Jugend Von der Idee zur Aktion

Die Gemeinde Niedere Börde soll künftig durch mehr Radwege erschlossen werden.

Von Sebastian Pötzsch 14.07.2020, 01:01

Groß Ammensleben l Bereits der erste Workshop „Jugend und Kommune“ Anfang März diente den zunächst acht teilnehmenden Jugendlichen der Team- und Ideenfindung. Dazu war unter anderem ein Brainstorming durchgeführt worden. Abwechselnd schrieben erst die Jungen und dann die Mädchen Dinge auf Zetteln, die ihnen in der Gemeinde gefallen beziehungsweise nicht gefallen. Demnach schätzten die jungen Leute die Natur, die Kitas, den Hort, die Jugendfeuerwehren sowie den Jugendclub in Groß Ammensleben als positiv ein. Als negativ werteten sie fehlende Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten sowie schlechte Verbindungen des öffentlichen Personennahverkehrs.

Am Ende des Tages hatten sich die jungen Leute auf ihr Vorhaben geeinigt: Die Orte in der Gemeinde sollen endlich über Fahrradwege miteinander verbunden werden. Vor allem wollen die Jugendlichen unabhängig von den Eltern in die Nachbarorte der Gemeinde fahren, um in die Schule zu kommen, Freunde zu besuchen oder an einen der Haltepunkte des Öffentlichen Nahverkehrs wie den Bahnhof in Groß Ammensleben und von dort beispielsweise nach Magdeburg zu gelangen.

Am Sonnabend nun stand die Konkretisierung eines der Themen auf der Tagesordnung. Dieses Mal haben zwölf Jugendliche teilgenommen. „Es wurden noch einmal die drei Wünsche aus dem vergangenen Workshop diskutiert, also die Installation einer Jugenddisco, die Organisation eines Gemeindefestes sowie der Ausbau von Radwegen“, berichtet Daniela Baars, Fachdienstleiterin „Bürgerdienste“ bei der Gemeindeverwaltung und Mitinitiatorin des Workshops. Gemeinsam mit Dozent Daniel Adler vom Jugendverband „Junge Europäische Föderalistinnen und Föderalisten“ wurde am Ende folgendes Ziel formuliert: „Wir wollen politisch zum Ausdruck bringen, dass wir neue Radwege haben wollen.“ Konkret fordern die jungen Leute eine Radwegverbindung zwischen Dahlenwarsleben und Groß Ammensleben sowie zwischen Samswegen und Groß Ammensleben.

Anschließend ging es in die nächste Diskussion. So stand die Frage im Raum, wie das nun formulierte Ziel auch praktisch angepackt, wie die Öffentlichkeit mobilisiert oder wie diverse Entscheider mit ins Boot geholt werden könnten. „Am Ende wurde die Idee geboren, zunächst mit einer Demonstration der Forderung Nachdruck zu verleihen“, berichtet Daniela Baars weiter. So soll noch in diesem Jahr eine „Radparade“ in Anlehnung an die einstige „Loveparade“ organisiert werden. Stilecht soll der Zug der Radler von einem Wagen angeführt werden, auf dem DJs mit elektronischer Musik für Stimmung sorgen.

Dafür seien in einer „Wer-macht-was-Liste“ die Aufgaben verteilt worden. So müssen die Jugendlichen Kontakt zu Kulturvereinen wie etwa den Karnevalclubs aufnehmen und um Unterstützung bitten. Sicherlich würden die jungen Leute hier auch auf Gleichgesinnte treffen, die an ihrer Seite für das Projekt eintreten. Es geht aber auch um Hilfe materieller Art. So können sich die Teilnehmer vorstellen, mit einem Wagen der Karnevalsvereine unterstützt zu werden. Ferner wollen die jungen Leute Politiker aus der Kommune sowie auf Landkreisebene in den politischen Prozess einbinden. Während des nächsten Treffens Ende August sollen erste Ergebnisse vorliegen und besprochen werden.

Ziel des Workshops „Jugend und Kommune“ ist es, Jugendliche für Kommunalpolitik zu begeistern. Grundlage bildet der Paragraph 80 des Kommunalverfassungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt. Demnach haben Kommunen dafür Sorge zu tragen, dass gesellschaftlich relevante Gruppen wie beispielsweise Kinder und Jugendliche, Senioren, Menschen mit Behinderungen oder Zuwanderer an der Kommunalpolitik zu beteiligen sind. Das könnte etwa über die Bildung von entsprechenden Beiräten geschehen. So steht am Ende dieses Workshops tatsächlich auch die Gründung eines Jugendbeirates.

Für Ideen aus dem künftigen Gremium will Amy Schneider ein offenes Ohr haben. Sie sitzt für die FDP im Gemeinderat der Niederen Börde, ist das jüngste Mitglied dieses Gremiums und Mitinitiatorin des Jugendprojektes. „Über mich sollen die junge Leute ihre Stimme im Gemeinderat erhalten“, verspricht die Jungpolitikerin. Denn wie ein Ortschaftsrat beispielsweise verfügt ein Jugendbeirat gegenüber dem Gemeinderat nur über eine beratende Funktion, kann also nur Handlungsempfehlungen geben. So hegt auch Amy Schneider die Hoffnung, dass am Ende des Projektes „Jugend und Kommune“ die Gründung eines politischen Gremiums ausschließlich für Kinder und Jugendliche steht.

„Ich bin guter Dinge. Wir sind mit der Planung gut vorankommen“, sagt sie über den zweiten Workshop-Termin am vergangenen Sonnabend. Von einer groben Anfangsidee gebe es mit der „Radparade“ nun sogar schon eine richtige Aktion. „Wenn alles klappt, können wir auf diesem Wege viele Leute mobilisieren und das Thema auch im Gemeinderat und bis hoch ins Landratsamt ansprechen“, so die Hoffnung der Jungpolitikerin.

Auch Daniela Baars schaut positiv in die Zukunft. „Wir sind nicht traurig, dass ein politisches Thema gewählt wurde“, resümiert sie. Entsprechend dem Ziel des Workshops, Jugendliche für Kommunalpolitik zu begeistern, werde das Vorhaben Radwege somit in den politischen Gremien thematisiert.

Übrigens wurden für das Workshop-Projekt mittlerweile Fördermittel genehmigt. Der entsprechende Bescheid soll demnächst zugestellt werden. Der Plan, in einem der weiteren Workshops nach Berlin zu fahren, um Einblicke in die Bundespolitik zu erhalten, steht weiterhin. Nur ein Datum muss noch gefunden werden.