Afrika Warum Wolmirstedter für Senegal spenden
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen bis ins Mark. Trotzdem spenden viele Wolmirstedter für eine Schule im Senegal.
Wolmirstedt l Senegal - in das Land an der westafrikanischen Atlantikküste hat sich die Wolmirstedterin Ute Moritz vor einigen Jahren verliebt. Längst lebt sie dort und hat in der kargen Wildnis der Sahelzone eine Vorschule aufgebaut. Seit zwei Jahren werden unter ihrer Obhut 50 Kinder für die Grundschule fit gemacht. Längst ist diese Schule zum Hoffnungssymbol der Region geworden. Doch zum Überleben braucht es die Hilfe aus Deutschland.
Gerade ist ein großer Geldbetrag auf dem Konto des Fördervereins dieser kleinen senegalesischen Vorschule eingegangen. Die Wolmirstedter Leibniz-Gemeinschaftsschule hat 1000 Euro überwiesen, knapp die Hälfte der Summe, die beim Spendenlauf zusammengekommen ist.
Diesen Spendenlauf haben die Mädchen und Jungen noch in der Vor-Corona-Zeit absolviert und es war klar, dass ein Teil des Erlöses in die Klassenkassen fließt, die andere Hälfte jedoch für einen guten Zweck übergeben wird. Im vergangenen Jahr wurde das Kinderhospiz bedacht, diesmal hat sich der Schülerrat entschieden, die Vorschule im Senegal zu unterstützen. „Auch Afrika braucht es dringend“, sagt Robin Moock.
„Ich freue mich sehr, dass sich Jugendliche für Bildungsprojekte im Senegal interessieren“, schreibt Ute Moritz via WhatsApp aus dem Senegal, „die Case de Keur Thomas ist hier zum Hoffnungssymbol geworden. Viele Dorfviertel informieren sich, wie man ähnliches aufbauen kann.“
Case de Keur Thomas ist der Name der Schule, auf Deutsch heißt das soviel, wie: Der Platz von Thomas. Thomas ist einer der beiden Söhne von Ute Moritz. Er ist vor zwölf Jahren im Alter von 26 Jahren tödlich verunglückt. Im Namen dieser Schule bewahrt Ute Moritz ihm den Platz auf der Welt.
Die Kinder lernen dort vor allem Französisch. Die offizielle Sprache im Senegal beherrschen längst nicht alle Bewohner, besonders in den Dörfern wird noch immer die Stammessprache Wolof gesprochen. Viele Eltern sind Analphabeten.
Lernen auch die Kinder kein französisch, haben sie bereits in der ersten Klasse schlechte Karten. In den Klassen lernen zum Teil 70 Kinder, eine individuelle Förderung ist nicht möglich. So bleibt ein Teil der Kinder beinahe zwangsläufig zurück.
Diesen Kreislauf will Ute Moritz zumindest für die Dörfer ihrer Umgebung unterbrechen. Sie achtet darauf, dass in ihrer Vorschule französisch gesprochen wird, dass Kinder zählen, malen und die Buchstaben lernen. Und manchmal lernen ältere Geschwister oder die Mütter gleich mit. Dafür bekommt sie im Senegal viel Zuspruch. „Hier sagt man: Bildung ist der Reichtum des Landes.“
Dennoch hat Corona auch dort die Situation verschärft. Werden Schulen geschlossen, ist Homeschooling aufgrund fehlender Technik und ansatzweise vorhandenen Internets nicht möglich. Die Spende der Leibniz-Gemeinschaftsschule wird deshalb genutzt, um ein Computerkabinett aufzubauen.
Doch auch die Familien leiden, weil Hotel und Restaurants geschlossen sind, Touristen wegbleiben, die wirtschaftliche Grundlage entzogen ist. Davon können auch Wolmirstedter Unternehmer ein Lied singen und trotzdem gibt es welche, die auch in der eigenen schwierigen Situation den Blick für andere nicht verlieren.
Evamaria Schmeier ist eine von ihnen. Sie betreibt ein Café in der Elbeuer Wassermühle, musste coronabedingt bereits im März schließen und darf auch beim jetzigen Lockdown keine Gäste bedienen. Trotzdem sieht sie den Unterschied, weiß, dass es im Senegal niemanden gibt, der Familien in ähnlicher Situation auffängt.
Sie unterstützt die „Case de Keur Thomas“ schon lange, ist Mitglied des Schulfördervereins und hat ein Jahr lang einem Kind den Schulbesuch finanziert. So eine Patenschaft kostet 50 Euro im Jahr. „Ich bin sehr beeindruckt vom Engagement der Ute Moritz“, sagt die Cafébetreiberin, „und werde sie auch weiterhin unterstützen.“
Kerstin Andrée muss ihr Modegeschäft zwar beim jetzigen „Lockdown light“ nicht schließen, weiß aber noch, wie schwer sich die Schließung im Frühjahr angefühlt hat. Zumal aufgrund der Kontaktbeschränkungen ihre geplante Feier zum 30-jährigen Geschäftsjubiläum ausfallen musste. Trotzdem will sie auf das Jubiläum aufmerksam machen und bietet unter anderem eine Tombola an, deren Erlös der „Case de Keur Thomas“ zugute kommt, außerdem präsentiert sie senegalesische Kleider. „Als ich die Bilder aus dem Senegal gesehen und vom Mut der Frau Moritz erfahren habe, wusste ich, dass es richtig ist, dort zu helfen.“
Ebenso argumentiert Bibliotheksleiterin Bastienne Schröter, die anlässlich ihres 60. Geburtstages auf Geschenke verzichtet und um Spenden gebeten hat. Die bekommt die Case de Keur Thomas.
Weitere Unterstützer der senegalesischen Vorschule waren bereits unter anderem die Gutenberg-Schule, in der Ute Moritz lange unterrichtet hat, die Gerhard-Schöne-Schule, die internationale Grundschule Ecole in Barleben sowie eine Kita in Niederndodeleben.
Unterstützung scheint gerade in Corona-Zeiten noch nötiger als sonst. „Europa im Lockdown erscheint immer noch als Paradies in den Köpfen der senegalesischen Jugendlichen“, berichtet Ute Moritz, „Lockdown im Senegal bedeutet Hoffnungslosigkeit, soziale Sicherungssysteme fehlen. Also machen sich immer mehr Jugendliche auf den abenteuerlichen Weg in wackligen überfüllten Booten übers Meer. Allein im Oktober kamen dabei 2000 Menschen ums Leben.“ Sie möchte weiterhin Hoffnung geben, das Leben im eigenen Land in die Hände zu nehmen.