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Projekt Samsweger Grundschüler lernen über die Gefahr der Medien

Eine besonderes Aktion in der Grundschule „Am Heiderand“ in Samswegen hat für Abwechslung vom normalen Schulalltag gesorgt. Um die Kompetenz der Kinder in diesem Bereich zu stärken, wurden Medienprojekttage organisiert.

Von Sebastian Pötzsch 17.06.2021, 17:37
Auf einem Plakat schreiben die Schüler auf, welche Apps sie auf ihrem Smartphone nutzen. Darunter sind auch Kriegsspiele für Etwachsene.
Auf einem Plakat schreiben die Schüler auf, welche Apps sie auf ihrem Smartphone nutzen. Darunter sind auch Kriegsspiele für Etwachsene. Foto: Sebastian Pötzsch

Samswegen - Ist ist kurz nach 10 Uhr, als die Schulglocke das Ende der großen Pause einleitet. Nur wenige Minuten später sitzen 28 Schüler in einem großen Kreis beisammen. Einige sind total verschwitzt, haben sich also unter freiem Himmel so richtig ausgetobt. Zum Glück gibt es heute keinen normalen Unterricht.

Erwachsenen-Spiele auf Kinder-Smartphone

Denn vorne steht nicht wie gewohnt die Lehrerin, sondern Yvonne Becher von der Freien Jugendpresse Sachsen-Anhalt (FJP). Die Jugendschutzreferentin der Arbeits- und Interessengemeinschaft von jungen Medienmachern hat auch schon eine Aufgabe parat: Auf dem Boden liegen fünf große weiße Blätter mit je einer Überschrift. So ist zu lesen „Ich sehe gern“, „Ich lese gern“, „Ich spiele gern“, „Apps auf dem Smartphone“ oder „Das geht auch ohne Medien“.

Nun haben die Schüler insgesamt zehn Minuten Zeit, aus ihren eigenen Erfahrungen ihre Antworten auf das jeweilige Blatt aufzuschreiben. So finden die Viertklässler, dass auch ohne Mediennutzung die Freizeit gestaltet werden kann, zu Beispiel, mit Reiten, Malen, Basteln oder Fußballspielen.

Auf die Frage nach ihren Apps, also speziellen Anwendersoftwares auf Smartphones oder Tablet-Computern, haben die Schüler ebenfalls viele Antworten parat. Vor allem Spiele wie „Tom Gold Run“ oder aber TV-Kanäle wie „Sky Sport“ werden genannt. Doch tauchen auch Anwendungen wie „Call of Duty“ auf. Bei diesem Spiel handelt es sich um ein sogenanntes „Ego Shooter“, also ein Kriegsspiel für den Computer. Der Spieler agiert in einer freibegehbaren dreidimensionalen Welt und bekämpft mit Schusswaffen seine Gegner.

Das Problem: Wegen der hier dargestellten Gewalt unterliegt dieses Spiel unter einer Altersbeschränkung, sollte laut angegebener „Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle“ (USK) also nicht von Menschen unter 18 Jahren gespielt werden. Somit ist eigentlich klar, dass ein solches Spiel nicht auf das mobile Endgerät von zehn- oder elfjährigen Kindern gehört. Und doch ist es so, wie die just abgeschlossene Übung beweist.

„Die Verantwortung liegt hier auch in hohem Maße bei den Eltern. Sie wissen am besten, was für’s eigene Kind gut oder schlecht ist“, erklärt Yvonne Becher am Rande und führt aus: „Problematisch ist, wenn ein Freund das Spiel auf dem Endgerät des eigenen Kindes spielt. Eigentlich müsste eine Erlaubnis bei den anderen Eltern eingeholt werden.“

Wie die Referentin weiter erklärt, nutzen Kinder „vielfältige Medien in ihrem Alltag in unterschiedlicher Weise zur Kommunikation, Organisation, Artikulation und Selbstdarstellung, Entspannung und Unterhaltung“. Verschiedene Medien fließen dabei immer mehr in ihrem Smartphone zusammen. „Wir sind hier, um einen kompetenten und kreativen Umgang mit diesen Medien zu fördern“, erklärt die FJP-Referentin.

Das Ansinnen dieser Medienprojekttage in der Grundschule in Samswegen besteht im Herausstellen von Chancen und Risiken bei der Mediennutzung. Außerdem werden Motive und Formen der Mediennutzung sowie Strategien zum Umgang mit Medien besprochen. Dabei nehme das Thema „Apps und Smartphone“ einen besonderen Stellenwert ein. So erhalten die Kinder die Gelegenheit, sich mit den Vor- und Nachteilen von Handyfunktionen und Apps wie WhatsApp auseinanderzusetzen.

So legt Kollegin Anna-Lisa Nikoleizig dar, dass es sogar richtig gefährlich werden kann und berichtet in der dritten Klasse von Mutproben, bei denen sich die Protagonisten filmen und dies dann - teils sogar live - in den sozialen Netzwerken teilen. Dabei habe es schon Todesfälle gegeben, zum Beispiel bei sogenannten „Blackout Challenges“. „Dabei schnüren sich die Kinder und Jugendlichen absichtlich die Luft ab, des Kicks wegen“, erklärt Nikoleizig. Aber auch Themen wie Cybermobbing würden angesprochen.

Die beiden Referentinnen von der Freien Jugendpresse eingeladen hat Anika Wilke. Zuvor hatte die Schulsozialarbeiterin das Präventionsprojekt als „bildungsstärkendes Abgebot“ bei der „Netzstelle „Schulerfolg sichern“. So liegen ihr die Medientage besonders am Herzen. „Wir wollen mit dieser Art von Präventionsarbeit für Aufklärung sorgen“, hebt Anika Wilke hervor.

Medien können auch kreativ genutzt werden

Schüler Max Lessing zeigt sich indes begeistert von dem Projekt. Nicht nur der Hitze wegen, wie der Zehnjährige sagt. „Ich finde den Tag sehr interessant. „Ich wusste gar nicht, dass Medien auch gefährlich sein können.“ Auch Kumpel Oskar Oelze findet es richtig, aufgeklärt zu werden, „weil man bei einigen Spielen sogar sterben kann.“

Doch die Aufklärungsarbeit der zwei Referentinnen soll nicht bei den Schülern aufhören. So werden die Eltern mit ins Boot geholt. Für den Abend steht nämlich eine Online-Zusammenkunft mit den Müttern und Vätern an. „Schließlich sollen die Eltern die Ergebnisse erfahren“, sagt die Schulsozialarbeiterin. Denn sie tragen ein Stück Verantwortung im Umgang ihrer Kinder mit den verschiedenen Medien.

„Es gibt Familien, da wird am Abendbrottisch gesessen und dabei das Smartphone gezückt. Hier müssten eigentlich Grenzen aufgezeigt werden“, meint Yvonne Becher von der Freien Jugendpresse dazu. Doch sollen die Eltern eben auch für die Einhaltung von Altersbeschränkungen sensibilisiert werden und einem Wunsch fast aller Kinder nachkommen: feste Regeln für eine technikfreie Zeit.

Mittags soll es für die Dritt- und Viertklässler in die Praxis gehen. Die Erst- und Zweitklässler haben am Dienstag vorgemacht: Mit Lego-Figuren und Fotofunktion haben die Knirpse eine sogenannten „Stop-Motion-Film“ erstellt. Bei dieser Trickfilmtechnik wird Bewegung erzeugt, indem einzelne Bilder von unbewegten Motiven aufgenommen und aneinandergereiht werden. Somit steht der Beweis, dass mit Medien auch kreativ gestaltet werden kann.