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Land unter an der Poleymühle, Anwohner sind vor dem Wasser geflüchtet Beräumt, gesichert und verlassen - Grundstücke vom Wasser eingeschlossen

Von Petra Wiese 07.06.2013, 03:23

Poleymühle l Neugierige Radfahrer sind derzeit auf Hochwassertour. Auch die Poleymühle war gestern noch das Ziel des ein oder anderen. Zwei Radfahrer waren gestern gegen Mittag dort anzutreffen, die nicht aus Jux und Dollerei vor Ort waren. Janine Klingebeil und ihr Lebensgefährte Matthias Kreuseler waren auf Beobachtungsrunde. Sie sind Mitbetroffene - "meine Eltern wohnen hier", erzählte die junge Frau.

Die Klingebeils haben Haus und Grundstück schon am Dienstag verlassen, sind bei ihrer Tochter in Walternienburg untergekommen. Hab und Gut waren auf Hänger geladen und mit dem Traktor weggefahren worden. Am Mittwoch wurden noch die Reste abgeholt. Familie, Freunde, Bekannte halfen. Zum Glück gab es einen Freund, der in der Landwirtschaft arbeitet und die Transportmöglichkeit besorgte. Am Mittwoch wurde auch der Strom abgestellt.

Feuerwehrkameraden aus Deetz und Zernitz halfen bei den Sicherungsmaßnahmen mit, schichteten Sandsäcke vor Fenster und Türen. "Die Haustür haben wir gleich noch 80 Zentimeter hoch zugemauert", so Matthias Heuseler. Mittwoch Nacht "flüchteten" schließlich auch noch die Tante und der Onkel von Janine Klingebeil vor dem Wasser aus ihrem Haus gleich nebenan.

Die Siedlung Poleymühle ist verlassen - nur Helga Fritze, hundert Meter weiter landeinwärts zur Straße harrte noch aus. Bei Familie Klingebeil reichte das Wasser gestern Mittag bis zwei Zentimeter unter die Türschwelle. Die Sammelgrube lag wie eine schwimmende Insel vor dem Haus. Der Öltank stand im Wasser, der Garten landunter, ebenso wie die ganze Straße zwischen den Häusern. Am Ende der Straße bot sich der Anblick ehemaliger Betriebsanlagen, wie ein Wehr mit Turm mitten im Wasser. Unter der Nuthebrücke nebenan waren nur noch ein paar Zentimeter Luft. Von den Stromschnellen, die sonst dort plätschern, war nichts mehr zu erkennen. Der Radweg nach Tochheim - ein Straße ins Meer. Die Wiese ein Meer mit dem Dach eines Schuppens als Insel.

Das Postauto, das gestern Vormittag die Poleymühle noch anfuhr, hatte Glück, auf Janine Klingebeil und Matthias Kreuseler zu treffen. Sie nahmen die Briefe für die Verwandschaft entgegen. Heute wird der Postbote sein Ziel kaum mehr erreichen. Sieben Einwohner schätzten sonst die abgeschiedene Idylle an der Poleymühle. Ob nach der Hochwasserkatastrophe aus den zwei unbewohnten Grundstücken noch mehr werden, wird sich zeigen.

Das junge Paar betrachtete jeden, der gestern die Straße zur kleinen Siedlung befuhr, eher skeptisch. "2002 gab es viele Schaulustige", so Janine Klingebeil. Da machen sich die Anwohner natürlich Sorgen um ihr Eigentum, denn es gibt immer wieder schwarze Schafe, die das Leid anderer ausnutzen.

Beobachten, abwarten, foto-dokumentieren war für Klingebeil und Kreuseler angesagt. Verwandte und Bekannte schauten ebenso nach dem Rechten vor Ort. Wie kommen die Eltern mit der Situation klar? "Mutti ist arbeiten. Sie braucht den normalen Alltag. Vati geht heute in die Nachtschicht", erzählte die Tochter. Aufzuhalten ist das Wasser sowieso nicht...