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Kriegsopfer Gedenkstein ist erst der Anfang

Ein Gedenkstein im Wolmirstedter Stadtpark erinnert an „Die Helden der Sowjetunion“. Aber wem bedeutet der Stein eigentlich etwas?

Von Gudrun Billowie 26.06.2020, 01:01

Wolmirstedt l Stolz steht er da, der Stein, wie auf die grauen Stufen gepflanzt. Die Inschrift lautet: „Ruhm und Ehre den Helden der Sowjetunion“, darüber prangt der Sowjetstern. DDR-Bürgern sind diese Worte vertraut, doch die Sowjetunion gibt es nicht mehr. Das große, einst aus 15 Sowjetrepubliken bestehende Land, ist zerfallen. Wer also sind diese Helden der Sowjetunion, wem bedeuten sie etwas? Wer nimmt diesen Stein überhaupt wahr?

„Jedes Jahr am 9. Mai gedenken wir an dieser Stelle der Opfer des zweiten Weltkriegs“, erklärt Sergey Kozlov. Er ist der Vorsitzende des Katharina-Vereins, in dem Spätaussiedler organisiert sind. Sie sind in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion groß geworden, konnten aber aufgrund ihrer deutschen Wurzeln in die Bundesrepublik umsiedeln. Sergey Kozlov kam 2003 mit seiner Familie aus Weißrussland nach Wolmirstedt. Die Kinder sind längst aus dem Haus, inzwischen ist er vierfacher Opa.

Der 9. Mai gilt in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion als Tag der Befreiung. Vor 75 Jahren wurde im Hauptquartier der deutschen Wehrmacht in Karlshorst die Kapitulationsurkunde unterschrieben, nach Moskauer Zeit nach Mitternacht. Allein in der Sowjetunion forderte der Krieg etwa 25 Millionen Tote, die genaue Zahl kennt niemand. Sergey Kozlov betont: „Das darf nicht vergessen werden.“

Auch, weil die Folgen bis heute wirken. „Mein Großvater ist verschollen, meine Mutter stand bereits als zwölfjähriges Mädchen am Fließband und hat Kriegsgerät produziert. Sie war eine der letzten, die diesen Krieg noch erlebt haben.“ Im Alter von 91 Jahren ist sie vor Kurzem gestorben. Auch ihretwegen ist dem Katharina-Verein dieser Stein wichtig.

„Denkmale sind dafür da, dass man denkt“, konstatiert Sergey Kozlov und möchte dem Denken eine bestimmte Richtung geben. „Ein schlechter Frieden ist immer besser, als ein guter Krieg.“

Diese Botschaft sieht er vor allem als Mahnung an die Jugend, die nie einen Krieg erlebt hat. Er wünscht sich, dass Schulklassen kommen und sich mit diesem Stein und der Geschichte dahinter beschäftigen. Gern steht er selbst für Projekttage zur Verfügung, denn auch der 62-Jährige weiß, was Krieg bedeutet. „Krieg ist blutig, schmerzhaft und voller Tränen.“ Er war drei Jahre lang in Afghanistan und hat überlebt. Aber: „Ich kenne Kriegsrückkehrer, die traumatisiert, verbittert, ihren Familien keine Stütze mehr sind.“

Doch bevor er Jugendliche an diesem Stein trifft, möchte er das Denkmal ein wenig hergerichtet wissen. „Die Buchstaben sollen deutlicher hervorgehoben werden, außerdem soll ein Helm auf dem Stein befestigt werden.“ Dafür möchte der Katharina-Verein Spenden sammeln.

Auch die Stadt ist bestrebt, dieses Mahnmal aufzuwerten. Im Konzept für die Umgestaltung des Stadtparks ist diesem Bereich ein eigenes Kapitel gewidmet. Statt der Treppen soll ein mit Stahl eingefasster Sockel Platz für Blumen und Kränze bieten. Entlang des Weges sollen Staudengräser wachsen, die farblich sowohl auf den Sockel als auch auf den Beton des Steins abgestimmt sind. Das wurde mit dem Katharina-Verein bereits besprochen.

Die Aufwertung des Gedenksteins ist im Stadtpark-Konzept jedoch nicht vorgesehen. Bürgermeisterin Marlies Cassuhn kann sich vorstellen, dass es dafür Fördermittel gibt. Der Verein müsste womöglich den Eigenanteil aufbringen.

Der Katharina-Verein bringt sich seit Jahren ins Stadtleben ein. Besonders die Singegruppe „Kolorit“ ist bei Stadt- und anderen Festen sowie in Seniorenheimen vertreten. Außerdem wird alljährlich das Multikulturelle Festival organisiert. Das muss in diesem Jahr allerdings wegen Corona ausfallen.

 

Informationen zur Spendenaktion gibt es unter Telefon 039201/289 38.