Camping Jersleber See fast offen

Der Wunsch der Barleber, den Jersleber See nun auch für Kurzzeitcamper zu öffnen, könnte in Erfüllung gehen.

Von Sebastian Pötzsch 17.06.2020, 01:01

Jersleber See l Doris und Ulrich Krüger haben sich bereits eingerichtet. Der Wohnwagen ist aufgebaut, das Vorzelt sowie der Pavillon stehen und Pudel Joli streift durch die Parzelle, die durch einen hüfthohen Zaun begrenzt wird. Der Ehegatte sitzt an einem Tisch und lackiert gut ein Dutzend Nussknacker nach erzgebirgler Tradition.

Das Ehepaar hat einen von insgesamt 190 Plätzen für Dauercamper am Jersleber See gepachtet und freut sich, hier einen Großteil seines Rentnerdaseins verbringen zu können. Bis vor wenigen Wochen waren die Aussichten, hier im Sommer überhaupt die Zelte aufschlagen zu können, eingetrübt. Denn ob die Barleber Gemeindeverwaltung in diesem Jahr noch den Betrieb des Naherholungsgebietes starten konnte, stand in den Sternen. So hatte der Buschfunk nämlich vermeldet, die Verwaltung nehme von einer Öffnung in diesem Jahr wegen der Corona-Situation Abstand. Damit wäre zudem weiterhin auch Spaziergängern der Weg um den See versperrt geblieben. Das rief Kritiker auf den Plan.

Doch am 30. Juni die Wendung: In einem Volksstimme-Gespräch erklärte Bürgermeister Frank Nase (CDU), das Naherholungsgebiet ab dem 2. Juni zunächst für die Dauercamper zu öffnen. Außerdem ließ er durchblicken, den gesamten Betrieb des Naherholungszentrums schrittweise wieder hochfahren zu wollen, in Abhängigkeit von der pandemischen Entwicklung und weiteren Verordnungen.

„Bis dahin war unsere Situation zwischen Hoffen und Bangen“, erinnert Doris Krüger. Einen Sommer ohne ihren geliebten Platz am Jersleber See war für beide kaum vorstellbar. Sie selbst sei hier seit 18 Jahren Stammgast, ihr Ehemann sogar schon seit 30 Jahren. „Ich habe meine Frau damals mit diesem Virus infiziert“, scherzt Ulrich Krüger.

Allerdings bringen die Dauercamper auch Verständnis auf. „Dass hier geschlossen ist, war für uns von Anfang an in Ordnung, wenn auch schade. Anders hätten ja die damals aktuellen Regeln gar nicht eingehalten werden können“, sagt die Gattin, die übrigens als Mitglied des Campingrates die Interessen der Dauercamper gegenüber der Gemeinde als Betreiberin des Naherholungsgebietes vertritt.

So viel Verständnis wie das Ehepaar Krüger hatten andere nicht aufgebracht. Kritikern reichte die Öffnung des Platzes nur für Dauercamper nicht. So forderten Bürger die Öffnung des Gebietes wenigstens für Spaziergänger und Kinder, die den Spielplatz nutzen wollen. Ratsmitglieder um Edgar Appenrodt (FWG/Grüne) forderten gar die sofortige Eröffnung der Badesaison und reichten einen Antrag auf Einberufung einer Sondersitzung des Gemeinderates ein. In dem Papier warfen die Politiker der Verwaltung fehlendes Handeln vor.

Am gleichen Tag verteidigte Bürgermeister Frank Nase (CDU) in der Volksstimme sowie per Pressemitteilung das Vorgehen. So hätte der Krisenstab seit Monaten an Strategien gearbeitet. Seit Mitte April seien die Mitarbeiter des Naherholungsgebietes mit einbezogen und gemeinsam beschlossen worden, dass der See ganzjährig geschlossen bleiben muss, sollte keine neue Verordnung der Landesregierung kommen.

Dennoch sei ein Drei-Stufen-Plan zur Öffnung des Jerslebers erstellt worden. Erst mit der 6. Eindämmungsverordnung vom 28. Mai habe ein neuer Sachstand vorgelegen, der die Umsetzung des Drei-Stufen-Plans möglich machte. Zudem hatte Frank Nase auf Probleme praktischer Natur hingewiesen. So dürfen laut aktueller Vorschriften des Landkreises insgesamt nur 962 Menschen zur gleichen Zeit auf dem Gelände des Naherholungsgebietes verweilen. Abzüglich der bereits 240 zugelassenen Personen des Dauercampingplatzes und der künftig 100 erlaubten Kurzzeitcamper blieben nur 622 Tagesgäste. Damit sei kein Geschäft zu machen.

Und der Rathauschef sprach von weiter steigenden Kosten wegen zusätzlicher Sanitär-Container und einzusetzendem Sicherheitspersonal, das auch für die Erhebung der Gästezahlen auf dem Gelände zuständig ist. Und noch mehr Rettungsschwimmer sähen die Auflagen vor sowie die komplette Absperrung des Strandes mit Bauzäunen im Falle der Öffnung nur für Tagesgäste.

Die Fraktionen FUWG/Grüne, SPD/Linke und FDP beließen es indes bei ihrem Antrag auf Sondersitzung. Diese fand am 5. Juni statt. Hier hatte der Bürgermeister ebenfalls dargelegt, woran es bei der Eröffnung des Jerslebers hapert und stellte nunmehr einen detaillierten Drei-Stufen-Plan vor, ausgearbeitet in Zusammenarbeit mit dem Krisenstab der Verwaltung. Demnach war die erste Stufe mit der Öffnung des Naherholungsgebietes für Dauercamper bereits drei Tage zuvor gezündet worden. Die zweite Stufe betrifft die Öffnung für Kurzzeitcamper, die dritte die Öffnung des Strandbades. Die Zündung war im Abstand von etwa zwei Wochen vorgesehen.

Nach den Ausführungen des Rathauschefs hatten Teile des Rates die Informationspolitik der Verwaltung kritisiert. „Der Gemeinderat hätte wohl nicht durchgeführt werden müssen, wenn alle den gleichen Stand gehabt hätten“, sagte Franz-Ulrich Keindorff (FDP). So folgte die Mehrheit des Gemeinderates einer Beschlussvorlage der Fraktion FWG/Grüne, nach der der Jersleber See mit Spielplatz für Tagesgäste und die Badesaison am 23. Juni eröffnet werden soll.

Damit wäre also das Naherholungsgebiet unverzüglich für Tagesgäste zu öffnen gewesen. Doch bis jetzt ist dahingehend nichts passiert. Schließlich muss der Landkreis zustimmen.

Und das funktioniert offenbar nur schrittweise. Denn für jeden der Bereiche des Naherholungsgebietes muss die Verwaltung ein stichhaltiges Hygienekonzept erarbeiten und dem Gesundheitsamt des Landkreises vorlegen. Für den Bereich der Dauercamper kam das Okay, für die zweite Stufe steht die positive Nachricht noch aus. „Aber unser Plan für die Kurzzeitcamper steht“, erklärt Karolin Braunsberger-Reinhold, Leiterin des Bürgermeisterbüros, auf Volksstimme-Nachfrage. Die entsprechenden Hygienekonzepte lägen beim Landkreis vor, Mitarbeiter des Gesundheitsamtes seien bereits vor Ort gewesen. Ferner seien Beprobungen des Gewässers sowie des Trinkwassers vorgenommen. „Das sind allerdings normale Kontrollen, die jedes Jahr durchgeführt werden“, erklärt die Verwaltungsmitarbeiterin und fügt hinzu: „Nun warten wir auf Rückmeldung.“

Wenn alles glatt geht, können ab kommenden Freitag, 19. Juni, Freizeitcamper das Areal erobern.

Doch bis dahin gibt es noch einiges zu tun. So müssen noch die zusätzliche WC- sowie Duschcontainer aufgestellt werden. „Weil in den bereits existierenden Sanitärbereichen die Abstandsregeln eingehalten werden müssen, fehlt es an genügend Fläche. Die müssen über die Container ausgeglichen werden“, erläutert Braunsberger-Reinhold. So dürfen beispielsweise höchstens zwei Personen zugleich einen Sanitärbereich nutzen. Entsprechende Hinweise an stark frequentierten Plätzen sollen die Gäste für die strengen Regeln sensibilisieren.

„Die ganzen Maßnahmen umzusetzen, ist nicht ohne“, sagt unter dessen der Teamleiter am Jersleber See, Patrick Säuberlich. Der Beschluss des Gemeinderates habe ganz schön Druck aufgebaut. Schließlich wollen auch die Dauercamper umsorgt werden. 190 Plätze sind belegt, rund 15 mehr als im Vorjahr. „Damit sind wir jetzt so gut wie am Ende. Für mehr ist einfach kein Platz“, sagt der Betriebschef. Rund ein Drittel der Dauercamper sei aktuell „draußen“, genießt also die sommerlichen Temperaturen am Jersleber.

Nun laufen auch noch die Vorbereitungen für die Kurzzeitcamper auf Hochtouren. So haben tatsächlich ab 19. Juni bereits fünf Gruppen ihr Kommen angemeldet. „Für August sind es schon etliche mehr“, sagt Säuberlich.

Dauercamper Krügers schauen ebenfalls positiv in die Zukunft. „Wir freuen uns schon auf die Kurzzeitcamper“, betont Gattin Doris. Und sie findet die zusätzlichen Sanitärcontainer, die demnächst aufgestellt werden sollen, gut, sagt sie. „Dann sind endlich genug Toiletten für alle da.“

Übrigens soll die dritte Stufe auch bald gezündet werden. „Am 23. Juni wollen wir auch den Badebetrieb öffnen“, hofft nämlich Büroleiterin Karolin Braunsberger-Reinhold. Damit würde die Verwaltung die Vorgaben des Gemeinderates tatsächlich schaffen. So ist für 12 Uhr Anbaden mit dem Bürgermeister und Ratsmitgliedern geplant. Allerdings unter Vorbehalt – noch stehen die Genehmigungen des Landkreises aus.