, niemand meldete sich beim Wasser- und Abwasserzweckverband. Der „Schwarz“-anschluss wurde abgeklemmt, der Sammler abgedichtet. Hätten die entsprechenden Pächter nicht die Erdarbeiten gesehen und gefragt, was dort passiert, hätten sie ihre Toiletten ahnungslos weitergenutzt. Mit unangenehmen Folgen.

Wie die Geschichte weitergeht? Einige Kleingärtner sind offenbar daran interessiert, sich wieder ans Abwassernetz anzuschließen. Davon berichtete SPD-Stadtrat Nico Henning in der jüngsten Stadtratssitzung. Diesem Ansinnen erteilte Bürgermeisterin Marlies Cassuhn eine klare Abfuhr.

Die Stadt als Verpächterin des Grund und Bodens müsste einem Anschluss zustimmen und wird diese Zustimmung verweigern. Zum einen gibt es keinen Anspruch auf einen Abwasseranschluss von Kleingärten. Zum anderen gibt die Bürgermeisterin zu bedenken, Pachtzeiten von Kleingärten seien oft sehr kurz. Das bedeutet, die Stadt könne mitunter auf den Kosten sitzenbleiben, wenn Pächter verschwinden, ohne für den Abwasseranschluss gezahlt zu haben.

Abwasserbeiträge wären für Kleingärten übrigens nicht fällig, teil WWAZ-Chef Frank Wichmann mit. Das regele der Paragraf 13a des Kommunalverfassungsgesetzes Sachsen-Anhalts. Selbst für das Abwasser von Vereinshäusern werden keine Beiträge verlangt.

Trotzdem interveniert auch Kleingarten-Kreisvorsitzender Armin Bartz. Auch wenn zu DDR-Zeiten „unter der Hand“ manches anders geregelt wurde: Nach dem Bundeskleingartengesetz dürfen Lauben nicht so ausgestattet sein, dass man darin wohnen kann. „Ein Abwasseranschluss ist im Kleingarten nicht gestattet.“