Heimatgeschichte Die "Alte Apotheke" hat viel zu erzählen
Seit ihrer Eröffnung im Jahr 1952 hat die "Alte Apotheke" in Barleben viel erlebt. Die Volksstimme blickt auf ihre Geschichte.
Barleben l Im Sommer umrankt sie ein dichter, saftig grüner Mantel aus Weinlaubblättern, im Herbst färben sie sich nach und nach Rot und ziehen die Blicke auf das Haus. Die „Alte Apotheke“ in Barleben gehört zum Komplex der Mittellandhalle im Breiteweg und ist seit einigen Jahren im Besitz der Gemeinde. Doch das war nicht immer so.
Im Jahr 1952, als das Gelände noch der Konsumgenossenschaft gehörte, war in dem Gebäude – einst Teil einer Stallanlage des früheren Vier-Seiten-Hofes – eine staatliche Apotheke eröffnet worden. Der erste Apotheker hieß Erich Haese. „Er entstammte einer Apothekerdynastie. In Genthin und Magdeburg gab es Mitglieder seiner Familie, die ebenfalls Apotheken leiteten“, erklärt Heike Hildebrandt, Vorsitzende des Barleber Heimatvereins.
Später übernahm nach den Erinnerungen von Verona Juhl der Apotheker Wolfgang Goethe die Geschäfte. Frau Juhl war in der Folge wiederum lange Zeit unter verschiedenen Chefs in der Apotheke angestellt. Bis 1965 seien dort auch die Infusionslösungen für das damalige Krankenhaus in Wolmirstedt hergestellt worden.
Nachdem sich auch Herr Goethe in den Ruhestand verabschiedet hatte, trat seine Nichte in seine Fußstapfen. Johanna Schulz sei damit die erste weibliche Apothekerin in Barleben gewesen.
„Die nächste Frau, die als Barleber ‚Apothekerin‘ in die Geschichte einging, hieß Erdmute Schulz. Sie war nicht mit ihrer Vorgängerin verwandt, und kam als Pharmazie-Assistentin nach Barleben“, berichtet Heike Hildebrandt. Während ihrer Zeit in Barleben habe Erdmute Schulz ihr Studium als Pharmazie-Ingenieurin abgeschlossen. „Das hieß aber, dass sie die Apotheke nicht allein leiten durfte. Das durften nur ausgebildete Apotheker“, erklärt die Vereinsvorsitzende.
Deshalb sei die staatliche Apotheke in eine sogenannte Ausgabestelle umgewandelt worden. „Obwohl der Staat seine Macht ausübte und den ausgebildeten Apothekern für ein Jahr den Einsatz vorschrieb, war es schwer, die Stellen auf den Dörfern zu besetzen. So lebte man mit dieser Lösung“, erklärt die Barleberin.
Nach der Wende übernahm 1991 wieder ein Apotheker die Ausgabestelle: Dr. Klaus Hentrich. 1992 erwarb er sie käuflich von der Treuhand und nannte sie „Ludwig Bechstein Apotheke“. „Dr. Hentrich war auf diesen Namen sehr stolz. Es gab ihn für eine Apotheke wohl tatsächlich deutschlandweit nur ein einziges Mal“, sagt die Heimatfreundin und fügt noch eine kleine Anekdote hinzu: „Besagter Ludwig Bechstein lebte übrigens zur gleichen Zeit wie die Gebrüder Grimm. Er war Apotheken-Gehilfe und seine Leidenschaft gehörte den Thüringer Märchen. Er schrieb sie auf und erhielt sie so, gerade wie die Gebrüder Grimm es taten, der Nachwelt.“
Hentrich beschäftigte vier Angestellte: zwei Pharmazie-Ingenieure, einen Lehrling und eine Reinigungskraft. Nach 13 Jahren schloss er die Aptoheke aus Altersgründen. „Er hatte inzwischen das 75. Lebensjahr erreicht und sein Gesundheitszustand war nicht der Beste. Im Jahr darauf starb er“, blickt Heike Hildebrandt zurück.
Frau und Tochter verkauften die Apotheke 2011 schließlich an die Gemeinde Barleben. Das Ensemble des einstigen Vier-Seiten-Hofes ist seitdem wieder vereint, doch die „Alte Apotheke“ steht bis heute leer. Seit 2012 hatte der Heimatverein mehrmals im Jahr die Schaufenster unterschiedlich dekoriert.
Seit Beginn des Jahres wird das Gebäude, das als Teil des Vier-Seiten-Hofes 1775 errichtet worden war, saniert. Beim Freilegen der alten Mauern sei sichtbar geworden, dass es ursprünglich einen Hofdurchgang zur Dahlenwarsleber Straße, dem früheren Dahlweech, gegeben haben muss. Und damit, erklärt Heike Hildebrandt, sei eine alte Legende bestätigt worden: Durch das Tor seien die Landarbeiter früher immer erst nach links Richtung Breiteweg gefahren, obwohl die Felder am Dahlweech gelegen hatten. Der Grund: Sie wollten wissen, wie spät es ist und konnten vom Breiteweg aus einen Blick auf die Kirchturmuhr werfen.
Aus diesem Grund habe „Rübenbaron“ Max Koch schließlich eine Sonnenuhr zum Dahlweech anbringen lassen. „Seine Leute konnten nun direkt auf die Felder fahren.“ Diese Sonnenuhr hatte 1991 der Apotheker Dr. Hentrich wieder herrichten lassen, erklärt Heike Hildebrandt. „Schauen wir mal, wie die Geschichte dieses Barleber Gebäudes weitergeschrieben wird.“