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Wolmirstedter berichtet von den Problemen seiner ältesten Tochter mit dem Schülerferienticket Wieso ein fehlender Stempel Strafe kostet und den Reisespaß trübt

Von Claudia Labude 18.07.2011, 04:41

Schon vor den Ferien wurde in der Region großflächig mit Plakaten für das Schülerferienticket geworben. Für einmalig 20 Euro können Schüler damit innerhalb der gesamten Sommerferien den Nahverkehr nutzen und so auf Reisen gehen. Nicht immer klappt das aber reibungslos, wie unser Leser Thorsten Neitzel berichtet.

Wolmirstedt. Die großflächige Plakatwerbung für das Schülerferienticket 2011 stößt Thorsten Neitzel sauer auf. Im vergangenen Jahr kaufte sich seine älteste, damals 17-jährige Tochter für 20 Euro einen solchen Fahrschein, mit dem sie während der sechswöchigen Sommerferien kostenlos den gesamten Nahverkehr Sachsen-Anhalts sowie innerhalb des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes nutzen kann.

"Allerdings sollte man dabei keine Kleinigkeiten vergessen, sonst werden auch solche ermäßigten Angebote am Ende teuer", erinnert sich der Familienvater. Seine Tochter musste am Ende 49,95 Euro an die Deutsche Bahn zahlen, weil ihr der aktuelle Stempel im Schülerausweis fehlte.

Die Beförderungsbedingungen für das Schülerferienticket besagen, dass Jugendliche ab 15 Jahren den gültigen Schülerausweis, eine Schulbescheinigung oder eine Zeugniskopie dabeihaben müssen. Und die Tochter von Thorsten Neitzel hatte den Schülerausweis parat, als sie im Zug von Magdeburg nach Wolmirstedt unterwegs war und kontrolliert wurde.

"Will alle warnen, bei diesen Ermäßigungen ja keine Kleinigkeit zu vernachlässigen"

Die Schaffnerin, die den fehlenden Stempel des aktuellen Schuljahres bemerkte, erklärte dem Mädchen damals, "dass sie mich erstmal vormerken würde. Wenn ich jedoch im DB Reisezentrum beweisen könne, dass ich noch Schülerin bin, würde die Fahrpreisnacherhebung gestrichen werden", beschrieb Neitzels älteste Tochter den Vorfall in einem Brief an die Deutsche Bahn AG. Als sie mit ihrem gültigen Zeugnis im DB Reisezentrum vorsprach, wurde ihr gesagt, dass sie sieben Euro nachzahlen müsse, weil sie zum Zeitpunkt der Fahrt keinen gültigen Fahrschein besessen hätte. Das allerdings sah die Schülerin nicht ein. "Sie hatte ja einen Fahrschein dabei und sollte nur nachweisen, dass sie noch zur Schule geht", ärgert sich der Vater.

Die Mitarbeiterin am Schalter meinte daraufhin, man solle auf den Brief des Unternehmens warten und dann Widerspruch einlegen. Was folgte, war ein Schriftwechsel zwischen der Schülerin und der Bahn. Das Beförderungsunternehmen forderte am Ende nicht nur die sieben Euro Mahnkosten, sondern wegen des fehlenden Nachweises für das ermäßigte Ticket auch eine Fahrpreisnacherhebung von 42,90 Euro. Man bat die Familie um Verständnis dafür, dass "wir aus Gründen einer fairen Gleichbehandlung aller Kunden auch in Ihrem Fall keine Ausnahme machen können und auf eine Begleichung unserer berechtigten Forderung bestehen müssen".

Dass Thorsten Neitzel die Geschichte ein Jahr später öffentlich macht, ist nicht nur darin begründet, dass er sich mit Beginn der Sommerferien erneut an den Fall erinnert. Sondern er tut es auch deshalb, "weil ich eigentlich jeden davor warnen möchte, auch nur eine Kleinigkeit bei diesen Ermäßigungen, so schön sie sich auch anhören, zu vernachlässigen". Was den Familienvater ärgert, sei, dass "man hier (vorsäzliche) Schwarzfahrer mit demjenigen auf eine Stufe stellt, dem nur ein Stempel im Ausweis fehlt".

Wolfgang Ball von der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt (NASA) GmbH erklärt, dass es sich bei Vorfällen wie dem aus Wolmirstedt nur um Einzelfälle handle. "Das Schülerferienticket ist ein sehr großzügiges Angebot an die Schülerinnen und Schüler. Und es funktioniert natürlich nur, wenn die Regeln eingehalten werden. Dazu gehört der Nachweis der Berechtigung", erklärt der Pressesprecher der NASA GmbH, die im Auftrag des Landes das Schülerferienticket initiierte und nun betreut.

"Werden das Personal weiter schulen, um Ärger beiderseits zu vermeiden"

Mehr als 60 Verkehrsunternehmen seien im Verbund integriert. "Es geht darum, dass Schüler, die sonst als Zwangskunden den Schülerbus nutzen, hier als freiwillige Kunden den Nahverkehr als Abenteuer erleben." 27400 Tickets hätte man 2010 verkauft, allein in Magdeburg würde gut ein Drittel der relevanten Schülergruppe das Angebot nutzen. Beschwerdefälle gäbe es pro Saison "etwa drei bis vier, das sind bei gut 100000 Fahrten der Schüler pro Saison Prozentzahlen im Promillebereich", nennt Ball einige Fakten.

Und er erklärt das gängige Prozedere, dass man für solche Fälle abgesprochen hat, in denen Schülern ein Nachweis fehlt. Wird jemand zum Beispiel mit fehlendem Stempel erwischt, dann bekommt der Schüler vom Schaffner – im Gegensatz zu Schwarzfahrern – erst einmal eine Verwarnung. "Außerdem wird das Ticket mit einem ¿B‘ gekennzeichnet. Danach ist es Sache des Schülers, beim jeweiligen Verkehrsunternehmen vorstellig zu werden und so zu beweisen, dass er zur Nutzung des Angebotes berechtigt ist." Wird ein Schüler dann erneut ohne Nachweis und mit dem "B" auf dem Ausweis erwischt, würde das erhöhte Beförderungsentgelt fällig. Und das seien mindestens 40 Euro.

"Ob die Tochter Ihres Lesers zu Recht oder Unrecht zahlen musste, lässt sich nach fast einem Jahr nicht mehr feststellen. Wir nehmen das jedenfalls zum Anlass, erneut auf die Verkehrsunternehmen einzuwirken und das Personal weiter zu diesen Fragen zu schulen, um Ärger beiderseits zu vermeiden", so der Pressesprecher auf Nachfrage der Volksstimme.