Neues Konzept: Wolmirstedter Ganztagsschule ist Referenzschule für kollegiales Lernen Bei Gutenbergs ist Abgucken erwünscht
Die Ganztagsschule Johannes Gutenberg ist ab sofort Referenzschule für kollegiales Lernen. Der Slogan dieser Aktion heißt "Abgucken erwünscht". Als eine von sechs Schulen Sachsen-Anhalts dürfen "Gutenbergs" diesen Slogan verwenden.
Wolmirstedt l Der Slogan "Abgucken erwünscht" richtet sich an die Lehrer. An die Lehrer der Gutenberg-Schule, aber auch an die Lehrer anderer Schulen, die regelmäßig in die Gutenberg-Schule kommen, um dort "abzugucken". Als Referenzschule hat die Gutenberg-Schule nun zusammen mit fünf anderen Schulen in Sachsen-Anhalt eine Vorreiterfunktion übernommen. Sie hat das individualisierte Lernen längst im Programm und das sollen andere "abgucken".
Diese Methode des individualisierten Lernens folgt der Tatsache, dass jedes Kind anders lernt, jeder Lehrer anders lehrt und dass außerdem jeder Mensch ein anderes Lerntempo hat. "Man kann nicht an jeden Schüler die gleichen Anforderungen stellen", sagt Schulleiter Helmut Thiel. Seit sich die Schule diesem Grundsatz verschrieben hat, gibt es keine Schulabbrecher und kaum Wiederholer.
Um die Schüler mit all ihren Stärken und Schwächen individuell zu fördern, müssen die Lehrkräfte weg vom ausschließlichen Frontalunterricht hin zum individualisierten Lernen. Was einst als hehres Ziel formuliert wurde, ist an der Gutenberg-Schule längst Wirklichkeit. Doch dafür müssen Lehrer qualifiziert werden, bevor die Schüler davon profitieren. "Ein paar Kollegen nehmen Fortbildungen im Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung und/oder in der Regionalstelle der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung wahr. Dort lernen sie Methoden der Fortbildung, die diese qualifizierten Lehrer wiederum bei ihren Kollegen in der Schule anwenden", so Thiel. Im Rahmen dieser Fortbildungen sollen Lehrer kollegial lernen, voneinander abzugucken. "Abgucken ist eine pädagogisch wertvolle Kompetenz", sagt Dr. Siegfried Eisenmann, Direktor des Landesinstituts für Schulqualität und Lehrerbildung. Dr. Eisenmann hofft, dass durch das gegenseitige Abgucken die Motivation zuerst der Lehrer, dann die Motivation der Schüler steigt. "Hirnpsychologen haben herausgefunden, dass Motivation alles ist", so Eisenmann.
Auch Sylvia Ruge, Leiterin der Regionalstelle der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung plädiert dafür, jegliche Methoden auf den zweiten Platz zu verweisen. Das Wesentliche sei die Haltung der Lehrer zu ihren Schülern. "Liebe Kollegen", sagt sie, "habt immer eine hohe Achtung vor den Schülern und sorgt dafür, dass die Kinder gestärkt aus der Schule herausgehen."
Damit Schüler gestärkt aus der Schule herausgehen, wird an der Gutenbergschule seit einiger Zeit das SPL praktiziert. Dieses Kürzel ist den Schülern geläufig, für Außenstehende muss es jedoch übersetzt werden. "SPL heißt Selbstorganisiertes praxisorientiertes Lernen", sagt Bendix Schulze. Der Schüler war bei der Titelverleihung mit seinem Mitschülern Nico Henning und Julian Sell dabei. Nico Henning berichtete dem Auditorium von einer Fortbildung in Rostock, an der Schüler und Lehrer gemeinsam teilgenommen hatten. Auch das gehört zum Konzept. "Wir haben die Aufgabe gestellt, dass eine Brücke aus Zeitungspapier gebaut werden soll, die ein Buch tragen kann. Dabei haben wir die Teambildung beobachtet, die notwendig war, um diese Aufgabe zu bewältigen", so Bendix Schulze.
Mit dem Titel "Abgucken erwünscht" wird die Ganztagsschule "Johannes Gutenberg" in Zukunft noch öfter Besuch von anderen Lehrern bekommen. "In Arbeitsgruppen werden wir noch intensiver die neuen Lösungsansätze diskutieren und erproben", so Helmut Thiel.