Bürgerhaus Das Bürgerhaus in Wolmirstedt wird bald eine Baustelle
Wegen Corona ist das ehemalige Herrenhaus auf der Wolmirstedter Schlossdomäne fast menschenleer, doch bald kommen die Bauarbeiter.

Wolmirstedt Von Gudrun Billowie
Das Bürgerhaus auf der Schlossdomäne gilt als ein kulturelles Zentrum der Stadt. Wegen Corona bleiben die Türen geschlossen. Doch damit das alte Herrenhaus eine Zukunft hat, rücken bald Bautrupps an.
Das Bürgerhaus steht seit 250 Jahren auf der Schlossdomäne, war einst Wohnsitz des Domänenpächters. Das ehrwürdige Haus ist ein Schmuckstück und soll auch künftigen Generationen erhalten bleiben. Deshalb rücken in wenigen Monaten Bautrupps an. Ob die Arbeiten den Kulturbetrieb überhaupt stören, ist ungewiss. Wegen Corona ist das Haus ohnehin weitgehend menschenleer.
Läuft alles nach Plan, wird das Bürgerhaus in zwei Jahren nahezu barrierefrei sein. Ein Aufzug soll den Schlosskeller und das erste Obergeschoss verbinden. Der wurde bisher vermisst. Menschen, die nicht gut zu Fuß sind, haben Veranstaltungen im Schlosskeller mitunter vermieden. Der Schlosskeller selbst lässt sich zwar durch den Schlossgarten an der Südseite des Hauses über wenige Stufen erreichen, aber wer zwischendurch die Toilette aufsuchen will, muss innerhalb des Hauses die steilen Stufe ins erste Geschoss nehmen.
Fahrstuhl, Treppenlift und behindertengerechte Toiletten
Doch auch der Eingang vom Schlossgarten in den Keller soll für gehbehinderte Menschen bald gar keine Hürde mehr sein. Zur Terrasse soll ein Treppenlift führen, Stufen werden angeglichen, Innentüren verbreitert und Türschwellen beseitigt. Für all das werden 349 000 Euro in die Hand genommen, vor allem fließen Fördermittel der Europäischen Union aus dem Leaderprogramm.
Doch so romantisch sich das historische Gemäuer auch präsentiert, an vielen Stellen hat der Zahn der Zeit ganze Arbeit geleistet. Bei genauerem Hinsehen haben Experten Risse am Giebel gefunden und bemerkt, dass Feuchtigkeit dem Fachwerkanbau schadet, dass dicke Holzbalken nicht mehr zuverlässig tragen. Auch der Dielenboden im Dachgeschoss ist arg in Mitleidenschaft gezogen und muss weitgehend erneuert werden. Die Fenster haben die besten Zeiten hinter sich.
Risse in Mauern werden beseitigt
Deshalb werden sie erneuert, die Sandsteinwände und äußeren Sohlbänke saniert, die Risse am Giebel geschlossen, die Fassaden gemalert, Wein und Efeu an der Südfassade entfernt sowie das Südmauerwerk saniert.
Eine wichtige Rolle wird dem Brandschutz zugeschrieben. Am Fachwerkgiebel wird eine Stahltreppe als zweiter Rettungsweg angebaut, ebenfalls aus Brandschutzgründen zwischen Trauzimmer und Festsaal eine Tür eingebaut. Für all die Sanierungsmaßnahmen hat die Stadt 720 000 Euro zur Verfügung, die stammen aus dem Fördertopf für Städtebaumittel.
Die Umbau- und Sanierungsarbeiten beginnen zum Ende des Jahres, das Haus kann währenddessen zumindest teilweise genutzt werden. Zurzeit herrscht im Haus allerdings wegen Corona zumeist gähnende Leere.
Vereine treffen sich nur noch online
Gewöhnlich treffen sich dort Vereine und Interessengruppen, doch viele haben sich seit Monaten nicht gesehen. Der Fotoclub „Iris“ ist vollständig auf Onlinekontakte geschwenkt. Die Hobbyfotografen präsentieren ihr Fotos auf der Internetseite www.fotoclubiris.de. „Jeden Monat geben wir ein Thema vor und küren unter den Einsendungen das Foto des Monats“, erzählt Iris-Vorsitzender Jürgen Sturtzel. In diesem Monat stand der Buchstabe A im Mittelpunkt. Das Siegerbild zeigte eine A-förmig gebogene Orchideenrispe vor einem gelben Hintergrund aus Forsythien.
Die Töpferinnen zählen zu den wenigen verbliebenen Nutzern des Bürgerhauses. Eigentlich sind das drei Gruppen mit jeweils acht Teilnehmerinnen, doch so viele dürfen seit Corona nicht gleichzeitig in der Töpferstube arbeiten. „Wenn es überhaupt möglich war zu töpfern, haben wir uns aufgeteilt“, erzählt Margit Wolff.
Der Gemischte Chor hat sich seit Monaten nicht gesehen. Im vergangenen Sommer haben die Sängerinnen und Sänger manchmal draußen in großem Abstand zueinander gesessen und gesungen, aber seit Herbst ist der Chorbetrieb ganz eingeschlafen. Halten die Chormitglieder trotzdem Kontakt? „Wir hören über Whatsapp voneinander“, sagt die Vorsitzende Gisela Krohn, besonders an Geburtstagen werde aneinander gedacht.
Die Aura des Persönlichen fehlt
Seit Kurzem sind auch die Freimaurer im Bürgerhaus angesiedelt, doch die Lage lässt keine Treffen mehr zu. „Wir treffen uns online“, sagt Bernd Rothämel, der Meister vom Stuhl dieser Loge, „aber die Aura, das bestimmte Flair fehlen. Das ist schwierig, denn Freimaurerei ist eine sehr persönliche Geschichte.“
Das Bürgerhaus wird vom Schranke-Verein betrieben. Vorsitzende Christina Laqua hofft unverdrossen, dass bald wieder Leben ins Haus kommt. „Die neuen Holzbänke im Schlossgarten stehen bereit.“