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Bauen Wo einst der Rote Adler stand...

Wolmirstedt ist im Wandel und nicht jede Neuerung stößt vom ersten Moment an auf Gegenliebe.

Von Gudrun Billowie 20.10.2020, 01:01

Wolmirstedt l Die Bilanz im 30. Jahr der deutschen Einheit könnte für Wolmirstedt ziemlich traurig ausfallen: Kreisstadtstatus weg, Krankenhaus weg, Landratsamt weg... Aber es gibt auch Erfolge: Mit dem Gymnasium, der aufwändigen Sanierung der Schlossdomäne oder der kompletten Neugestaltung des Zentralen Platzes sowie dem Abriss einiger Zehngeschosser wurde die Stadt nachhaltig in die Zukunft gebracht. Und noch immer verändert sie sich.

Die Überraschung war groß, als der wilde Parkplatz in der Damaschkestraße im November vergangenen Jahres plötzlich eingezäunt war und eine Baustelle eingerichtet wurde. Es stellte sich heraus, dass eine Physiotherapie dort entstehen soll. Seither ist beinahe ein Jahr vergangen, längst wurde Richtfest gefeiert, das Haus trägt ein rotes Dach, einen hellen Putz und bald wird auch der Bauzaun wieder entfernt.

Mit diesem Haus hat die Straße ihr Gesicht verändert. Statt des freien Platzes gibt es nun an der Kreuzung Damschkestraße/Burgstraße wieder eine Häuserschlucht. Die künftige Physiotherapie schließt eine Baulücke, die eigentlich eine Wunde war, denn an dieser Ecke stand früher der Rote Adler.

Vermutlich bis Mitte der siebziger Jahre erstreckte sich entlang der Damaschkestraße das Hotel, der Anbau an der Ecke war ein Café und das Gebäude entlang der Burgstraße barg einen großen Saal (siehe Foto). Nach dem Abriss blieb eine brache Fläche zurück, ein unbefestigter Platz, der keinen guten Eindruck gemacht hat. Auch dem Roten Adler war der Glanz zuletzt längst abhanden gekommen.

Der Rote Adler überragte die Nachbargebäude deutlich, die neue Physiotherapie zeigt sich hingegen niedriger, freundlich, bescheiden, dieses Haus hat genau die richtige Größe. „Es musste zweigeschossig werden“, sagt Rathausmitarbeiterin Heike Pessel, die das Projekt mitbetreut hat, „es muss sich an die Eigenart der Umgebung anpassen.“ Ein Flachbau wäre an dieser Stelle Wolmirstedts nicht in Frage gekommen.

Im historischen Stadtkern unterliegt die Höhe der Häuser den Forderungen der Denkmalschützer. Die haben im Sanierungsgebiet, zu dem die Burgstraße gehört, immer ein Wörtchen mitzureden. Dazu zählt auch, dass die Mauern nicht in jeder beliebigen Farbe gestrichen werden können, die Gestaltung muss sich in der Farbpalette bewegen, die der Denkmalschutz vorgibt.

Dieses Haus hat einer vergessenen Ecke der Stadt ein helles Gesicht gegeben. Noch werden letzte Arbeiten erledigt, voraussichtlich im Januar wird es bezogen.

Ein Soda-Haus ist ein Haus, das einfach „so da“ steht. Ohne Bewohner, ohne Benutzer, ohne Bedeutung. So ein Haus steht seit einigen Jahren in der Straße der Deutschen Einheit. Besser gesagt: Das Haus ist ein Häuschen, eine Holzhütte, gestrichen in schwedenrot. Seit es dort steht, ist es verriegelt, weder die Tür noch die Fenster wurden je offen gesehen. Was ist das für eine geheimnisvolle Hütte?

Dieses rote Soda-Haus sollte eigentlich einen Imbissverkauf beherbergen. Doch der wurde nie eröffnet, keine Bratwurst, keine Cola sind hier je über die Theke gegangen. Die AWG als Grundstückseigentümer hat den Besitzer der Hütte schon mehrfach aufgefordert, sie zu entfernen. „Auch aus brandschutztechnischen Gründen“, erklärt AWG-Vorstand Michael Fiedler. Die letzte Frist ist am 9. Oktober verstrichen, das Häuschen steht nach wie vor dort. Einfach so da.

Auf dem Eckgrundstück Schwimmbadstraße/Meseberger Straße wuchsen bis vor kurzem noch Bäume, Büsche, wildes Gestrüpp. Nun ist dort ein Einfamilienhaus entstanden. Doch dieses neue Haus bekommt kaum jemand in voller Pracht zu Gesicht, denn es ist von einer hohen Mauer umgeben. Diese hohe Mauer warf bereits im Stadtrat einige Fragen auf. Rudolf Giersch (FUWG) wollte wissen: „Ist das erlaubt?“

Ist es offenbar. Zwei Meter hoch dürfen Einfriedungen sein. Empfohlen wird nach Sachsen-Anhalts Nachbarrecht aber auch, die Ortsüblichkeit zu beachten. Ortsüblich heißt, dass in der Gegend auch andere Grundstücke auf die selbe oder ähnliche Art eingefriedet sind.

Das ist bei dieser zwei Meter hohen Betonmauer nicht der Fall, sie steht als einzige ihrer Art an der Ecke Schwimmbadstraße/Meseberger Straße, umschließt das Haus, als wäre es eine Festung. Da diese Mauer aber kaum höher ist als erlaubt, also offenbar niemand etwas dagegen einwenden kann, wollen sich die Rathausmitarbeiter mit dem Eigentümer in Verbindung setzen. Doris Bunk hofft: „Vielleicht lässt sich die Mauer begrünen oder farblich gestalten.“

Eigentlich sollte der Umbau des Bahnhofsgebäudes im September starten. Doch noch scheint alles ruhig zu sein. Ruhiger als je zuvor, denn die Wohnungen im Obergeschoss sind bereits leergezogen. Trotzdem sind weder Presslufthämmer, noch Bohrmaschinen zu hören. Die Vorbereitungen gestalten sich zäh.

„Zunächst müssen wir dafür sorgen, dass der Fahrkartenverkauf weiterhin gewährleistet ist“, sagt Bodelschwingh-Haus-Vorstand Swen Pazina. Entsprechende Container zu besorgen und so zu bestücken, dass sie allen Anforderungen genügen, sei ein langes Prozedere. Etwa um den Jahreswechsel herum sollen sie stehen. Außerdem versucht das Bodelschwingh-Haus als Eigentümer des Bahnhofsgebäudes gerade, die Bäume des Vorplatzes zu retten, woanders hinzuverpflanzen. „Wir suchen ihnen gerade ein neues Zuhause.“ Im November soll die Baustelle sichtbar sein.