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Landkreis Börde Wie das Christentum Einzug hielt

Bis vor rund 1200 Jahren beteten die Menschen in der Region noch die Götter Wodan, Donar und Tyr an.

Von Sebastian Pötzsch 21.01.2021, 00:01

Groß Ammensleben l Doch dann kam Karl der Große und brachte das Christentum in die Börde. Über die Christianisierung berichtet Historiker Wilfried Lübeck gegenüber der Volksstimme. Den Beginn der Christianisierung westlich der Elbe leitete vor rund 1200 Jahren Karl der Große ein. „Er zählt heute zu den bekanntesten europäischen Kaisern und regierte das Fränkische Reich in den Jahren 767 bis 815 zunächst als König“, berichtet Historiker Wilfried Lübeck aus Groß Ammensleben. „Die Einführung des Christentums bei den heidnischen Sachsen, unseren Vorfahren, ist mit Karl eng verbunden.“ Doch sei die Verbreitung der neuen Religion nicht das Primat des Herrschers gewesen, sondern vielmehr die Ausdehnung seiner Herrschaft vom westlichen Rheingebiet in Richtung Osten bis zur Elbe.

Mit dem Überfall auf das sächsische Grenzgebiet in der Nähe des heutigen Paderborn und der Zerstörung der Eresburg begannen die rund 30 Jahre andauernden Sachsenkriege. „Während der Zerstörung der Eresburg wurden auch die für die Sachsen heiligen Eichen gefällt. Diese waren natürlich schwer enttäuscht, dass ihre alten Götter wie beispielsweise Wodan nicht reagierten“, erzählt Wilfried Lübeck weiter. Diese Taktik habe Karl auch in Klein Ammensleben, Gutenswegen, Glüsig und in Hermsdorf angewendet, als er in den Jahren von 780 bis 798 drei Mal in die Region um Wolmerstidi reiste. Das heutige Wolmirstedt lag damals im Grenzland um Magdeburg, in dem sich Sachsen und Slawen etliche Kämpfe lieferten.

„Während Karls Kriegszügen wurden Massentaufen vorgenommen. Sachsen, die die Taufe verweigerten und sich damit gegen den Frankenkönig erhoben, ließ er enthaupten“, erklärt der Historiker. So sollen beispielsweise in Verden im heutigen Niedersachsen im Jahr 782 rund 4500 Menschen in den Tod geschickt worden sein. „Dem Anführer des sächsischen Widerstandes, Widukind, war das alles zu viel. Er gab nach etlichen Jahren den Widerstand auf und ließ sich im Jahr 785 taufen.“ Zuvor hatte er sich Karl unterstellt. Dieser habe ihn zum Herzog von Engersen gemacht.

Karl der Große konnte dabei auf das Fundament des Bonifatius aufbauen. Der aus England stammende Missionar lebte von 680 bis 755. „Er bevorzugte das Wort und die christliche Tat in Form von Nächstenliebe, Überzeugung und Geduld. So gründete er schon im Jahr 745 das Bistum Erfurt mit einer Schule“, erzählt Wilfried Lübeck. Verdienste habe er sich bei der Disziplinierung des Klerus und seiner guten Beziehungen zum Papst erworben.

Für seine sekundäre Christianisierung erhielt Karl am 25. Dezember 800 die Kaiserwürde. Damit wollte Papst Leo III. auch ein Spannungsverhältnis beseitigen. Wilfried Lübeck: „Karl nahm die Kaiserwürde aber gleichgültig auf.“

Um sein riesiges Reich regieren zu können, habe der Kaiser sein Herrschaftsgebiet in Gaue eingeteilt und Grafen, sogenannte Comes, als Verwalter eingesetzt. Bei guter Führung sei der Grafentitel vererbbar gewesen. „Unser Gau hieß damals Mosidi und bezog sich auf den rund 200 Jahre später als Mose bezeichneten Ort bei Wolmirstedt“, berichtet Lübeck. Über Rundschreiben, die Kapitulare, sind die Grafen zur einheitlichen Gesetzgebung auf den Gebieten Finanzen und Militär sowie im Baurecht gezwungen worden.

Unterdessen habe sich Karl gern mit Gelehrten umgeben, die für ein einheitliches Schriftbild in Mitteleuropa sorgten. Unter seiner Regie wurde im Jahr 804 das Erzbistum Halberstadt gegründet. Von dort aus sei der Kirchenbau in Bebertal, Langenweddingen, Oschersleben, Harsleben, Santersleben und weiteren 30 Orten der Region vorangetrieben worden.

Wilfried Lübeck nimmt auch Stellung zum Wappen des Landkreises Börde. Dabei handelt es sich um den Reiterstein von Hornhausen. Entdeckt hatten das Artefakt die zwei Bauern Friedrich und Christoph Dietrich im Jahre 1874. Seither diente der Stein als Fußbodenplatte im Eingangsbereich eines Kuhstalls. Erst Jahrzehnte später, nämlich im Jahr 1912, hatte die Fachwelt von dem Fund erfahren. Seitdem wird ein Disput geführt, in welches geschichtliches Umfeld der Reiterstein überhaupt eingeordnet werden kann. Für Wilfried Lübeck ist klar, dass er in die Zeit der Christianisierung fällt. „Unser Kreiswappen soll unter anderem einen fränkischen Krieger bei der Eroberung der Thüringer um das Jahr 730 darstellen. Denkbar ist auch die Darstellung eines zu den Göttern Thor oder Wodan reitenden germanischen Kriegers, da darunter die Schlange Midgar, ein typisches germanisches Symbol der Götterverehrung, zu erkennen ist“.

Das Reitestein-Original ist heute im Besitz des Landesmuseums für Frühgeschichte in Halle. Eine Kopie findet sich an der Südwand der Sankt-Stefanie-Kirche in Hornhausen bei Oschersleben. Hier wird seit dem Jahr 2008 jährlich das Reitersteinfest gefeiert.