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Landkreis Börde Im Zehner ist es bitterkalt

Den Mietern der Julius-Bremer-Straße 4 in Wolmirstedt (Landkreis Börde) ist das Lachen vergangen.

Von Gudrun Billowie 21.01.2021, 00:01

Wolmirstedt l Seit November versagen in vielen Wohnzimmern die Heizkörper. Wie will die Wolmirstedter Wohnungsbaugesellschaft die Wohnungen wieder erwärmen? Heidemarie Kudernatsch zeigt ihr Thermometer. Das hängt im Wohnzimmer, 17 Grad zeigt die Quecksilbersäule. „Seit November ist es so kalt“, sagt die 80-Jährige, „ich habe schon Wolldecken zerschnitten und in die Türritzen gelegt.“ So wie Heidemarie Kudernatsch frieren viele Mieter der Julius-Bremer-Straße 4. Elke Löchelt bestätigt: „Die Wohnzimmer sind seit November eiskalt.“

Die Heizkörper funktionieren nicht, ganz gleich, wie weit die Mieter die Thermostatventile aufdrehten. Beschwerden bei der Wolmirstedter Wohnungsbaugesellschaft (WWG) haben kurzfristigen Erfolg gebracht, dauerhaft gelöst wurde das Problem bisher nicht. „Wir fühlen uns hingehalten.“

Klaus Jaenecke, Chef der WWG, bestätigt: „Wir haben immer wieder versucht, den oder die Fehler zu finden und zu beheben.“ Doch dauerhaft sei das nicht gelungen. „Es tut uns für die Mieter sehr leid.“

In der Tat gab es immer wieder Reparaturen. Doch der Erfolg währte nie lange, dann wurden die Heizkörper wieder kalt.

Das Heizungssystem im fast 50 Jahre alten Zehngeschosser ist simpel und störanfällig. „Dort ist ein Einrohrheizungssystem installiert“, erklärt Klaus Jaenecke. Das heißt, ein einzelner Heizungsstrang zieht sich von unten nach oben über alle zehn Etagen hinweg. Ist dieser Strang verstopft oder gibt wegen anderer Fehler den Geist auf, sind alle Wohnungen des jeweiligen Stranges betroffen. Da drei Stränge Fehler aufweisen, sind in 30 Wohnungen des Zehngeschosser die Zimmer kalt. Nur einer der vier „Wohnzimmerstränge“ funktioniert, also sind zehn übereinanderliegende Wohnungen von der Dauerkälte verschont.

Handwerker haben immer wieder Fehler aufgespürt und behoben, doch der Erfolg währte nie lange. „Seit dem 15. November gibt es diese Probleme“, hat Elke Löchelt vermerkt. Die WWG hat als Nothilfe Ölradiatoren zur Verfügung gestellt. Die verbrauchen enorm viel Strom. Die erforderliche Menge, um das Wohnzimmer zu erwärmen, vermerken manche Mieter und hoffen, dass die WWG die Kosten am Ende erstattet.

Doch wie lebt es sich bei 17 Grad Celsius und weniger, wenn sich die Außentemperaturen zudem um den Gefrierpunkt bewegen? Für Mieter wie Heidemarie Kudernatsch gehören Wollsocken und Fleecejacke mittlerweile zur Grundausstattung, außerdem wickelt sie sich allabendlich in eine Wolldecke ein.

Leonie Henning erlebt in ihrer Wohnung dasselbe und weiß zudem, dass sich Familien mittlerweile genau überlegen, wann sie die Kinder baden. Die Erkältungsgefahr ist in der ausgekühlten Wohnung sehr groß. Besonders die unteren Wohnungen sind insgesamt kälter, leiden noch mehr unter den kaputten Heizungen.

Andere verbringen die Abende im beheizbaren Kinderzimmer, doch nicht immer lasse sich der Fernseher mitnehmen. Mehrere Mieter sprechen vom hartnäckigen Husten und Blasenentzündungen als Folge der heimischen Dauerkälte.

„Dabei haben wir uns so gefreut, als wir in diese Wohnung gezogen sind“, sagt Elke Löchelt. Die zentrale Lage und der Fahrstuhl waren zwei Entscheidungskriterien. Doch bereits 2017 erlebten sie ein Desaster. Der Fahrstuhl war kaputt, Ersatzteile für das 45 Jahre alte Getriebe waren lange nicht aufzutreiben. Über sieben Wochen lang mussten Mieter die Treppe nehmen. Manche waren während der Zeit in ihre Gartenhäuser gezogen, andere zu Verwandten. Manch ältere und gehbehinderte Menschen saßen quasi in ihren Wohnungen fest.

Der Fahrstuhl wurde erneuert und funktioniert seither. Nun hat es die Heizungen erwischt. Auch dort hat die WWG nun eine grundlegende Reparatur veranlasst. Die gesamten Stränge, Kurzschlussstrecken und Thermostate werden getauscht. Das wird eine logistische Herausforderung, denn alle Mieter der jeweils zehn übereinanderliegenden Wohnungen müssen dafür fast zeitgleich den Zugang zur Wohnung gewähren. Dennoch: Bis zum 1. Februar sollen alle drei Stränge dauerhaft funktionsfähig sein.

Das ist jedoch nur eine Zwischenlösung. Im Zuge der Sanierung des Zehngeschossers soll das Einrohrsystem durch ein Zweirohrsysytem ersetzt werden. Voraussichtlich soll das 2022/23 geschehen.