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Coronavirus Schrebergärten immer begehrter

Das Kleingartenwesen erlebt in der Corona-Krise einen neuen Boom, auch in Wolmirstedt.

Von Gudrun Billowie 27.04.2020, 01:01

Wolmirstedt l Severin und Mandy Mielke haben sich getraut, vor einer Woche einen Schrebergarten übernommen. Wegen der Kinder, sagen sie, und schauen liebevoll zum Zwillingswagen. Darin schlummern friedlich Lennox Joel und Tamika Ellen. Hin und wieder schaukelt Oma Carmen Westerhaus den Wagen. Noch können die Winzlinge den Garten nicht genießen, lediglich die frische Luft. Doch wenn die beiden krabbeln oder laufen können, sollen sie dort eine Art Paradies erleben. Dafür wollen ihre Eltern ordentlich zupacken. Dort, wo derzeit noch eine Brücke über einen künstlich angelegten Teich führt, soll später ein Sandkasten Platz finden. Auf den Beeten sollen Erdbeeren zum Naschen wachsen. Bis dahin haben die Mielkes viel zu tun. Noch dominiert das Unkraut.

Dieses Schicksal teilen sie mit vielen Neu-Gärtnern, denn nicht jeder Garten wird in einem tadellosen Zustand an die neuen Nutzer übergeben. In manchen Fällen sind sogar die Stromrechnungen nicht bezahlt. Wer kommt für solche Hinterlassenschaften auf?

Walter Niebling ist der Vorsitzende der Sparte „1947“ und zeigt so einen verlassenen Garten, die Pächter sind vor anderthalb Jahren verschwunden. Auf den Beeten blühen Erdbeerpflanzen, beinahe das Einzige, was an Gartenkultur erinnert. Ansonsten liegt zwischen Löwenzahn verstreut, was einmal nützlich war: Rasenmäher, Spielzeug, Gartenstühle. Inzwischen alles Müll.

Auch im Schuppen presst Undefinierbares von innen gegen die geschlossenen Türen. Die Laube, zu DDR-Zeiten massiv gebaut, kann nur noch als Deponie beschrieben werden. Ein Geschirrspüler wurde nie geleert, der Strom, mit dem er einst betrieben wurde, nie bezahlt.

Wer aber kümmert sich um die Entsorgung, wer zahlt dafür? Wer übernimmt Stromkosten, die ehemalige Pächter schuldig bleiben?

„Dafür sind die Vereine selbst verantwortlich“, sagt Armin Bartz. Er ist der Vorsitzende des Kleingartenkreisverbandes und bedauert: „Im Zweifel bleiben Kleingartenvereine als Verpächter der Parzellen auf den Kosten sitzen.“ Das heißt: Alle Mitglieder zahlen für diejenigen, die sich nicht an Regeln halten. Gibt es einen Schutz?

„Inzwischen nimmt jeder Verein von neuen Pächtern eine Kaution“, sagt Amin Bartz, „200 bis 250 Euro sind empfohlen.“ Diese Kaution wird bei Beendigung des Pachtvertrages zurückgezahlt oder für notwendige Aufräumarbeiten verwendet. In Gärten, wie Walter Niebling einen zeigt, wird das Geld wohl nicht reichen.

Seit Beginn der Corona-Krise steigt die Nachfrage nach Kleingärtern. Umgraben statt reisen, Äpfel vom Baum pflücken, statt in Folie eingeschweißtes Obst im Supermarkt zu kaufen, das erscheint mehr Menschen als sonst erstrebenswert. Von diesem Trend haben Vereine lange geträumt.

Deshalb sei der Kreisverband froh über die aktuelle Nachfrage. „Bis vor kurzem wurden in Zeitungsanzeigen vor allem Gärten angeboten, inzwischen inserieren die Leute, weil sie einen Garten suchen.“ Trotz der Trendwende bleibt die Freude des Kreisvorsitzenden Armin Bartz verhalten. „Es dürfen keine Eintagsfliegen sein.“

Wer einen Kleingarten übernimmt, muss das bundesdeutsche Kleingartenrecht akzeptieren. Demnach seien Kleingärten weder Erholungszentren noch Spielwiesen. Wichtig sei, sagt Armin Bartz, dass die Kleingärtner Obst und Gemüse anbauen und sich in die Gemeinschaft einfügen.

Der Kreisvorsitzende hat es schon erlebt: „Es gibt Leute, die als erstes Bäume absägen und dann ein Pool oder Trampolin aufbauen.“ Das stehe dem Kleingartenwesen entgegen, außerdem sei der Aufbau solcher Freizeitgeräte genehmigungspflichtig.

Wer durch Kleingartenanlagen spaziert, sieht, dass die meisten Kleingärtner ihren Garten nutzen, sich zumindest teilweise mit Obst und Gemüse selbst versorgen. Immerhin bieten selbst angebaute Früchte alles, was immer mehr Menschen wollen: sie sind regional und bio. Doch was, wenn die Kraft nachlässt, die Lust oder die Zeit fehlen?

Viele geben ihren Garten rechtzeitig ab, aber es kommt eben auch vor, dass der Verein auf Gärten sitzenbleibt, die nicht vermittelbar sind, jedenfalls nicht, ohne vorher aufzuräumen. Solche Gärten, wie Walter Niebling einen zeigt.

In Wolmirstedt gibt es 18 Kleingartenvereine, der Leerstand ist längst nicht so hoch, wie in den umliegenden Dörfern. Das freut sie Schreberfreunde, denn ungenutzte Gärten sind für den gesamten Verein eine Belastung. Auch, weil der Wind die Samen allzu hohen Unkrauts in die Nachbargärten pustet.

Severin und Mandy Mielke wollen zwar für ihre Zwillinge später einen Sandkasten bauen, aber sie freuen sich auch auf die Arbeit im Grünen, den Anbau von Obst und Gemüse. „Gerade in der Corona-Krise ist es schön, einen eigenen Garten zu haben.“

Wer einen Garten sucht, kann unter www.kreisverband-kleingaertner-wolmirstedt.com schauen oder 039201/270972 wählen..