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Sommerfest in der Begegnungsstätte der Volkssolidarität Blick in die betuchte Geschichte: Nachtwäsche von anno dazumal

Von Karl-Heinz Klappoth 21.08.2010, 07:05

Barleben. "Nachtwäsche, das sagt schon der Name, ist Bekleidung, die ausschließlich für die Nacht gedacht ist", erläutert Bärbel Nowack, "und die gibt es streng genommen erst seit dem 16. Jahrhundert." Dieses Wissen hat die Moderatorin in alten Büchern nachgelesen, schließlich wollte sie jüngst den Senioren ein gutes Stück betuchte Geschichte aus der Zeit des 19. Jahrhunderts vermitteln.

Am Donnerstag wurde in der Begegnungsstätte der Volkssolidarität zum Sommerfest geladen. "Für unsere Mitglieder lassen wir uns stets etwas Besonderes einfallen", erläutert die Leiterin Margitta Pape, "und wenn ich ehrlich bin, sie erwarten auch stets etwas Außergewöhnliches. Diesmal haben wir sie mit einer historischen Nachtwäsche-Modenschau überrascht."

Die Überraschung gelang hundertprozentig. Denn lautes Gelächter füllte den Raum, verschmitzes Lächeln war bei vielen Gästen zu sehen und so manche amouröse Anekdote machte die Runde. Nach dem Auftritt der sechs Models, bis auf wenige Ausnahmen, alle jenseits der 60, gab es sogar einen Gewinner – den Heimatverein. Margitta Pape klärt auf: "Mit der Idee, unsere Senioren mit Nachtwäsche des 19. Jahrhunderts zum Sommerfest zu überraschen, beschäftige ich mich schon eine ganze Weile. Ich wusste nur nicht, wo ich fündig werden konnte. Bis ich gezielt die Heimatstube aufgesucht habe und in der alten Kleiderkammer stöbern durfte."

Da kam dann nicht nur die fast nagelneue Aussteuer-Wäsche einer Anneliese Lücke ans Tageslicht. Nach dieser Modenschau aber kann der Fundus des Heimatvereins beträchtlich aufgestockt werden. Manche Rentnerin ließ nämlich durchblicken, dass sie nicht nur manch gutes Stück auf dem Dachboden verstaut hat, "sondern das eine oder andere Teil noch ganz weit unten in meinem Kleiderschrank liegt".

"Was nicht verwundert", wie Bärbel Nowack verrät, "kam doch erst Anfang des 19. Jahrhunderts die Nachtwäsche für Frauen auf den Markt. Und wurde von Generation zu Generation weiter gereicht."

Aus gutem Grund: Die Nachthemden, davon konnten sich die Gäste überzeugen, waren noch bodenlang, an der Taille geschnürt und am Hals hochgeschlossen. Sie waren wie die gesamte weibliche Kleidung damals äußerst züchtig.

Geknöpfte Nachtwäsche, die in Höhe des Knies endete, war allein den Männern vorbehalten. Auch Nachtmützen oder Nachthauben wurden zur Nachtwäsche gerechnet, wie die Modenschau anschaulich zeigte.

Trotz der gelungenen Feier, bei der auch der Chor der Volkssolidarität zu hören war, haben Margitta Pape und ihr engagiertes Team jetzt ein Problem: Dieser grandiose modische Auftritt ist bei der nächsten Feier, die im Herbst ins Haus steht, nur ganz schwer zu toppen.