Hermsdorfer Ortschaftsrat übt heftige Kritik an der Finanzpolitik der Gemeinde Hohe Börde Streit um Rücklagen hält weiter an
Weiterhin Ärger gibt es um die Verwendung der Rücklagen sowie der Erlösanteile aus der WWAZ-Vermögensübertragung zwischen der Ortschaft Hermsdorf und der Gemeinde Hohe Börde. Der Hermsdorfer Ortschaftsrat will bis zum Innenministerium gehen, um für Klarheit zu sorgen.
Hermsdorf. Bereits im Herbst 2010 hatte der Hermsdorfer Ortschaftsrat rechtliche Schritte gegen die Verwendung der besagten Gelder erwogen und im Frühjahr die Gemeinde erneut um eine rechtliche Begründung der von Hermsdorf kritisierten Vorgehensweise gebeten.
Streit um eine Million Euro an Rücklagen
Zum einen geht es um 862000 Euro, die der WWAZ der Gemeinde Hohe Börde für die Übertragung von Hermsdorfer Entsorgungsanlagen erstattet. Während andere Ortschaften der Hohen Börde, denen auch erhebliche Summen aus WWAZ-Übertragung für ihre Entsorgungsanlagen zustehen, dieses Geld in ihren Dörfern investieren können, liegt das Hermsdorfer Geld auf einem Verwahrkonto. Das hatte die Gemeinde Hohe Börde der Ortschaft Hermsdorf bereits 2010 mitgeteilt und sich zur Begründung auf ein Schreiben der Kommunalaufsicht bezogen. Hermsdorf bestreitet die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens (Volksstimme berichtete) .
Zum anderen kritisiert der Hermsdorfer Ortschaftsrat die Verwendung weiterer Rücklagen in Höhe von 163 000 Euro, zumeist für Dinge, die der Ortschaftsrat so nie beschlossen habe. "Hier tauchen plötzlich Dinge auf wie ein Flächenkauf für die Gemeinde oder Zinsausgleichszahlungen aus der WWAZ-Auseinandersetzung. So geht das nicht: Einerseits werden die Hermsdorfer WWAZ-Erlöse auf Eis gelegt, andererseits sollen wir Geld, das unsere Bürger berechtigterweise infolge des Streits mit dem WWAZ bekommen, aus den Rücklagen bestreiten."
"Wir haben nie einen Beschluss über diese Verwendung der Rücklagen gefasst und wollen Auskunft darüber, wie hoch unsere Rücklagen derzeit überhaupt sind", erklärte Ortschaftsrat Martin Busch am vergangenen Donnerstag.
Hermsdorf will eine Rechtsgrundlage sehen
Ortsbürgermeister Dieter Dähnhardt unterstrich: "Zu Zeiten unserer kommunalen Selbstständigkeit hat es nie Bestrebungenen gegeben, unsere Erlöse auf irgendein Verwahrkonto zu geben. Mir ist keine Rechtsgrundlage bekannt, die dies in der Einheitsgemeinde Hohe Börde anders regelt. Einzige Rechtsgrundlage ist die Gebietsänderungsvereinbarung, die alle Ortschaften bei Bildung der Einheitsgemeinde abgeschlossen haben. Und die besagt: Über die Rücklagen, und dazu gehören auch die Erlösanteile vom WWAZ, entscheiden die Ortschaften. Aber inzwischen entscheiden der Finanzausschuss und der Gemeinderat über alles, und wir werden mit den Ergebnissen konfrontiert. Unsere Stellungnahme zum Haushalt 2011 wurde mit keinem Wort in die Haushaltsplanungen aufgenommen. Das ist ja wie früher bei der SED-Kreisleitung. Wir haben uns jetzt lange genug einlullen lassen, bekommen immer die selbe Leier zu hören: Die Kommunalaufsicht hat... Die Gemeinde ist in der Haushaltskonsolidierung... Jetzt reicht‘s!"
Dähnhardt schlug vor: "Wir stellen an die Gemeinde einen protokollarisch festzuhaltenden konkreten Fragekatalog, den wir beantwortet haben wollen – und zwar nicht mit lapidaren Aussagen wie bisher, sondern mit konkreter Begründung der rechtlichen Grundlage für die Verwendung unserer Gelder." Dähnhardt ergänzte: "Ich habe wahrlich nichts gegen das Solidarprinzip in der Einheitsgemeinde. Aber wenn der größte Einzahler so gut wie gar nichts abbekommt, dann stimmt irgend etwas nicht." Tenor im Ortschaftsrat war: Dass Hermsdorf in der Einheitsgemeinde weniger abbekommt als früher, war allen klar. Aber dass dies gegen Null geht, das schlägt allen Hermsdorfer Räten ordentlich auf den Magen. Deshalb wollen sie nun alle Aufsichtsbehörden kontaktieren, bis hin zum Innenministerium. Ratsmitglied Burkhard Schmidt erklärte. "Wir müssen das öffentlich machen, sonst bekommen wir immer wieder dieselben unbefriedigenden Antworten."
Das Fass zum Überlaufen brachte eine Aussage der Kämmerei, die 2500 Euro für den Ersatz der kaputten Beregnungsanlage des Sportplatzes mit dem Verweis auf die Haushaltskonsolidierung der Gemeinde abgelehnt hatte. Dazu erklärte Ortschaftsrat Olaf Görlich: "Wir haben den Rasen neu hergerichtet. Das hat einiges Geld gekostet. Es ist ein Schildbürgerstreich, dies jetzt durch die Verweigerung einer neuen Beregnungsanlage aufs Spiel zu setzen. Hier geht es darum, investiertes Geld zu erhalten. Außerdem wird der Sportplatz auch von der Grundschule genutzt."