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Jubiläum Seit 30 Jahren kümmert sich der Bundesforst um Wälder und Wiesen auf Truppenübungsplätzen

Von der Zentrale in Dolle leitet Rainer Aumann seit 30 Jahren den Bundesforstbetrieb im nördlichen Sachsen-Anhalt

Von Hendrik Reppin Aktualisiert: 19.4.2021, 16:01

Dolle. Seit 30 Jahren leitet Rainer Aumann den Bundesforst im nördlichen Sachsen-Anhalt, inzwischen befindet sich die Zentrale kurz vor dem Ortseingang zur Ortschaft Dolle in der Gemeinde Burgstall. Der Betrieb kümmert sich um alle forstwirtschaftlichen Angelegenheiten auf den ehemaligen oder aktuell militärisch genutzten Flächen von der Börde bis nach Stendal. „Von allen Bundesforstbetrieben sind wir der kleinste, aber mit dem höchsten Anteil an Flächen, die wir bearbeiten“, erklärt Rainer Aumann.

10-Millionster Baum soll gepflanzt werden

Eigentlich sei seiner Meinung nach das Jubiläum ein Grund für eine große Feier, doch darauf müsse der Betrieb, der der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben unterstellt ist, wegen der aktuellen Situation verzichten. „Stattdessen werden wir mit vielen kleinen Aktionen, die im Verlauf des Jahres möglich sind, auf unser Jubiläum aufmerksam machen.“ Aktionen mit Kindern, geführte Wanderungen durch den Lindenwald oder die Pflanzung des inzwischen 10-Millionsten Baums auf einer Fläche des Bundesforstes könnte sich Aumann vorstellen.

An die ersten Monate, als aus der Militärforstverwaltung der DDR der Bundesforstbetrieb wurde, kann sich Rainer Aumann noch genau erinnern. „In den ersten drei Jahren war der Abzug der Russischen Armee noch in vollem Gange. Die Hinterlassenschaften haben uns sehr lange beschäftigt.“ Zurückgelassen seien nicht nur eine große Anzahl von Katzen und Hunden, sondern auch jede Menge alte und zerfallene Gebäude, Müll, Schrott, Munition und verseuchter Boden. Eine Mammutaufgabe, die etliche Millionen Euro an Steuergeldern gekostet habe. Die letzte etwa drei Hektar große Müllkippe sei erst vor gut sechs Jahren beseitigt worden.

Hunderte selbstgebaute Fallen wurden aus dem Wald geholt

„Die einfachen russischen Soldaten hatten sich offensichtlich innerhalb ihrer Übungsplätze selbst mit Fleisch versorgt, indem sie mit Drahtschlingen das Wild gefangen haben“, erzählt Rainer Aumann. „Wir haben hunderte solcher Schlingen aus dem Wald geholt.“

Auf den vom Bundesforstbetrieb übernommenen Flächen habe es viele von den russischen Fahrzeugen und Panzern zerfahrene Wege gegeben, die durch die ständige Nutzung extrem verdichtet waren. „Um hier wieder neu bepflanzen zu können, mussten wir mit schwerem Gerät den Boden aufbrechen.“ Schließlich seien die Baumbestände auf den Plätzen der Russen dermaßen ausgedünnt, dass die angrenzenden Einwohner schon den Panzern bei der Übung zuschauen konnten. „Das ist natürlich kein schöner Anblick, aber vor allem hatten manche Orte mit gigantischen Staubbelastungen zu kämpfen.“

Staubschutz, Lärmschutz, Sichtschutz - dafür wurden knapp 10 Millionen Bäume gepflanzt

In den letzten 30 Jahren habe sich der Bundesforst intensiv um den Staub-, Lärm- und Sichtschutz auf den militärisch genutzten Flächen gekümmert. Fast 10 Millionen Bäume seien dafür in dieser Zeit gepflanzt worden. „Wir sind ständig dabei, die Belastung der an den Übungsplätzen angrenzenden Ortschaften so gering wie möglich zu halten. Als Dienstleister sorgen wir dafür, dass die Bundeswehr optimale Bedingungen für ihre Übungen bekommen.“ So habe sich der Holzvorrat in den Wäldern des Truppenübungsplatzes in der Colbitz-Letzlinger Heide von 1,2 Millionen auf 2,3 Millionen Kubikmeter erhöht.

Seit 1994 unterstützt der Bundesforst auch die großen Baumaßnahmen des Bundes. „Mit dem Start der Planungen für die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit begann auch die Suche nach Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die Eingriffe in die Natur. Und Flächen, die wieder aufgeforstet und renaturiert werden mussten, gab es in unserem Bestand genug“, so der Bundesforstleiter in Dolle.

Alte Übungsplätze werden Naturschätze

Einige der ehemaligen Truppenübungs- oder Schießplätze seien so zu kleinen Naturschätzen geworden. Im Jahr 2008 wurde damit begonnen, solche Areale in das sogenannte Nationale Naturerbe zu überführen. Auf Initiative des Bundes werden die Flächen in die Hände von Naturschutzorganisationen und Stiftungen gegeben. „Dennoch sind in den meisten Fällen die Fachleute aus dem Bundesforst für die weitere Betreuung dieser Flächen verantwortlich.“ Es habe sich im ganzen Land herumgesprochen, dass die Spezialisten aus dem Bundesforst was den Naturschutz anbetrifft, in der höchsten Liga mitspielt.

Stolz ist der Leiter des Bundesforst im nördlichen Sachsen-Anhalt über einige Superlative und kleine Rekorde, die sein Zuständigkeitsgebiet vorweisen kann. „Bekannt ist, dass es am Rand des Truppenübungsplatzes bei Colbitz den größten zusammenhängenden Lindenwald Europas gibt.“ Weniger bekannt sei, dass im Inneren die Pflanzengattung Heide die größte zusammenhängende Fläche in Deutschland gebildet habe. „Solange die Bundeswehr hier übt, wird es diese Besonderheit hier geben“, verspricht Aumann.

Rekordverdächtig: Über 8000 alte Eichen in den Bundesforst-Wäldern

Ein weiteres besonderes Merkmal seien die Eichen im Bestand des Bundesforstes. „Die Wälder rund um Colbitz waren schon seit langer Zeit weniger wichtig für die Holzwirtschaft, als für die Jagd. Die Eichen waren der willkommene Futterlieferant für das Wild. Deshalb seien die Bäume nicht geschlagen worden.“ Inzwischen stünden auf den Flächen des Bundesforstes etwa 8500 Eichen, die zwischen 300 und 800 Jahre alt seien. Selbst die abgestorbenen Baumriesen würden nicht aus dem Wald genommen. Sie würden geschützte Insekten, wie dem Hirschkäfer, dem Heldbock oder dem Eremit ein Zuhause bieten.

Bundesforst schafft mit neuem Konzept klimastabile Wälder

In den nächsten Jahren werde der Bundesforstbetrieb weiter daran arbeiten, dass die Wälder noch stabiler gegenüber von klimatischen Ereignissen würden. „Der Orkan Kyrill im Jahr 2007 hat in einer Nacht für 70.000 Kubikmeter Schadholz gesorgt. Das entspricht der Menge, die wir in einem Jahr an Holz schlagen.“

Und auch die Trockenheit der letzten Jahre habe den Wäldern stark zugesetzt. „Seit Jahren verfolgen wir ein Konzept, um mit verschiedenen Baumarten und Sträuchern in einer natürlichen Mischung den Wald widerstandsfähiger zu machen“, so Rainer Aumann.