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Karl Wiegel organisiert seit 15 Jahren das Leistungspflügen in Flechtingen und bekommt die silberne Ehrengabe des Landrates der Börde Geschwindigkeit spielt beim Pflügen keine Rolle

Von Anett Roisch 16.08.2011, 06:32

Mehrere tausende Zuschauer haben am Sonntag das Leistungspflügen und Holzrücken in Flechtingen besucht. Zu dem traditionsreichen Wettbewerb waren 13 Teilnehmer mit Pferdepflug angetreten. Nach althergebrachter Art bearbeiteten sie Ackerflächen ganz ohne Motorleistung. Karl Wiegel, der vor 15 Jahren den Wettbewerb ins Leben rief, bekam die silberne Ehrengabe des Landrates der Börde.

Flechtingen. Sonntag, pünktlich um 9.30 Uhr, begrüßt Hubertus Nitzschke, Vorsitzender des Flechtinger Heimat- und Mühlenvereins, die Gäste zum 15. Leistungspflügen. Die Pferde sind angespannt, als Anne-Marie Keding, Staatssekretärin im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, sich für die Organisation des 15. Leistungspflügens und Holzrückens als Landesmeisterschaft für Sachsen-Anhalt bedankte. "Ich freue mich, dass hier die alte Kulturtechnik des Pflügens mit Zugpferden gepflegt wird und damit das Wissen um die Arbeit mit Pferden am Boden vermittelt wird", sagt die Staatssekretärin und bedankt sich im Besonderen bei Karl Wiegel, der vor 15 Jahren diese Wettbewerbe ins Leben gerufen hat.

"15 Jahre Leistungspflügen - das kommt nicht von ungefähr. Da braucht man jemanden, der sich vor den Pflug spannt. Karl Wiegel hat das Leistungspflügen nicht nur aus der Taufe gehoben, sondern auch seinen Enkel Thomas Klumpe angelernt und so rechtzeitig schon für einen Nachfolger gesorgt", weiß Ralf Geisthardt, Landtagsabgeordneter und Präsident des Kreissportbundes Börde. Er überreicht Wiegel die silberne Ehrengabe des Landrates, die zweithöchste Auszeichnung des Landkreises.

"Waldarbeit mit Hektik - das funktioniert nicht"

Wiegel ist gerührt, bedankt sich für die Ehrung, wischt sich schnell eine Träne aus dem Augenwinkel und weist darauf hin, dass er vor 15 Jahren nicht allein, sondern mit Paul Körtge und Karl Stützer, die leider schon gestorben sind, zu dritt den Wettbewerb ins Leben gerufen hatte.

Glückwünsche für die Ehrung gab es auch von Flechtingens Verbandsgemeindebürgermeister Jürgen Wille und Flechtingens Bürgermeister Dr. Dieter Schwarz.

Weiter geht es im Programm. Die 13 Männer, die sich mit ihren Pferden am Leistungspflügen beteiligen, stellen sich den Richtern vor.

"Langsam, laaangsam, brrr", sagt Thomas Klumpe, der mit der Startnummer eins die Parade der Pfluggespanne anführt. Seine Pferde Oskar und Emma folgen artig den Kommandos. Die massigen, braunen Pferdekörper auf kräftigen, schwarzen Beinen agiert Klumpe auf den Zentimeter genau.

"Geschwindigkeit spielt beim Pflügen mit Pferden überhaupt keine Rolle. Es kommt darauf an, die Furche exakt zu ziehen", sagt der 27-jährige Flechtinger. "Pflügerichter legen vor Beginn des Wettbewerbs in Abhängigkeit vom Boden und Witterungsverhältnissen die Tiefe der Furche fest. Diese Tiefe gilt es möglichst einzuhalten. Ebenso eine gerade Furche und ein gleichmäßiges Bild der umgeworfenen Schollen sind gewünscht.

"Das funktioniert nur, wenn das Gespann absolut gleichmäßig und gerade läuft", weiß auch Walter Heuer aus Brunau. Am Ende einer Furche wird der Pflug ausgesetzt, die Pferde gewendet und dann geht es weiter. Nebenan lässt Tino Fehse aus Solpke die Egge von seinen Pferden Hansi und Menne durch den Boden ziehen. Ab und zu stoppt er, justiert den Pflug nach oder zückt den Zollstock aus der Hosentasche, um die Tiefe der gepflügten Furche zu messen. "Hott, rum in die Furch", ruft Matthias Sroka aus Wehnde den kraftvollen Kaltblütern Franz Joseph und Norbert zu. Mehr als ein paar Worte braucht er hinter dem Pflug nicht, um die Pferde zu lenken. "Die haben permanenten Allradantrieb mit stufenlosem Automatikgetriebe und Sprachsteuerung. Da soll ein Traktor erstmal mithalten", feixt Jürgen Kaschubiak aus Gardelegen.

"Beim Pflügen geht es nicht ums Tempo, die Präzision macht den Sieger", erklärt Heuer, der zum Schluss den ersten Platz belegt.

"Waldarbeit mit Hektik, das funktioniert überhaupt nicht. Der Holzrücker im Wald muss ständig darauf bedacht sein, dass ihm und seinem Pferd nichts passiert", weiß Mathias Buchmann aus Braunschwende, der das Holzrücken in acht Minuten und 23 Sekunden absolviert.

Landrat Hans Walker ist begeistert von den Leistungen der Wettbewerbsteilnehmer und vom Engagement der Mitglieder des Heimatvereins.

Walker ehrte die Sieger der Wettbewerbe zum krönenden Abschluss der Veranstaltung.