Gebürtiger Wolmirstedter erfüllt sich mit dem Start beim Triathlon auf Haiwaii einen Traum Neuneinhalb Stunden Sport bei 40 Grad: Ironman Hagen Schröter beißt sich durch
Der Wolmirstedter Hagen Schröter hat sich einen Traum erfüllt: Er startete beim Ironman auf Hawaii. Bei 40 Grad Hitze schwamm, radelte und lief er neuneinhalb Stunden lang zum Ziel - und schaffte es auf Platz 28 in seiner Altersklasse.
Wolmirstedt l Vom Barleber See in den Pazifik, vom ersten Triathlon bis zum Ironman - dazwischen lagen für den gebürtigen Wolmirstedter Hagen Schröter sieben Jahre, mehrere Langdistanz-Triathlons und unzählige Trainingsstunden.
Anfang Oktober startete Hagen Schröter beim Weltmeisterschaftsrennen auf Hawaii. Dieser Ironman beinhaltet 3,82 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und anschließend noch den Lauf über die Marathondistanz von 42,195 Kilometern.
Vor zehn Jahren, als der jetzt 26-Jährige für den SV Blau-Weiß Elbe Glindenberg bei Radrennen startete und es in dieser Sportart bis zur Deutschen Meisterschaft brachte, verfolgte er den Ironman auf Hawaii noch im Fernsehen. "Das waren damals Helden für mich, als ich das gesehen habe", erinnert er sich. "Ich dachte noch, dass so eine Leistung ohne Doping nicht möglich wäre. Und nun weiß ich, es geht doch", erklärt er lachend.
"Schuld" an seiner Leidenschaft für den Sport, der drei Disziplinen vereint, war Michael Dohl. Gemeinsam starteten die Männer auch 2004 bei Hagens erstem Triathlon am Barleber See. "Das war ein Teamtriathlon, und damals bin ich grottenschlecht geschwommen", erinnert sich der Maschinenbau-Student. 2007 ging er dann erstmals auf die lange Distanz, bei der Quelle Challenge in Roth bei Nürnberg. Nach zehn Stunden und 38 Minuten kam er ins Ziel. Ein Jahr darauf trat er an gleicher Stelle wieder an - und verbesserte sich bis auf neun Stunden und 44 Minuten.
Um nach Hawaii reisen zu dürfen, muss man sich aber extra qualifizieren. Schließlich startet dort nur die Weltspitze. "Die Langdistanz-Triathlons, die mit dem Namen Ironman gelabelt, also mit dieser Marke versehen sind, gibt es weltweit, in Deutschland zum Beispiel in Frankfurt und Regensburg. Und das sind alles Qualifikations-Wettkämpfe für Hawaii", erklärt der Wolmirstedter. Dort teilzunehmen, sei schon von Anfang an sein Traum gewesen. "Ich glaube, das wünscht sich jeder Triathlet, schließlich ist Hawaii die Wiege dieses Sports."
2010 ging er es dann an. Er wollte sich beim Ironman auf Lanzarote qualifizieren. "Es heißt, Lanzarote sei das härteste Ironman-Rennen, weil es eine brutale Radstrecke ist. Und ich dachte, als guter Radfahrer könnte ich dort die Quali schaffen." Doch die Rechnung ging nicht auf. "Das war ein bisschen zu hart für mich, beim Marathon ging dann fast nichts mehr."
Wer zu den besten der Besten gehört und sich qualifiziert, das entscheiden die Rennleiter je nach Teilnehmerstärke. Das Verfahren klingt für Laien kompliziert. Was man sich merken kann: Immer die besten einer Altersklasse erhalten das Ticket für Hawaii.
Hagen löste es in Texas. Und zwar am 21. Mai dieses Jahres. Die vier besten seiner Altersklasse zwischen 25 und 29 kamen weiter - er wurde Vierter. Nicht einmal ein halbes Jahr blieb dann, sich auf Hawaii vorzubereiten. Hagen wurde vom Triathlonverein Dresden unterstützt. Ein Trainer schrieb ihm Pläne, nach denen er sich bei der Vorbereitung richten konnte. "Im Winter trainiere ich zwischen 12 und 15 Stunden pro Woche. Je näher die Rennen kommen, desto spezifischer wird es dann", beschreibt er seine Vorbereitung. "Die Radeinheiten müssen länger werden, um die 180 Kilometer zu schaffen, man trainiert in Wechseleinheiten, also zum Beispiel Laufen und Radfahren." Im Trainingslager, das er dieses Jahr zwei Wochen absolvierte, wird die Belastung auf 35 Trainingsstunden pro Woche gesteigert.
Am 1. Oktober flog Hagen zusammen mit seiner Freundin Manja Reimann nach Hawaii. Die Colbitzerin hatte schon einmal ein Austauschjahr in Texas verbracht. "Vor dem Quali-Rennen hatte ihre Gastfamilie zu mir gesagt, dass sie uns nach Hawaii begleiten, wenn ich es schaffe. Und so bezogen wir auf der Insel zu viert eine Ferienwohnung", erzählt der Wolmirstedter. Die Ausrüstung, Startgebühren und die Reisen zu den Rennen könnte sich der Student allein gar nicht leisten. Deshalb ist er dankbar, dass ihn Sponsoren unterstützen. Und wenn man schon einmal auf Hawaii ist, dann darf man sich auch ein paar touristische Momente gönnen. "In den Tagen vor dem Ironman haben wir einen Helirundflug gemacht und uns auch die Vulkane angeschaut."
Am 8. Oktober war es dann soweit. Früh um sieben Uhr ging es los. "Da begann, eine halbe Stunde nach dem Start der Profis, der turbulente und absolut brutale Massenstart der Amateure." Solch ein Massenstart gleiche fast immer einer Schlägerei. "Auf Hawaii hat das noch ganz andere Züge, weil es hier keine schlechten Schwimmer gibt und keiner zurücksteckt."
Das Schwimmen selbst sei im Pazifik natürlich anders als im Barleber See, Wellengang erschwere die Orientierung. Nach einer Stunde, sechs Minuten und 40 Sekunden war es geschafft, ging es in die Wechselzone und dann auf die 180-Kilometer-Radstrecke. Mit der Hitze, den Winden und der hohen Luftfeuchtigkeit sei er für sich selbst überraschend sehr gut zurechtgekommen, erinnert sich Hagen. Nach weiteren fünf Stunden, drei Minuten und 16 Sekunden sei auch dieser Teil des Rennens absolviert gewesen.
"Beim Laufen ging es super gut los, da musste ich mich selber auf den ersten Meilen etwas zügeln, um mir die Kraft einzuteilen. Das hat auch gut getan, denn später, als es raus ging auf die Lavafelder, da war es schon heiß und hart", erinnert sich Hagen an seine Leistung. Der Start auf Hawaii sei auch wegen der Stimmung am Streckenrand unvergesslich. "Dadurch, dass es das Mekka des Triathlon ist, lebt die ganze Region dafür. Man spürt überall, dass dort geschichtsträchtige Leistungen geschrieben wurden." Besonders sei es auch gewesen, den Profis einmal so nahe zu kommen. Die seien nicht nur eher gestartet, sondern natürlich auch schneller. "Die kamen mir dann entgegen, als ich gerade erst den Halbmarathon gelaufen hatte. Manche hab ich noch angefeuert oder etwas zugerufen", erzählt Hagen aus seiner Erinnerung. Nach den USA sei Deutschland die zweitstärkste Teilnehmernation, berichtet der Wolmirstedter. 160 Starter waren es diesmal. Obwohl es ein Einzelsport ist, jeder auf der Strecke für sich selber kämpft, würde man sich vor und nach dem Rennen oft treffen.
Hagens Augenmerk galt kurz vor dem Ziel nur seiner Freundin Manja. "Ich war froh, als ich sie in dem Trubel entdeckt habe. Ich bin dann hin, hab ihr einen Kuss aufgedrückt und von ihr die Deutschlandfahne bekommen, mit der ich durchs Ziel gelaufen bin." Nach neun Stunden, 34 Minuten und 41 Sekunden sei das gewesen. Neue Bestzeit. Ein unbeschreibliches Gefühl. Um es zu genießen, sei er im Ziel noch kurz stehengeblieben. Sein Traum war in Erfüllung gegangen.
Ruhe kehrte dennoch nicht ein. Erst ging es zur Massage, dann ins Hotel. Duschen, Essen, Schlafen. "Um kurz vor Mitternacht sind wir dann zurück zur Strecke. Um null Uhr wird das Ziel geschlossen. Die letzten Einläufer zu feiern, ist dort traditionell eine riesige Party, die man nicht verpassen darf." Als ein 81-Jähriger Teilnehmer nach fast 17 Stunden im Ziel ankam, sei der bald mehr gefeiert worden, als der diesjährige Sieger Craig Alexander. Besonders stolz ist Hagen auch auf ein Foto, dass ihn mit dem Weltmeister aus Australien zeigt. Aber auch die Bilanz des Wolmirstedters ist beachtlich: Von 1918 Startern kam er auf Platz 208. Und unter den 96 Eisenmännern seiner Altersgruppe (25 bis 29 Jahre) wurde es bei der Hawaii-Premiere ein beeindruckender 28. Platz.
Und obwohl Hagen seinen bisher größten Traum nun erfüllt hat, gibt es schon wieder einen neuen. 2012 pausiert er zwar, will sich auf die Diplomarbeit, den Berufseinstieg und sportlich vielleicht auf ein paar Mitteldistanzen konzentrieren. "Aber ich werde dem Triathlon nicht den Rücken kehren und will auch nach Hawaii zurückkehren."
Wovon Hagen Schröter dann träumt, ist, unter die besten fünf seiner Altersklasse zu kommen, um bei der Zeremonie am Tag nach dem Rennen auf der Bühne zu stehen und ausgezeichnet zu werden. Und er weiß, welche Anstrengung da auf ihn wartet: In diesem Jahr lagen zwischen ihm auf Platz 28 und dem Fünftplatzierten seiner Altersklasse 19 Minuten.